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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Gesicht ansehen. Dann dachte ich wieder an Amenophis und Nafteta und daran, dass sie das Fest sicher schon verlassen hatten.
    Der Gedanke, dass meine Tochter den Mann, den sie so sehr liebte, endlich geheiratet hatte, und dass sie gewiss viele Kinder haben würden, stimmte mich wieder fröhlich. Ich schlug dem Offizier kräftig auf die Schulter, nahm Ti fest in den Arm und rief:
    «Jetzt gib ihnen aber einmal die Peitsche! Ich will noch vor Sonnenaufgang zu Hause ankommen!»
    Der Offizier drehte sich nach mir um und sah mich mit ungläubigenKuhaugen an. Mir war gleich, was er von mir dachte. Ich schob ihn zur Seite, sagte, er solle Ti in den Arm nehmen und hielt ihm meine Perücke und mein Kopftuch entgegen. Ich ergriff die Zügel und ließ sie mit Schwung auf die Pferderücken klatschen. Ti wusste, dass ich gerne schnell fuhr und hielt sich gleich mit einer Hand am Rand des Wagens fest, mit dem anderen Arm umgriff sie den Offizier. Ich liebte es, wenn die Augen, obwohl bis auf winzige Schlitze geschlossen, zu tränen begannen, der Fahrtwind die Haare zerzauste, aufgewirbelte Sandkörner wie Nadeln auf dem Körper stachen und hinter einem alles in einer Staubwolke verschwand wie in einem Sandsturm. Am Tempel der Millionen Jahre meines Freundes Ameni ging es jetzt scharf nach rechts, und die Soldaten dort machten vor Angst einige Schritte nach hinten, sie fürchteten offenbar, dass mein Gefährt aus der Kurve getragen werden und sie erschlagen würde. Ich muss zugeben, es fehlte nicht viel, aber ich ließ mir von dem Schrecken, den ich selbst bekam, nichts anmerken. Als wir unbeschadet die Anlegestelle erreicht hatten, sah mich der Soldat mit noch größeren Augen an als zuvor.
    «Ich dachte, du bist bei der Streitwagentruppe», sagte ich etwas spöttisch zu dem Offizier.
    «Ja, edler Herr», sagte er mit gesenktem Blick.
    Zu mehr war er nicht fähig, und ich beließ es dabei.
    Die Stille auf der Fähre war zu schön, um durch überflüssige Gespräche unterbrochen zu werden. Ti stand vor mir an der Reling, und ich umfasste sie von hinten mit beiden Armen und schaute mit ihr hinüber auf das westliche Ufer. Wir sahen die Fackeln der Soldaten wie eine Kette von der Anlegestelle bis zur Palaststadt führen. Ich erkannte – wenn auch bereits verschwommen – die vielen Lichter in den Fenstern des Palastes der leuchtenden Sonne. Dann sahen wir wieder in den Sternenhimmel, der jetzt, wo wir nicht mehr von Fackeln geblendet wurden, noch klarer erschien als zuvor.
    «Das dort oben», ich zeigte auf Sterne über uns, «das nennendie Babylonier den Stier. Und das dort drüben – nein, weiter oben – den Skorpion.»
    Ti streichelte mit ihren kleinen Fingern über meinen linken Arm und sagte: «Denkst du noch oft an sie?»
    «An manchen Tagen mehr, an manchen Tagen weniger. Dir wird es mit Maj nicht anders ergehen als mir mit Merit.»
    «Ja, da hast du Recht, Eje», flüsterte Ti, und sie schien mit dieser Antwort, die eher einer nüchternen Feststellung gleichkam, zufrieden zu sein, denn jetzt legte sie ganz liebevoll ihren Kopf gegen meine Schulter.
    Am östlichen Ufer angekommen, setzte ich Perücke und Kopftuch wieder auf, verabschiedete mich von dem Offizier und fuhr den Wagen, sehr zur Beruhigung meiner Frau, im Schritttempo zu meinem Palast zurück.
     
    Eines Nachmittags sperrte ich mich in meinem Arbeitszimmer ein und öffnete hinter einem Wandregal, das ich zur Seite rückte, mein geheimes Versteck. Isis saß vor meinem Fenster auf der Terrasse und spielte im Schatten eines Sonnensegels auf ihrer Harfe, während ich andächtig jedes einzelne Schmuckstück auf meinem Schreibtisch ausbreitete: meine Halskragen, Armreife, Ringe und auch die drei goldenen Fliegen, die mir Nimuria nach der Schlacht gegen die aufständischen Nubier als Auszeichnung überreicht hatte. Da lag sowohl der Schmuck, den Merit von Babylon mitgebracht hatte, als auch jener, welchen ich ihr einst geschenkt hatte. Ich schüttete aus einem Lederbeutel Edelsteine auf den Tisch und stapelte gewiss zweihundert Deben Gold auf dem Boden nebeneinander. Zuletzt kam ich mir vor wie ein kleiner Junge, der seine Spielzeugsoldaten aufstellt und sich voll Besitzerstolz an dem Anblick weidet. Nafteta sollte nicht allen Schmuck von Merit bekommen, denn einen Teil wollte ich für meine kleine Tochter Mutnedjemet behalten.
    Maja, der junge Verwalter, der vor einigen Wochen in meine Dienste getreten war, trieb mit den Knechten all das Vieh zusammen– Rinder,

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