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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Jasminsträuchern am Ende des Weges lag. Ich war mir sicher, dass bei jedem Schritt, mit welchem wir uns dem Ziel näherten, nicht nur mein, sondern auch Kijas Herz zunehmend heftiger schlug. Geräuschlos zog ich den hauchdünnen Vorhang hinter uns zu und sah durch den fast durchsichtigen Schleier für einen Augenblick zurück, um mich noch einmal des Schlafs der Drei zu vergewissern.
    Ich ergriff beide Hände Kijas und sah in ihre Augen, die jetztruhig, fast starr, auch auf meine gerichtet waren. Ein kurzes, beinahe schüchternes Lächeln bedeutete uns, dass wir es beide so gewollt hatten. Zurückhaltend berührten sich erst unsere Lippen, zaghaft gaben wir uns Kuss um Kuss, bis beider Lippen weicher werdend dem ungeduldigen Drängen unserer Gefühle nachgaben. Fest umschlungen hielten wir einander fest, sahen uns mit liebevollen Blicken an, um uns aufs Neue begierig und leidenschaftlich zu küssen. Wir genossen die Berührung unserer Wangen, unserer Schenkel. Wir hielten uns so fest, dass ich glaubte, hinter ihrer Brust ein heftig pochendes Herz zu spüren. Dann hielt ich inne und gab ihr mit einem Blick auf die neben uns stehende Liege meinen Wunsch zu verstehen.
    «Nicht jetzt! Nicht hier», flüsterte sie leise, und als wollte sie mich davon abhalten, dass ich sie mit zwei, drei winzigen Schritten zum Aufgeben bewog, zog sie mich an sich und gab mir einen langen, innigen Kuss, bis wir uns atemlos und erschöpft losließen und mit großen, verliebten Augen ansahen.
    Jetzt, da diese unruhigen Augen wieder über mein Gesicht und zwischen meinen Augen hin und her huschten, erinnerte ich mich, wo ich diese Augen schon einmal gesehen hatte: bei Inena.
    «Lass uns jetzt gehen», flüsterte sie, und ich wusste, dass wir beide recht daran taten. Unauffällig und unbemerkt, wie wir das Gartenhaus betreten hatten, verließen wir es auch wieder und kehrten zu den noch immer schlafenden Frauen zurück. Das laute Aufschlagen eines absichtlich gestoßenen Steins ließ sie aufschrecken. Es bereitete uns beiden durchaus Freude zu sehen, dass sie es waren, die ein schlechtes Gewissen plagte, weil wir sie schlafend vorgefunden hatten.
     
    Es war nicht leicht, sich weitere Male so zu treffen, dass wir mehr als nur Höflichkeiten austauschen konnten. Einmal gelang es im Garten des Palastes der leuchtenden Sonne, ein andermal unter dem Baldachin am Heck einer Barke, währendmein Diener Ipu die Hofdamen Kijas am Bug des Schiffes mit einer Flusspferdherde ablenkte.
    Aber jetzt schrieb ich ihr Briefe. Ich schrieb mit einer Leidenschaft und einer Hingabe, wie ich es noch nie zuvor in meinem Leben getan hatte. Ich entführte Kija in meinen Briefen in die entferntesten Länder, obwohl ich wusste, dass ich sie nie dorthin würde entführen können. Ich schrieb von Gegenden, die ich selbst noch nie gesehen hatte, an deren Gestaden ich aber mit ihr leben wollte. Von den Inseln im Norden, von Mykene und Troja. Ich beschrieb ihr die Oase Fajum, die Paläste und die Gärten von Babylon und Dur-Kurigalzu. Ich erzählte, wie der Mond auf die Palmblätter meines Gartens schien und sein Licht ihnen einen silbrigscharfen Rand verlieh. Sie hörte in meinen Briefen vom Gesang der Nachtigall und vom Klang ägyptischer Harfen. Ich schilderte ihr, wie ich mir das Haus vorstellte, in dem ich mit ihr leben würde, irgendwo – wenn man uns nur ließ. Und ich gestand ihr, wie verliebt ich in sie war, verliebt wie ein Jüngling.
    «Versteckst du meine Briefe auch so, dass sie kein Mensch finden kann», fragte ich sie bei einem unserer noch seltener gewordenen Treffen. Sie nickte nur.
    «Weißt du, was geschieht, wenn irgendjemand sie findet?», bohrte ich beunruhigt nach, und ich überlegte schon, ob ich sie nicht bitten sollte, mir die Briefe wieder zurückzugeben.
    «Meschada, meine erste Hofdame, hat sie schon gesehen. Sie wird nicht darüber sprechen. Mit niemandem. Du musst dir keine Sorgen machen. Vertrau mir!»
    Es war schon schwierig genug, die Briefe in den Besitz Kijas kommen zu lassen. Aber dass sie schon entdeckt waren, gefiel mir gar nicht. Hatte ich nicht sogar einmal geschrieben «ein Königreich gäbe ich dafür, einmal eine Nacht mit dir verbringen zu dürfen – wenn ich nur eines hätte»?
    Ja, es war wirklich so: Beide Länder hätte ich für ein Leben mit ihr gegeben. Nur bestand nicht die geringste Aussicht darauf, dass dies einmal Wirklichkeit werden würde.
     
    Mit bangem Herzen traten wir die Fahrt nach Achet-Aton an. Als die

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