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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Rückens, dort, wo sonst der Gürtel meines Schurzes den Körper bedeckt. Währenddessen küsste ich ihren Hals, und als sich meine Lippen auf ihre rechte Schulter zubewegten, sah ich es plötzlich wieder, das verfluchte und verhasste Abbild: Sie trug auf der Haut das Zeichen Amuns, einen kleinen Widderkopf. Wer war dieses Mädchen? Was wollte sie von mir? Ich ließ mir nichts anmerken und küsste noch einmal ihren Rücken.
    «Es geht hier nicht, Isis. Ich kann es einfach nicht. Gib uns Zeit bis Merwer. Wir sind ja schon bald dort.»
    Es kam kein Widerwort von ihr. Vielmehr nahm sie meinen Kopf zwischen ihre Hände und küsste mich so inniglich, dass ich beinahe meinen Vorsatz, es nicht geschehen zu lassen, wieder aufgegeben hätte. Doch plötzlich ließ sie von mir ab, schloss noch im Liegen ihren Schurz und sprang auf.
    «Du hast Recht Eje, nicht hier, obwohl es gerade sehr schön war. Aber in Merwer entkommst Du mir nicht mehr», lachte sie mich an.
    Dann küsste sie noch einmal flüchtig meinen Mund und verschwand auf die Terrasse.
    Ich schwor mir, dass ich dieses Mädchen nicht wieder anrühren würde, ehe ich nicht alles, aber auch wirklich alles über sie in Erfahrung gebracht hatte. Es gab in ganz Oberägypten nur einen einzigen Mann, der mir dabei helfen konnte und auf dessen Verschwiegenheit ich vertrauen durfte. Es war Turi, der Vorsteherder Polizei von Waset-Ost. Ihn wollte ich am anderen Morgen aufsuchen.
    Ich nahm meine Ebenholzschatulle und ließ mich von Maja, meinem Verwalter, zu Prinz Amenophis und Nofretete bringen.
    In dieser Nacht fand ich kaum Schlaf. Wie oft war mir dieser Widderkopf schon begegnet und hatte Unheil mit sich gebracht! Ich konnte nicht an einen Zufall glauben. Erst früh am Morgen schlief ich ein.
    Nach dem Frühstück schickte ich meinen Schreiber zu Turi und ließ mich bei ihm noch für diesen Vormittag anmelden. Dann legte ich mich für eine Stunde auf die Liege unter meiner Lieblingspalme und dachte nochmals darüber nach, ob es richtig war, den Vorsteher der Polizei von meinen Bedenken zu unterrichten. Aber seit jener Zeit, da ich gemeinsam mit Tahuti und Turi die Verbrechen bedeutender Männer dieser Stadt aufgedeckt hatte und wir dabei sogar unser Leben aufs Spiel gesetzt hatten, seit jener Zeit hatte ich zu Turi blindes Vertrauen.
    Also ging ich zu ihm.
     
    Turi war ein alter Mann. Er war über fünfundsechzig Jahre alt und hätte sich schon längst zur Ruhe setzen können. Verdient hätte er es allemal. Doch sein Geist war viel zu frisch, viel zu beweglich, als dass er sich für den Rest des Lebens unter den Schatten seiner Bäume zurückgezogen hätte. Er war außergewöhnlich groß und, ohne dick zu sein, von stattlicher Figur. Er hatte kaum mehr Haare, nur seinen Hinterkopf umgab ein dünner, grauer Kranz. Wenn man ihn ansah, fielen zuerst seine kräftige Nase und sein Doppelkinn auf. Unter buschigen Augenbrauen blitzten muntere kleine Augen.
    Zu einem kräftigen Händedruck sagte er: «Was führt den Einzigen Freund Seiner Majestät und künftigen Gottesvater zum Vorsteher der Polizei? Möchtest du etwa jemanden anzeigen, Eje?»
    Wir umarmten uns kurz, wie es Freunde tun, und dann sagteich zu ihm: «Ich sehe dich freilich lieber bei einem fröhlichen Fest, als hier in deinem Arbeitszimmer. Nur diesmal ist es mir ernst. Ich brauche deinen Rat und hoffe, du lässt mich nicht im Stich.»
    «Es klingt geradezu bedrohlich, Eje», spöttelte er ein wenig und bot mir mit einem Fingerzeig einen Stuhl an.
    Ich hielt es für nötig, ihm alles zu erzählen, von Anfang an. Turi kannte zwar all die Geschichten, doch ich fand es wichtig, ihm nochmals ins Gedächtnis zu rufen, wie einst der kleine Amuntempel im Palastgarten von Men-nefer die Geschwister Pharaos erschlug. Dass jener Grabräuber, der mich und Senu im Steinbruch von Tura abstechen wollte, einen Anhänger mit einem Widderkopf trug. Oder dass mein Verwandter Anen, selbst Priester des verborgenen Amun, tot vor dem großen Torturm des Amunheiligtums lag, nachdem er mich am Abend vorher zurechtgewiesen und gewarnt hatte. Und ich erinnerte ihn an den merkwürdigen Tod von Prinz Thutmosis und an den des Balsamierers, der mir im Hafen von Men-nefer ein Geheimnis preisgeben wollte. Dann erzählte ich ihm von dem Mädchen Isis und auch davon, wie nahe wir uns gekommen waren. Turi zog zum Zeichen seiner Missbilligung die Augenbrauen nach oben und zupfte sich am Ohr, ließ mich aber fortfahren. Zuletzt berichtete ich ihm von dem

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