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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Und er hörte nicht die Klagen Haremhabs und seiner Soldaten, die noch immer für Pharao Steine schleppen mussten, denn nach der Vorstellung des Guten Gottes war Achet-Aton noch lange nicht vollendet. Er baute einen zweiten Atontempel im Süden der Stadt, und gleich daneben errichtete er seiner Mutter einen prächtigen Palast. Er unterwies Kija und seine treuesten Anhänger weiterhin in seiner Lehre und vertiefte so ihren Glauben an Aton. Und er beteuerte mehr und mehr, dass es neben Aton gar keine anderen Götter geben könne.
    Nofretete nahm all diese Nachrichten aus Achet-Aton mit einer geradezu gütigen Gelassenheit auf – zumindest las ich es so aus ihren Briefen heraus. Es mache sie glücklich und zufrieden, dass ihr Gemahl in Freude lebe, schrieb sie mir zurück, und dass es ihre Liebe zu Echnaton verböte, abfällig und schlecht über seine Beziehung zu Kija zu denken und zu reden, denn sie wisse ja, dass seine wahre Liebe nur ihr und Aton gelte. Nur die Trennung von Meritaton und Maketaton quälte sie, das gab sie offen zu. All ihre Sorgen und Fragen in ihren Briefen galten nur ihnen. Mir entging aber auch nicht, dass sie mit keinem Wort erwähnte, wann sie Echnaton wiedersehen würde. Mir schien, alshätte sie sich darauf eingerichtet, ein für allemal in Waset als Herrscherin zu leben, ohne Rücksicht darauf, was in Achet-Aton geschah. Einen entscheidenden Vorteil wusste sie dabei auf ihrer Seite: Echnaton war es, der in der Abgeschiedenheit einer ungeliebten Stadt lebte. Sie hingegen herrschte im Mittelpunkt der Welt, in Waset.
     
    Wenn ich auf Kija traf, bei Audienzen, im Palast und im Tempel, konnte ich keine Auffälligkeiten feststellen. Sie zeigte sich mir gegenüber freundlich und höflich – mehr aber nicht. Weder errötete sie aus Scham, was ich erwartet hätte, wenn denn an jenem Tag geschehen war, was ich glaubte, erlebt zu haben, noch huschten ihre Augen unruhig und verliebt über mein Gesicht, wie sie es früher immer getan hatten, wenn wir uns begegnet waren. Nur Echnaton war für sie von Bedeutung, sodass irgendwann, langsam und von mir fast unbemerkt, meine Liebe zu ihr erlosch. Es war, als würde ich ganz allmählich von einer Krankheit genesen, als würde ein Fieber, das mich befallen hatte, vergehen, ohne dass ich gewahr wurde, wie es verging.
    Irgendwann war ich geheilt und wusste, dass der Zauber nichts bewirkt hatte. Doch manchmal ereilt den vermeintlich Genesenen ein herber Rückschlag, kehrt die Krankheit ungewollt zurück. Kija erwartete ein Kind. Was zuerst nur als Gerücht umging, war bald erkennbar nicht mehr zu leugnen und wurde schließlich von Echnaton selbst voll Stolz bestätigt. Die Gefühle bei Hofe und bei den Menschen in der Stadt konnten unterschiedlicher nicht sein: Die meisten, diejenigen, die nicht viel nachdachten, waren glücklich und freuten sich mit Pharao und hofften, dass Kija ihm einen Sohn schenken würde, damit das Glück unseres Herrschers endlich vollkommen sein würde. Wenige andere, deren Gedanken weiter gingen, fürchteten einen endgültigen, tiefen Bruch zwischen Echnaton und Nofretete, fürchteten, dass damit die Spaltung der Beiden Länder endgültig vollzogen werden würde. Ich selbst zählte mich zu Letzteren,doch meine Sorgen waren freilich ganz andere. Wer war nun wirklich der Erzeuger dieses Kindes, das sie erwartete, und würde die Ähnlichkeit mit dem Vater erkennbar sein? Der von den Ärzten errechnete Zeitpunkt der Entbindung verstärkte meine Qualen noch mehr.
    Nofretete dagegen schwieg gänzlich. Die bevorstehende Geburt eines möglichen Thronfolgers entlockte ihr nicht eine einzige Bemerkung, weder eine abfällige, aber auch erst recht keine freudige. So lebten die beiden Herrscher ihr eigenes Leben, als ob es den jeweils anderen gar nicht gab. Kija dagegen hatte jetzt das, was ich ihr versprochen hatte, wäre ich in der Lage gewesen, mein Versprechen einzulösen: ein Königreich. Ihr Glück an der Seite Echnatons schien vollkommen zu sein. Anders als ihre Tante Giluchepa, der vor vielen Jahren nur eine Rolle als Nebenfrau Nimurias zugekommen war, wurde Kija von Pharao wahrhaft wie eine Königin behandelt.
    Der Palast fieberte dem Tag der Geburt entgegen. Es war die Zeit, als überall im Land die Weinlese begann. Die besten Ärzte der Beiden Länder trafen in Achet-Aton ein, die erfahrensten Hebammen tummelten sich bei Hofe, und Echnaton ließ den kostbarsten Schmuck anfertigen, der je für die Mutter eines Königskindes gefertigt

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