Im Land des Falkengottes. Echnaton
mich mit starrem Gesicht an. «Das glaubst du aber selbst nicht wirklich, Eje, oder? Sag, dass das nicht dein Ernst ist!»
Ich konnte nicht mehr anders.
«Ja gut, ich gehe zu ihm und rede mit ihm.»
Nach einem kurzen Augenblick des Schweigens kam wieder Leben in meine Schwester, war sie wieder die, die ich kannte.Mit hochrotem Kopf rief sie mir entgegen: «Und eines kannst du deinem Freund ausrichten: Solange auch nur ein Fuß dieser Frau auf ägyptischem Boden steht, wird er mich nicht mehr sehen.»
Teje erzählte mir jetzt, wie schwer die letzten Jahre für sie waren. Fast alle Staatsgeschäfte hatte Nimuria auf sie abgeladen, und vor allem war sie es gewesen, die sich nahezu allein um auswärtige Angelegenheiten gekümmert hatte. Umso unglaubwürdiger war es freilich für Teje, dass er um der guten Beziehungen zu Mitanni willen eine zwanzigjährige Prinzessin heiraten wollte. Sie war entsetzt über die Selbstverständlichkeit, mit welcher ihr die Briefe Tuschrattas mit all dessen Wünschen nach Gold, das er als Gegenleistung für seine Tochter von Amenophis haben wollte, vorgelegt wurden.
So versprach ich ihr alles in meinen Möglichkeiten Stehende zu unternehmen, um diese in den Augen meiner Schwester so unselige Heirat zu verhindern, obwohl ich nicht die geringste Vorstellung hatte, wie mir dies gelingen sollte.
Jetzt aber war ich es, der an Teje ein Anliegen herantrug. Ich erzählte ihr von meinem Zerwürfnis mit Mutnedjemet und davon, dass ich auch Nafteta keine Hoffnung auf Besserung gemacht und mir jede Einmischung verbeten hatte. Ich bat meine Schwester, während der Dauer meiner Abwesenheit in meinem Palast zu wohnen, alles als ihr Eigentum zu betrachten und vor allem darum, als erwachsene Frau mit Mutnedjemet ein vielleicht klärendes Wort zu sprechen. Nur zögerlich gab sie ihr Einverständnis, doch in Anbetracht dessen, was sie von mir erwartete, blieb ihr nichts anderes übrig.
In knappen, aber keineswegs unhöflichen Worten klärte ich Mutnedjemet darüber auf, dass ich auf Wunsch Tejes nach Waset fuhr und dass der Zeitpunkt meiner Rückkehr ungewiss sei. Da sie – Mutnedjemet – viel Zeit bei Nafteta verbrachte, hätte ich Teje gebeten, in unserem Palast zu wohnen und in allen Belangennach dem Rechten zu sehen. Meine Tochter hörte mir schweigend zu, und ihr Widerwillen war nicht zu übersehen. Doch ich wollte nicht nachgeben; sie hatte sich zu beugen.
In den wenigen Tagen, die mir vor meiner Abreise noch blieben, verabschiedete ich mich in aller Form von der königlichen Familie und meinen Freunden, gab meinem Schreiber und meinem Verwalter genaue Anweisungen, wie sie während meiner Abwesenheit zu verfahren hatten, und besuchte das Grab meiner Frau. Am Abend vor meiner Abfahrt war ich noch einmal Gast im Nordpalast. Das hatte den Vorteil, dass im Gedränge der vielen Menschen die Sprachlosigkeit zwischen meiner Tochter und mir nicht auffiel. In einem kleinen Kreis hätten wir beide uns um jedes freundliche Wort abmühen müssen. Es war erschreckend, wie tief der Graben zwischen uns beiden geworden war.
Das Schiff war längst mit dem Nötigsten beladen worden, und so brauchte ich nur früh am Morgen den Wagen zu besteigen und zum Hafen zu fahren. Ich versuchte, so leise wie möglich zu sein, denn ich wollte kein Aufsehen erregen. Still und unauffällig wollte ich verschwinden.
Endlich war es so weit, ich verließ das Haus und ging auf die Terrasse. Ich traute meinen Augen nicht, als ich dort auf Mutnedjemet traf. Sie breitete die Arme aus, umarmte mich und sagte: «Komm gesund wieder, Vater. Gleich, was gewesen ist, ich brauche dich. Und wenn du wieder hier bist, werden wir wie zwei erwachsene Menschen miteinander reden.»
Ich fühlte ihre heißen Tränen über meine Wange hinabgleiten und fuhr mit meiner Hand durch ihr Haar. Ich drückte sie fest an mich und sagte: «Ja, das werden wir dann endlich tun, mein Kind. Ich bin sehr glücklich, dass wir uns hier noch einmal gesehen haben. Es wird alles gut werden.»
Dann küsste ich sie auf die Stirn, zog sie noch einmal fest an mich und bat sie: «Pass auf dich auf!»
Und schon im Gehen flüsterte ich ihr zu: «Und pass auf meine Schwester auf!»
Ich zog meine roten Lederhandschuhe an und bestieg den Wagen. Ich nahm Ipu die Zügel aus der Hand, und während ich Mutnedjemet noch einmal zuwinkte, ließ ich mit der anderen Hand die Peitsche knallen, denn zufrieden und erleichtert fuhr ich nun zum Hafen, und alle sollten es sehen
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