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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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aus Edelsteinen und Glasfluss.
    Ich selbst hatte meine Ankündigung wahr gemacht und schenkte Nassib ein Senetspiel. Es war ein lang gezogenes, fast schwarzes Kästchen aus Ebenholz, mit einer Schublade in seinem Inneren, welche die Spielsteine barg. Auf der Oberseite des Kästchens befanden sich aus Elfenbein die Spielfelder in drei Zehnerreihen, und die Unterseite zeigte zwanzig Felder, zwölf im Mittelstreifen und je vier an den äußeren Streifen. Zu dem Kästchen gehörte ein Untergestell mit geschwungenen Beinen, die in Löwentatzen endeten und mit vergoldeten Zapfen in einem hölzernen Schlitten endeten. Die Schrift an den Außenseiten war eine Einlegearbeit aus Goldfäden und lautete:
    «Horus, Starker Stier, schön an Geburten, der Gute Gott, Abbild des Re, der König von Ober- und Unterägypten, Herrscher über die Fremdländer, der alle Länder ergreift, Herr der Kraft Neb-chepru-Re, dem Leben, Dauer, Heil wie Re ewiglich gegeben werde! Es lebe Horus, Starker Stier, schön an Geburten, schön an Gesetzen, der die Beiden Länder beruhigt, der die Kronen erhebt und die Götter befriedigt, der König von Ober- und Unterägypten, Sohn des Re Tutanchaton, Herrscher von Waset, dem Leben wie Re gegeben werde ewiglich!»
    «Sind die Wurfhölzchen und die Spielsteine wirklich verzaubert?», fragte mich Nassib fast kleinlaut, nachdem er das Spiel eine Weile schweigend bestaunt hatte.
    «Ich fürchte, du wirst nicht ein Spiel mehr gegen mich gewinnen!»
    Nassib zeigte ein wissendes, siegessicheres Lächeln und sah mich mit leuchtenden Augen an.
    «Morgen, Eje», sagte er dann betont langsam. «Morgen werde ich dich auf meinem Schiff und an diesem Spielbrett zumersten Mal schlagen! Und sollte es dir auch nur einmal gelingen, mich zu besiegen, schenke ich dir das beste Pferd aus meinem Stall!»
    «Oh», rief ich erfreut aus. «Als Vorsteher der Streitwagentruppe wüsste ich schon ein Pferd, das mir gefallen würde. Sieh dich vor, Tutanchaton, nicht dass eines Tages dein ganzer Stall leer ist!»
    Sooft ich auch mit ihm noch spielte: Nicht ein Pferd wechselte wegen eines verlorenen Senetspiels seinen Besitzer.
     
    Endlich trugen die Diener die Speisen auf. Am Tisch Pharaos und seiner Großen königlichen Gemahlin gab es nur, was dem jungen König schmeckte: in Honig eingelegte und gebratene Hühnchen mit leicht scharf gewürzter Tunke, dazu frisches, noch warmes Brot, Oliven und sauren Lauch; über offenem Feuer gebratenen Nilbarsch, der in einer Knoblauchtunke, deren würziger Geruch für kurze Zeit den ganzen Saal erfüllte, aufgetragen wurde; eine kalte Gurkensuppe mit reichlich Dill und zuletzt in süßem Rotwein gedünstete Feigen. Nassib war kein großer Esser, aber ich kannte kaum einen Jungen seines Alters, der das Essen so genüsslich auskostete, wie es selbst Erwachsene nur selten taten. So saßen die, die schon längst satt waren, noch zu Tisch und tranken schon Becher um Becher Wein, während der Leibdiener seinem Herrscher zum dritten Mal gedünstete Feigen reichte.
    Kaum, dass Tutanchaton seinem Diener bedeutet hatte, dass es jetzt genug war und dieser die leere Schale wegtrug, öffneten sich alle Türen, die Musik wurde laut, und die ersten ägyptischen Tänzer kamen in großen Sprüngen in die Mitte des Saals. Sie führten jedoch keine Tänze auf, wie sie den Erwachsenen gefallen hätten, mit anmutigen oder gar zweideutigen Figuren, sondern es waren kunstvolle Turnübungen, gewagte Sprünge und Überschläge. Sie warfen einander in die Luft und fingen sich wieder auf. Zwei von ihnen griffen sich gegenseitig bei den Beinen und rollten wie ein Rad durch den Saal, während anderedurch das Rad hindurchsprangen, sich überschlugen und wieder in die Höhe sprangen.
    Nach den Ägyptern traten nubische Mädchen und Jünglinge auf. Die Mädchen bildeten sitzend einen großen Kreis, in dessen Innerem die jungen Männer zum gleichförmigen Klang von Trommeln und zu dem wilden Gesang der Mädchen, den diese selbst mit Klatschen begleiteten, einen Furcht erregenden Kriegstanz aufführten. Ohne Waffen, nur mit ihren Händen, deuteten sie an, ihren Gegner niederzustechen oder zu erschlagen, wichen einander aus, um scheinbar umso wilder aufeinander loszugehen. Zuletzt aber beruhigten sich die Krieger, wie auch die Musik ruhiger wurde, und jeder von ihnen wandte sich einem Mädchen zu. Sie umkreisten werbend die Auserwählten, die noch schamhaft zu Boden sahen, bis deren Arme begannen, nach den Männern zu greifen, sie

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