Im Land des Falkengottes. Echnaton
umso mehr kam deren gleichmäßige Form zur Geltung. Ihre Arme zierten jeweils drei goldene Reife, in welchen sich Kreise aus Karneol und blaugrünem Glasfluss abwechselten.
Ich hatte Nafteta ein vorzeitiges Hochzeitsgeschenk gemacht, von dem niemand wusste: Es handelte sich um den Halskragen, welchen ich einst in Babylon Merit geschenkt hatte, als ich bei ihrem Vater, Fürst Imresch, um ihre Hand anhielt. Ein Halskragen aus sieben Reihen mit abwechselnd roten und gelben, senkrechten Röhrenperlen und vielen tropfenförmigen Anhängern aus Gold, Karneol und blaugrünem Glasfluss. Zwei goldene Falkenköpfe, deren Augenbrauen über schwarzen Augen aus Obsidian in Karneol gefasst waren, bildeten seinen Verschluss. Seit dem Tod Merits ruhte er in derselben Elfenbeinschatulle, in welcher ich ihn damals nach Babylon mitgenommen hatte, ohne dass ich ihn noch einmal angesehen hätte. Er hatte nichts von seinem Zauber und seiner Pracht verloren, und auch Ti hatte Verständnis dafür, dass ich ihn nur meiner Tochter Nafteta und nicht ihr schenken konnte.
Über dem Schulterkragen trug Nofretete einen hauchdünnen Schleier, der bis zum Boden reichte und der ihren Körper nur verschwommen andeutete, so als wäre sie von einem zarten Nebelumgeben. Aber all dies war es nicht, was die Schönheit meiner Tochter ausmachte. Es war ihr Gesicht, vielmehr dessen Ausstrahlung. Die lange, ebenmäßige Nase, der schmale Mund mit seinen scharf gezeichneten roten Lippen und besonders die klaren Augen mit ihren langen, schwarzen Wimpern und dunklen Augenbrauen verliehen ihrem Antlitz eine Würde, als hätte sie der Schöpfergott nur für das Amt einer Großen königlichen Gemahlin geschaffen.
Wie es der Brauch wollte, begannen die Feierlichkeiten in meinem Palast, dem Haus der Braut. Noch nie seit seiner Errichtung hatte mein Haus einen derartigen Glanz erlebt. In tagelanger Arbeit pflegten und bepflanzten die fähigsten und erfahrensten Gärtner von Waset meinen Garten, der jetzt in ein einziges Blütenmeer verwandelt war und duftete wie kein anderer Platz Ägyptens. Der königliche Gärtner Sessu selbst war es, der mit Erlaubnis des Guten Gottes alles bis in jede Kleinigkeit geplant hatte. Zuletzt ließ er mehr als fünfhundert Fackeln aufstellen, die nach Einbruch der Dunkelheit entzündet wurden und alle Bäume, Sträucher und Pflanzen in ein unwirkliches Licht tauchten. Um die Täuschung zu vervollkommnen, wurden die Fackeln – es standen immer drei oder vier beisammen – für den Betrachter von kleinen Holzwänden verdeckt, sodass dessen Auge nicht von ihrem Schein geblendet wurde, sondern ungehindert die Pflanzen bewundern konnte.
Alle Wände meines Palastes waren frisch gestrichen, die feinsten Möbel wurden ebenso aufgestellt wie Vasen ohne Zahl mit den schönsten Blumengebinden. Jeder Gast erhielt zur Begrüßung einen Halskranz aus Blütenblättern. Schon seit vier Tagen saßen alle weiblichen Angehörigen meines Hauses – und da machten auch Ti und Mutnedjemet mit ihren vier Jahren keine Ausnahme – vor Körben mit Blättern und den roten Früchten der Schlafbeere. Zuerst kam ein breites Band aus vier Reihen Schlafbeeren, dann folgte eine Reihe mit Olivenblättern, die von ihrer unteren, der graugrünen Seite zu sehen waren. Es folgteeine Reihe mit Weidenblättern, bei denen Blattober- und -unterseite wechselten. Dann gab es eine Reihe mit Blüten und Blättern des duftenden wilden Selleries, dem wieder die vorgenannten Reihen folgten. So entstanden wunderschöne Halskragen nur in unterschiedlichen Grüntönen und mit dem Rot der Beeren.
Das Innere meines Palastes war von Tausenden Kerzen, Fackeln und Öllampen so hell erleuchtet, dass man glauben mochte, es wäre heller Tag. Im Haus und im Garten saßen an den verschiedensten Orten Musikanten, und ich achtete sorgfältig, aber gleichwohl unauffällig darauf, dass Isis und ihre Mädchen nicht unbedingt am Mittelpunkt des Festes auftraten. Im Laufe des späten Nachmittags waren die ersten Gäste eingetroffen, und nach und nach hatten sich Haus und Garten gefüllt. Ti, Mutnedjemet und ich legten den Gästen die Kränze um, während Nofretete in ihren Gemächern auf das Eintreffen der königlichen Familie wartete. Meine Diener reichten Datteln und Oliven, dazu gab es kühle Säfte, Bier und verdünnten Wein.
Meine Blicke richteten sich jetzt öfter nach Westen, denn der Gute Gott und seine Familie sollten kurz nach Sonnenuntergang eintreffen. Ich war aufgeregt wie selten
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