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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Hethitern besetzten Gebiete wieder zu befreien und die früheren Herrscher oder wenigstens deren rechtmäßige Erben einzusetzen, vielmehr mussten wir uns selbst einen Weg in die Höhen des Libanon schaffen, denn Ägypten brauchte Holz. Es brauchte sehr viel Holz. Nach dem Tod eines der treuesten Vasallen Ägyptens, des Fürsten Rib-Addi von Byblos, mussten neue Wege gesucht werden, um an das so wichtige Holz heranzukommen.
    «Ich habe nicht viel Zeit, militärische Übungen abzuhalten», gab der General zu bedenken. «Die Hethiter werden nicht tatenlos zusehen, bis wir genug geübte Soldaten unter Waffen haben, sondern Tag für Tag werden sie Ägypten näher rücken. Wenn Ihr und Eure Baumeister bald Bauholz haben wollt, dann muss ich schnell und unerwartet angreifen.»
    «Ich kann nicht einschätzen, wie schlagkräftig Eure Soldaten sind. Aber vergesst eines nicht: Die Hethiter führen seit vielen Jahren unablässig Krieg. Sie wissen nur zu gut, wie man mit Waffen umgeht.»
    Wir sprachen lange darüber, wann der günstigste Zeitpunkt für einen Angriff wäre. Die Hethiter waren ein Volk, das Kälte gewohnt war, und man berichtete uns, dass es bei ihnen so kalt werden konnte, dass sogar gefrorenes Wasser vom Himmel fiel und das Land mit einer weißen Decke überzogen wurde. Hitze dagegen, sagte man, würden sie nicht so gut verkraften, wie es die Ägypter und Nubier taten, die von klein auf mit der Hitze eines Feuerofens zurechtkommen mussten, wenn es nötig war.
    Um nicht zu viel Zeit zu verlieren, beschlossen wir, dass Haremhab mit seinen Truppen so weit nach Norden und dann nach Osten vorrücken sollte, bis er auf die ersten Truppenansammlungen der Feinde stieß. Diese sollte er so lange hinhalten, ohne sich in nennenswerte Kampfhandlungen einzulassen, bis zur Zeit der nächsten großen Hitze in einem Jahr gut ausgebildete Truppen nachrückten. Dann sollte ein starkes ägyptisches Heer, das sengende Hitze gewohnt war, die Feinde schlagen und bis hinter den Orontes zurücktreiben.
    Damit gab sich Haremhab zufrieden.
     
    «Und Ihr?», fragte mich der General, als ob er nicht gewusst hätte, dass ich in Waset für Monate genug zu tun hatte. Aber als Mitregent hatte er freilich ein Recht zu wissen, womit ich meine Zeit verbringen würde.
    «Zuerst werde ich die Schatzhäuser überprüfen und alle Lagerhäuser. Ich verlange Rechenschaft über jedes Korn Gold, jedes Stück Holz, jedes Getreidekorn, jeden Ziegelstein und jeden Krug Bier. Ich werde eine Viehzählung durchführen lassen, und ich sehe mir die Listen aller bewirtschafteten Felder zwischen Achet-Aton und der Insel Abu an. Dann werde ich meine Steuerschätzer losschicken und neue Listen erstellen lassen. Schließlichwerde ich die alten Listen mit den neuen vergleichen und sehen, ob auch wirklich alle Ägypter ihrer Steuerschuld nachkommen.»
    Haremhab sah mich gleichermaßen verwundert wie mitleidig an.
    «Das nennt Ihr eine Aufgabe für einen Mann wie Euch? Jeden Tag nur Listen mit Bezeichnungen von Feldern durchsehen und Abertausende von Aruren Land und dessen Erträge zusammenrechnen? Was liebe ich mein Soldatenleben!»
    «Ihr könntet nicht einen Tag Soldat sein, wenn es nicht Männer wie mich gäbe, die in mühseliger Kleinarbeit Sorge dafür tragen, dass ihr Soldaten genug zu essen und zu trinken und genug Waffen und Pferde habt. Sorgt Euch nicht um mich, Haremhab. Was ich Euch gerade geschildert habe, war schon vor vierzig Jahren unter Nimuria über Jahre hinweg mein Alltag. Und unter Nimuria verbrachte Ägypten bekanntlich eine lange Zeit des Wohlstands und des Glücks.»
    Jetzt nickte der General zustimmend, doch ich war mir sicher, dass er mich gleichwohl für einen blutleeren und bedauerlichen Schreiber hielt, der sich lieber in einer Amtsstube verkroch, als dass er auf dem Schlachtfeld nach Ruhm suchte.
    «Vor allem aber will ich die Mörder meiner Tochter und meiner Enkelkinder finden. Ich hoffe, Ihr habt Vertrauen zu mir und meinem Urteilsspruch, wenn ich sie gefunden habe.»
    «Wenn Ihr die erste Arbeit so gründlich erledigt, wie man es von Euch gewöhnt ist, werdet Ihr für die zweite kaum Zeit finden, Gottesvater Eje», gab er zu bedenken.
    «Ich sehe es anders, General. Ich halte es für gut möglich, dass sich bei gründlicher Durchführung der ersten die zweite miterledigt! Aber ich flehe Euch an: Sprecht mit keinem Menschen darüber! Hört Ihr: mit niemandem! Sonst wäre es vermutlich wirklich besser, ich würde mich mit Tutanchaton ins

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