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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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In seinen Händen hielt er Geißel und Krummstab. Der Zeremonialbart an seinem Kinn ließ das Gesicht schmaler wirken, als es in Wirklichkeit war. Um seine Körperfülle zu vertuschen, trug er wieder ein Obergewand, und über seinen mächtigen Schultern lag ein dreireihiger Goldkragen mit den seltensten und größten Edelsteinen, die es in Ägypten gab. Er war prächtig anzusehen, und der Blick seiner mandelförmigen Augen verriet, dass er zufrieden war.
    Ich stand neben dem Thron Nimurias und war wie alle anderen höchst ungeduldig, als der Wesir endlich erschien. Ein Raunen ging durch den Saal, denn Ptahmose trat nicht allein vor Pharao, sondern er kam in Begleitung eines Mannes, bei dem es sich nur um Aper-el handeln konnte. Selbstsicher, wie es sich nur ein Wesir erlauben konnte, schritt Ptahmose über den bunt bemalten Fußboden des Audienzsaales und über die vielen dort abgebildeten fremdländischen Menschen, über die Pharao herrschte. Aber auch der Wesir fiel zwölf Fuß vor dem Thron Seiner Majestät nieder und verbarg sein Gesicht vor dem göttlichen Antlitz Pharaos. Der Mann hinter ihm tat es ihm gleich.
    «Erhebe dich», sagte Ameni laut und beugte sich wie zur Bekräftigung seines Befehls leicht nach vorn. Während sich Ptahmose aufrichtete, tastete sich Pharaos Hand nach rechts, wo starr und regungslos Tejes linker Arm auf der Lehne ihres Thrones lag. Er streichelte erst vorsichtig über ihren Handrücken, dann verschwand ihre kleine Faust unter der mächtigen Hand ihres Mannes. Mich rührte diese kleine Geste, die zeigte, dass Nimuria trotz der Liebschaften, die er während all der Jahre gepflegt hatte, unverbrüchlich an seiner Liebe zu Teje festhielt.
    «Herr Beider Länder, Neb-maat-Re, er lebe, sei heil und gesund!Herr über alle Fremdvölker, Amenophis mer-chepesch, Herrscher von Waset», begann nun Ptahmose seine Rede.
    «Eure Majestät entsandte mich, damit ich selbst die gegen Euren Lagerverwalter Aper-el erhobenen Vorwürfe überprüfe. Eurer Majestät darf ich jetzt melden, dass Aper-el völlig unschuldig ist. Mehr noch: Alle seine Listen sind auf das Vorbildlichste geführt, und die Bestände weichen nicht um einen Scheffel Getreide von den Zahlen in den Büchern ab. Ich verneige mich deswegen vor der Weisheit Eures Sohnes. Ihm hat es Aper-el zu verdanken, weiterhin als rechtschaffener Mann zu gelten.»
    Wieder ging ein Raunen durch den Saal und viele fragten sich zu Recht, was Nimuria jetzt sagen würde, wo doch der Wesir wegen seiner vor der Untersuchung gezeigten Haltung nun Tadel verdiente.
    «Erhebe auch du dich, Aper-el», befahl Nimuria. Der Verwalter Seiner Majestät richtete sich auf und sah mit gesenktem Haupt vor sich auf den Fußboden, geradewegs auf die Abbildung eines gefesselten Syrers.
    «Du darfst mich ansehen, Aper-el», erklang wieder die Stimme Pharaos, und ich erinnerte mich an jenen Tag, als ich – ein kleiner Junge noch – im Palastgarten von Men-nefer Amenis Vater, dem Osiris Thutmosis, begegnet war und er mir befahl, ihn anzusehen. Ich glaube, mich befiel damals dieselbe Angst, die man verspürt, wenn man dem Tod ins Auge blickt.
    So mochte es wohl auch Aper-el ergehen, der aber nicht ängstlich, zögerlich nach oben blickte, sondern in einem Ruck den Kopf erhob und Pharao gerade in die Augen sah. Es lag etwas Soldatisches in seinem Wesen, was mich zu dem Gedanken verleitete, dass er genauso gut Kommandant bei der Streitwagentruppe hätte sein können.
    Aper-el entstammte einer angesehenen Familie, deren Vorfahren mit den Fremdländern, die vor mehr als hundert Jahren über Ägypten herrschten, von Syrien an den Nil kamen. Als Herrscher wurden die Hyksos, wie man sie bei uns nannte, zwarvertrieben, doch viele ihrer Abkömmlinge dienten seither als treue Untertanen den Herren der Beiden Länder. Aper-el war weder groß noch klein, neununddreißig Jahre alt und für sein Alter noch immer von sehr jugendlicher Figur. Das dichte und fein gekräuselte Haar war schwarz und nur von wenigen grauen Haaren durchsetzt. Die Augenbrauen über den munteren, graugrünen Augen waren buschig, und im Gegensatz zu den meisten Männern unseres Landes ließ er einzelne, aus den Brauen wirr herausragende Härchen gewähren, ohne sie stutzen zu lassen. Sein Haupthaar war nach hinten gekämmt, was das ohnehin hagere Gesicht noch strenger wirken ließ, und dieser Eindruck wurde durch die schmale Hakennase und die spitzen Lippen noch verstärkt. Man sah auf den ersten Blick, dass er

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