Im Land des Falkengottes. Echnaton
Hände. Isis schwieg und sah mich trotz meines plötzlichen Rückzuges freundlich an.
«Wo wirst du in drei Monaten sein?», fragte ich sie leise.
«Ich weiß es nicht, Eje. Wo immer man uns haben will. Men-nefer, Waset, Achmim oder im Palast von Merwer in der Oase Fajum.»
Ich wusste, dass der Hof schon bald nach der Hochzeit in den Palast von Merwer übersiedeln würde. Es war mir ein Leichtes, dafür zu sorgen, dass Isis mit ihren Leuten auch dort sein würde. Ich wollte mich aber jetzt noch nicht festlegen.
«Wir werden uns wieder sehen, Isis. Ich verspreche es dir. Nurlass dir vor allen anderen nichts anmerken! Hörst du: vor niemandem!»
Sie nickte verständnisvoll. Ich küsste sie ein letztes Mal ganz leicht, ganz vorsichtig, erst auf die Stirn, dann auf die Lippen.
«Du bist sehr schön», sagte ich, stand auf, schlüpfte in meine Sandalen und verließ rasch das Schattenhaus. Mir war bewusst, dass ich sie während der nächsten Tage noch mehrmals in meinem Palast sehen würde, doch heute konnte ich nicht länger hier bleiben. Ich eilte ins Haus, verlangte nach meinem Kopftuch und rief nach meinem Schreiber. Ich erklärte ihm, dass ich dringend vor Pharao zu erscheinen hätte und vermutlich erst spätabends zurückkommen würde. Er solle dies meiner Frau und meinen Töchtern ausrichten und ihnen sagen, dass ich sie nicht in ihrer Ruhe stören wollte.
Ich ging zum Pferdestall und ließ mir einen Wagen anspannen. Mein Kutscher mochte nicht glauben, dass ich allein fahren wollte, hatte ich doch schon seit Jahren nicht mehr auf seine Dienste verzichtet. Doch heute war das eben anders. Ich verließ mein Grundstück durch die hintere Torausfahrt, um zu vermeiden, doch noch von Ti oder meinen Töchtern angetroffen zu werden.
Erst nachdem ich das Tor durchfahren hatte, fand ich allmählich wieder meine innere Ruhe. Ich nahm nicht den kürzesten Weg zum Fluss und zur Anlegestelle der Fähre, sondern fuhr mitten durch die Stadt. Ich sah in die Gesichter der Menschen, die keine Ahnung hatten, wer ich war, da es ihnen kein Wagenlenker zurief und es ihnen keine Standarte verriet, welchen Rang ich einnahm. Ich sah viele junge Frauen und Mädchen, aber keine von ihnen schenkte mir weiter Beachtung, schaute mir hinterher, auch wenn sie mir vorher mehr oder weniger zufällig ins Gesicht gesehen hatten. Mein Äußeres war ihnen allen also völlig gleichgültig. Was war es dann also, was das Mädchen Isis an mir altem Mann fand? Waren es einfach nur die äußeren Umstände? Hatte das Schattenhaus etwas Besonderes, oder war esnur die Mittagshitze, welche die Sinne oder was auch sonst verwirrt hatte?
Als ich mit der Fähre über den Fluss setzte und dabei auf die Stadt zurückblickte, versuchte ich mich an das alte Märchen von der Ehebrecherin zu erinnern. Es war wohl ein Priester, der von seiner Frau betrogen wurde. Der Priester, der über geheime Kräfte verfügte, ließ den Ehebrecher durch ein Krokodil fangen und ihn vor den König bringen. Dieser verurteilte den Ehebrecher zum Krokodilfraß. Die Frau starb den Feuertod, und ihre Asche wurde in den Fluss geworfen, wodurch das Gedächtnis an sie für alle Zeiten ausgelöscht war.
Und was würde Amenophis mit mir machen? In die Verbannung schicken und seinem Sohn befehlen, die Heirat mit Nafteta wieder zu lösen? Ameni würde mich auslachen, wenn er von meinem kleinen Erlebnis im Schattenhaus erfuhr, dessen war ich mir sicher. Den Ehebruch aber konnte und durfte er nicht gutheißen.
Ameni befand sich in bester Laune, als ich ihn in seinem Palastgarten antraf. Er besprach mit seinem Schatzmeister, unserem alten Freund Acha, die Auswahl der Hochzeitsgeschenke für den Thronfolger und Nofretete.
«Wer von euch beiden wird größeres Leid empfinden, wenn das königliche Schatzhaus geplündert wird? Der Besitzer des Schatzes oder dessen Behüter», spottete ich zur Begrüßung und freute mich über die fröhlichen Gesichter, in die ich blickte.
«Ich erwarte natürlich vom Vater der Braut, dass dessen Beitrag dem meinem mindestens ebenbürtig ist oder ihn sogar übertrifft. So will es der Brauch», sagte Ameni und gab an Acha sechs goldene Armreife zurück, die offenbar nicht den Besitzer wechseln durften.
«Dann solltest du besser Merimes, den Königssohn von Kusch, zum Schwiegervater deines Sohnes machen. Von deinem Stellvertreter in Nubien erzählt man sich schon lange, dass sein Palast in Napata sagenhafte Schätze birgt. Ich bin nur ein einfacherBeamter Seiner
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