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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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die eigentlichen Feierlichkeiten im Inneren des Palastes statt. In jedem der zugänglichen Räume reichten die bezauberndsten Mädchen des Landes Speisen und Getränke, wurde Musik gespielt und getanzt. Es war ein ständiges Kommen und Gehen, jeder wollte das Brautpaar und deren Eltern sehen und beglückwünschen oder einfach nur Neuigkeiten austauschen, die freilich nicht älter als einen Tag sein konnten, da sich die meisten der Gäste erst einen Abend vorher in meinem Palast gesehen hatten.
    Ich war mehr und mehr gerührt über den Umgang von Nafteta und Amenophis miteinander: Nicht einen Augenblick ließ er von ihrer Hand oder verlor sie gar aus den Augen. Mit aller Geduld der Welt stellte er Nofretete die Gäste vor und erklärte ihr ausführlich, wer mit ihm wie verwandt war. Zwischendurch hob er kurz seine rechte Hand, in welcher die Linke Naftetas lag und küsste schnell ihren Handrücken. Dabei sah er sie mit seinen schwarzen Augen so durchdringend an, dass man – wenn man ihn nicht so gut kannte wie ich – hätte Angst bekommen können. Erst wenn Nafteta in seine Augen sah und ihn liebevoll anlächelte, wich aus seinem Antlitz dieser bohrend-fragende Ernst, wurden auch seine Lippen breit, und beiseinem Lachen zeigten sich die großen weißen Zähne, die man eher bei einem Nubier denn bei einem ägyptischen Prinzen erwartet hätte.
    Ich hatte längst keinen Zweifel mehr, dass beide ein sehr glückliches Paar sein würden. Auch für alle anderen war es jetzt nicht mehr zu übersehen: Prinz Amenophis und Nafteta gehörten einfach zusammen.
    Die kommende Nacht sollte meine Tochter bereits hier im Palast Nimurias verbringen, ehe sie am anderen Tag ihrem Gemahl folgend endgültig in dessen Palast in Waset einzog, und so für immer bei ihm bleiben würde. Auch war es Brauch, dass keiner der Gäste das Fest verließ, ehe sich die Brautleute nicht unter Gejohle und Freudengeschrei zurückgezogen hatten. Ich wollte mir das nicht mit ansehen. Dieses In-das-Schlafgemach-Führen musste nicht unter meinen, des Vaters Augen, geschehen. Ich wusste nicht, was meine Tochter und der Prinz vorher schon getan hatten – in meinem Palast, im Palast von Waset, irgendwo. Sicher haben sie in all den unzähligen Stunden, die sie gemeinsam verbrachten, nicht nur über die Schöpfung nachgedacht und zu Aton gebetet. Ich wollte es gar nicht wissen, und ich wollte es jetzt nicht sehen.
    «Ist etwas mit dir», hörte ich die freundliche Stimme des Prinzen zu mir sagen, als ich etwas abseits von Ti vor einer zierlichen Steinfigur der Göttin Isis stand und unweigerlich an meine kleine Tänzerin denken musste. Nafteta war ebenfalls hinzugetreten und sah mich wie der Prinz mit bekümmertem Blick an.
    «Es ist gut, dass ich euch hier allein antreffe», sagte ich zu ihnen und ergriff je eine Hand der beiden.
    «Ihr werdet ohnehin bald das Fest verlassen und», jetzt wurde ich etwas verlegen und zögerte, «und unter Jubel nach oben begleitet werden. Das ist vielleicht nicht der Moment für einen Vater, den er unbedingt erleben muss – wenn ihr versteht, was ich meine. Ich würde gerne vorher mit Ti das Fest verlassen, wenn ihr mir nicht böse seid.»
    «Aber Vater, was ist mit dir?», fragte Nafteta sorgenvoll, und ich sah ihr an, dass sie richtige Schuldgefühle bekam.
    «Lass ihn nur», unterbrach sie Amenophis. «Ich kann ihn schon verstehen. Ich werde Vater und Mutter in einem passendem Augenblick unauffällig sagen, dass ihr beide schon gegangen seid.»
    «Ich danke euch für euer Verständnis und seid mir nicht böse! Es ist auch genug für heute, und morgen sehen wir uns wieder.»
    Ich umarmte zuerst meine Tochter, dann wurde ich von meinem Schüler liebevoll in den Arm genommen. Er drückte meinen Kopf an seine Brust und sagte leise: «Ich danke dir, Eje!»
    «Es ist schon gut, Amenophis!»
    Mehr brachte ich nicht heraus.
    Ti war über meinen hastigen Aufbruch etwas überrascht, aber ich gab mir Mühe, das Fest so zu verlassen, dass es möglichst wenig Gäste überhaupt zur Kenntnis nahmen.
    Ein Offizier der Leibgarde fuhr unseren Wagen, und ein zweiter folgte zu unserer Sicherheit. Noch immer standen Soldaten vom Palasttor bis zur Anlegestelle am Westufer des Flusses, jetzt freilich mit Fackeln, damit man überhaupt etwas sehen konnte. Über uns wölbte sich der schönste Sternenhimmel Ägyptens, der umso prächtiger strahlte, als kein Mond schien. Die Wagen fuhren langsam an den Soldaten vorbei, und ich konnte mir Gesicht für

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