Im Land des Falkengottes. Tutanchamun
Schilf stellen und mit Wurfhölzern nach Enten werfen. Ich selbst werde nur einen einzigen Mann einweihen: Mahu. Er als Polizeioberst muss wissen, was ich zu unternehmen gedenke.»
Wieder nickte der General zustimmend.
«Und wenn dies alles getan ist, werde ich mit Pharao nach Achet-Aton zurückkehren», schloss ich meine Ausführungen ab. Das Gesicht meines Gegenübers wurde jetzt ernst. Es verfinsterte sich geradezu, als hätte er von einer vernichtenden Niederlage einer seiner Divisionen erfahren.
«Was heißt zurückkehren?», fragte er und sprach das Wort «zurück» besonders langsam aus.
«Ich verstehe Eure vorwurfsvolle Frage nicht, Haremhab. Er ist dort geboren, er ist dort groß geworden, und dort stehen der Palast seines Vaters und der größte Tempel des Gottes, den er bis vor kurzem noch als den Einzigen verehren durfte. Achet-Aton ist sein Zuhause. Nicht mehr und nicht weniger. Selbstverständlich wird er regelmäßig nach Waset und nach Men-nefer reisen, um dort seinen Verpflichtungen als Herrscher über die Beiden Länder gerecht zu werden. Aber sein Zuhause ist und bleibt zunächst Achet-Aton. Wenn er großjährig ist, mag er darüber entscheiden, wie er mag.»
Haremhab sah eine Weile schweigend auf zwei gefesselte Syrer, die zu seinen Füßen auf dem Palastboden aufgemalt waren, damit Pharao sie niedertreten konnte, wann immer er wollte. Während seine Augenlider aufgeregt auf und nieder flatterten, holte er tief Luft und begann dann zu reden: «Habt Ihr nicht ebenso wie ich über Monate und über Jahre hinweg versucht, Echnaton davon zu überzeugen, nach Waset zurückzukehren, nachdem Nimuria zu Osiris geworden war? Hat nicht Eure Schwester Teje, ihr Andenken möge erhalten bleiben in Millionen von Jahren, hat nicht auch sie versucht, ihren Sohn zur Rückkehr zu bewegen? Wissen wir nicht alle, dass sich Ägypten allein wegen der Uneinsichtigkeit Echnatons, wegen seiner» – und jetzt ruderte Haremhab aufgeregt mit den Händen, als fiele es ihm so leichter, die richtigen Worte zu finden –, «wegen des Irrsinns dieses …»
«Haremhab!», unterbrach ich ihn laut. «Haltet an Euch und überlegt, über wen Ihr so sprecht! Es kommt Euch nicht zu!Mein Ohr ist offen für jedes mahnende oder zurechtweisende Wort. Aber nicht in diesem Ton!»
Von seinen Augen war nur noch das Weiße zu sehen, so sehr hatte er sie Hilfe suchend nach oben gedreht, und die Augenlider flatterten mehr denn je. Endlich hatten sie sich wieder gefangen, und er sah mich durchdringend an. Bevor er etwas sagen konnte, fuhr ich fort und gab mir selbst die größte Mühe, wieder Ruhe und Vernunft in unser Gespräch zu bringen.
«Ich kann Eure Besorgnis verstehen, und mit dem, was Ihr gesagt habt, kann ich teilweise auch übereinstimmen. Echnaton war kein Wahnsinniger …»
«Das habe ich nicht gesagt», fauchte er dazwischen. Ich ging auf seinen Einwand nicht weiter ein. «Echnaton wusste sehr wohl, was er tat. Nach seinem Tod gab es nur niemanden mehr, der die Kraft und die Weisheit besaß, Echnatons Werk fortzuführen, auch meine Tochter nicht. Dass die Priester des Amun auf ihren alten Rechten bestehen, weiß auch ich. Dass wir ihnen viele davon nach und nach wieder einräumen müssen, steht für mich außer Frage. Aber sie können doch von Tutanchaton und von uns als seinen Regenten nicht erwarten, dass er auf allen vieren nach Waset zurückgekrochen kommt! Sie sollten wissen, dass Men-nefer ebenso gut Hauptstadt sein kann wie Waset. Wegen der Bedrohung durch die Hethiter wäre es vermutlich sogar dringend geboten, dass Pharao die Residenz wieder ganz nach Norden verlegt. Sie werden sehen, dass Pharao ihnen die Stirn bietet!»
Haremhab stand auf und ging zum Fenster. Er konnte auf den Tempel des Amun sehen und auf das Gempa-Aton. Ohne sich nach mir umzudrehen, sagte er: «Wird Tutanchaton die Kraft besitzen, werden wir die Kraft besitzen, den Hethitern und den Priestern zugleich zu widerstehen? Erinnert Euch daran, Eje, dass es auch die Priester des Verborgenen waren, die erheblichen Anteil daran hatten, dass die Hyksos vertrieben und die Beiden Länder unter Ahmose wieder vereinigt wurden. Es war auch ihr Zuspruch, der dem ägyptischen Volk die Kraft gegeben hatte,den Kampf auf Leben und Tod gegen die Fremdländer zu führen, nicht nur der Kampfgeist Ahmoses.»
Jetzt wandte er sich wieder mir zu.
«Ihr habt gewiss Recht, Haremhab. Aber der Lohn, den unsere Herrscher dafür bezahlt haben, war hoch. In welch
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