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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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größten Wert auf gute und gepflegte Kleidung legte, denn sein Schurz war ebenso wie der Gürtel und die Sandalen aus feinster Ware hergestellt.
    Die einzige Unregelmäßigkeit im Erscheinungsbild dieses Mannes war offenbar eine kaum sichtbare, senkrechte Narbe in der kleinen Grube über der Oberlippe. Nicht nur Amenophis blickte auffallend lange in dieses Gesicht, auch Teje, der Prinz und ich mochten unsere Blicke kaum davon abwenden, was mich zu der Annahme kommen ließ, dass ein außerordentlicher Mann vor uns stand.
    «Mein Sohn», sprach nun Amenophis, «du scheinst in der Tat ein ausgeprägtes Gespür für Wahrheit und Gerechtigkeit zu besitzen. Du hast mich und meinen Wesir gelehrt, dass man nicht jeder Anzeige, mag sie auch aus einer sonst noch so zuverlässigen Quelle stammen, blind vertrauen darf. Ich wünsche dir, dass einst auch deine Herrschaft über dieses Land immer von Maat geleitet wird. Du, Ptahmose, hast heute Größe bewiesen. Obwohl Du nun von der Unschuld Aper-el wusstest, hast Du nicht darum gebeten, das Ergebnis Deiner Untersuchung nur im kleinen Kreis vortragen zu müssen, sondern hast es auf Dich genommen, vielleicht vor dem gesamten Hofstaat gescholten zuwerden. Deine Haltung zeigt mir aufs Neue, dass Du nur Deinem Herrscher dienst und nicht an Deinen eigenen Vorteil denkst.»
    An Aper-el gewendet fuhr Pharao fort: «Du, Aper-el, hast gelernt, dass der Gewissenhafte und Erfolgreiche immer Neider fürchten muss. Aber Du siehst, dass es Maat ist, die unter meiner Herrschaft die Oberhand behält, und nicht Isfet, die alles zerstörende Unordnung. Für Deine gewissenhafte und gründliche Arbeit werde ich Dich zu belohnen wissen.»
    Dann erhob sich Nimuria und mit ihm Teje und der Prinz, und alle Übrigen im Saal fielen zu Boden, während sich das Herrscherpaar und der Thronfolger zwischen Wedelträgern entfernten.
    «Ihr solltet Waset nicht allzu schnell verlassen», sagte ich zu Aper-el, dessen Blicke noch immer auf die gewaltige Tür gerichtet waren, durch welche der Gute Gott und seine Familie gerade den Audienzsaal verlassen hatten. Aper-el sah mich mit großen, fragenden Augen an, und ich merkte, dass er mit meinem Hinweis nichts anfangen konnte.
    Schließlich sagte er ganz langsam, ja geradezu vorsichtig: «Hat man nicht gerade erst vor allen Mächtigen Beider Länder meine Unschuld beteuert?»
    Jetzt erst verstand ich seine verunsicherten Blicke und konnte ihn beruhigen: «Ihr habt hier nichts mehr zu befürchten, Aper-el! Da habt Ihr mich falsch verstanden. Ihr solltet Euch vielmehr bereithalten, wenn Euch Pharao in den nächsten Tagen in ein höheres Amt beruft.»
    Es ging schneller, als ich dachte. Aber es war nicht Nimuria, der nach dem Syrer fragte, sondern der Thronfolger. Bevor nach jener Audienz Re ein zweites Mal im Westen versank, ließ Prinz Amenophis mit dem Einverständnis seines Vaters den Lagerverwalter zu sich kommen und ernannte ihn zum obersten Verwalter des königlichen Palastes von Waset.

DREI
    Fürstin, groß im Palast, schön an Gesicht,
    Herrin der Freude, die die Gnade besitzt,
    sodass man jauchzt beim Hören ihrer Stimme.
     
    M ein Haus, der Königspalast von Waset und der Palast der leuchtenden Sonne auf der anderen Seite des Flusses waren seit Tagen von einer fröhlichen Unruhe befallen, wie ich sie nur aus den Zeiten der Krönung Nimurias kannte. Alles bereitete sich auf die Hochzeit des Thronfolgers und meiner Tochter vor. Fünfundzwanzig Jahre lagen dazwischen. Genau fünfundzwanzig Jahre. Götter! Wo war all die Zeit geblieben! Ich war damals ein junger Mann von gerade fünfzehn Jahren und mein Vater war damals so alt, wie ich es heute bin, vierzig. Mein Vater starb mit dreiundfünfzig Jahren.
    «Wie viel Zeit wird mir noch bleiben», dachte ich mir und ging geradewegs zu der Liege, die unter dem Lieblingsbaum meines Gartens stand, einer alten Dattelpalme. Der Geruch ihres Holzes war mir so vertraut, dass ich diesen Baum mit verbundenen Augen unter tausend anderen Palmen gefunden hätte. Ich legte mich nieder und sah in ihre langen Wedel, die jetzt völlig regungslos in der Hitze der Mittagszeit ihren Schatten auf mich warfen. Ti und Mutnedjemet hatten es vorgezogen, im Inneren des Palastes eine kühle Ecke aufzusuchen.
    Dreiundfünfzig Jahre. Damit muss man zufrieden sein. Ichwürde vielleicht meine Enkelkinder heranwachsen sehen. Ich würde noch einige Regierungsjahre des Prinzen erleben. Und wenn er erst einmal Pharao sein würde, führte ich als der

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