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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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verstehen.
    Wie mochte sie das gemeint haben? Wollte sie noch immer, dass ich ihr Begleiter sei?
    «Armer Eje!», sagte Echnaton so laut, dass es alle hörten. «Gibt es irgendetwas in diesem Land, das man dir noch nicht aufgebürdet hat? Glaube mir, Kija, es gibt keinen Mann in Ägypten, der über so viele Jahre Tag und Nacht seinen Königen gedient hat, wie Eje. Lass ihn erst einmal die Ruhe genießen, die er sich verdient hat. Ich selbst werde Dir alles zeigen. Das bin ich auch meinem Bruder Tuschratta schuldig!»
    Jetzt nahm Kelija eine reich verzierte Schatulle in seine Hand, öffnete sie und reichte sie Echnaton. Während Pharao einen Prunkdolch bestaunte, der eine eiserne Klinge hatte und dessen Griff mit winzigen Goldperlen verziert war, deren Machart bei uns unbekannt war, sah mich Kija mit hochgezogenen Brauen an und hob einmal kurz wie zur Entschuldigung die Schultern. Sollte das alles gewesen sein?
    Ja, es war alles, was zuletzt für mich blieb: ein Achselzucken. Vielleicht war es nicht einmal ihre Schuld. Was hätte sie sagen sollen, als Echnaton sie fragte? Ich musste mir eingestehen, dass diese Frau nie für mich bestimmt gewesen war. Für kurze Zeitnur erlaubten wir uns ein Beisammensein, lebten wir Gefühle aus, die es gar nicht hätte geben dürfen.
    «Mach mir kein schlechtes Gewissen!», sagte Kija einmal zu mir, als ich ihr noch in Waset wegen unserer selten gewordenen Treffen Vorwürfe gemacht hatte. «In einer Beziehung wie unserer darf man nichts vom anderen erwarten, darf man nichts verlangen!»
    Sie mochte Recht gehabt haben. Ich wusste von Anfang an, dass es keinen Weg zu einer offenen und dauerhaften Verbindung mit ihr gab. Nur ich war es, der die Wahrheit immer wieder geleugnet und verdrängt hatte. Kija war mir nichts schuldig. Nichts.
     
    Sosehr ich mich auch bemühte, so wenig gelang es mir, mich damit abzufinden. Sollte ich noch Jahre lang zusehen, wie sie sich verliebt in die Augen sahen, sich bei den Händen hielten und unzertrennlich waren? Ich wusste aber auch, dass ich mit Vernunft nichts mehr erreichen würde. Mit anderen Mitteln musste ich es versuchen, wenngleich sie verboten waren, wenngleich sie angeblich von allen verachtet wurden und es niemanden gab, der sich ihrer bediente. Und doch hatten die, die sie kannten und verbreiteten, zu allen Zeiten Ägyptens regen Zulauf: die Wahrer der geheimen Künste.
    Ihren Aufenthalt gab man nur hinter vorgehaltener Hand preis, wobei man tunlichst beteuerte, selbst nie etwas damit zu tun gehabt zu haben, man kenne Namen und das Haus, in welchem sie anzutreffen seien, nur von einem Bekannten. Die Magier und Zauberer waren die Zuflucht aller, die ohne Hoffnung waren, die vermeintliche Rettung aller Verzweifelten. Zu ihnen ging man, wenn kein Arzt mehr half, wenn kein Richter mehr Recht sprach, wenn kein vernünftiges Wort mehr nützte oder wenn die Angebetete die Liebesschwüre nicht erhörte. Sie verhießen Macht ebenso wie Reichtum und Liebe. Sie verhießen aber auch Leid und Tod. Sie sprachen geheimnisvolle Sprüche, und siebedienten sich zahlloser Amulette. Sie befragten die Sterne, und sie brauten allerlei Tränke und mischten geheime Pülverchen.
    Ohne dass es einer meiner Diener bemerkte, nahm ich mir einen einfachen Schurz, eine alte Perücke, legte Armreife und Ringe ab und verzichtete darauf, mich rasieren zu lassen. Ein Lederbeutel mit ein paar Deben Gold und ein einfacher Dolch waren alles, was ich bei mir trug. Mit einem Fischerboot fuhr ich die kurze Strecke stromaufwärts an das westliche Ufer in die alte Stadt Chmenu. Hier kannte man mich nicht. Nur widerwillig führte mich ein Hafenjunge durch die Gassen der Stadt, bis ich vor dem Haus stand, das ich gesucht hatte.
    Paheri hieß der Mann. Er mochte ein wenig älter gewesen sein als ich und war von hagerer Gestalt, was seine ohnehin übergroße Adlernase noch eindrucksvoller wirken ließ, und von dunkler Hautfarbe. Seine Stimme war klar und freundlich.
    Die Offenheit, mit welcher er zu mir sprach, war entwaffnend: «Es erstaunt mich immer wieder», begann er seine Rede, «dass sich die hochgestellten Männer unseres Landes stets verkleiden, ehe sie den Mut aufbringen, uns aufzusuchen.»
    «Woher wollt Ihr wissen, dass ich eine hochgestellte Person bin?»
    «Edler Herr! Auch wenn Ihr heute Euer Barthaar verschont habt, sehe ich, dass Eure Hände gepflegt sind, dass sie nie ein Tau gezogen, keine Kisten geschleppt und keine Kuh gemolken haben. Sandalen schützen sonst Eure

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