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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Andenken an ihn ganz auslöschen, wenn Ihr könntet. Habe ich Recht?», fragte ich ihn und sah, wie Nassib irritiert zu Haremhab blickte, als wollte er nicht wahrhaben, was er gerade gehört hatte. Ruckartig wandte sich der General zu uns um.
    «Ja», sagte er laut und bestimmt. «Wenn ich es könnte, ich würde es tun! Seht Ihr nicht selbst, was Echnaton angerichtet hat? Nicht nur, dass unsere Truppen verunsichert sind und fast feige und lustlos gegen die Hethiter ziehen, als wüssten sie nicht, warum und für wen sie ihr Leben einsetzen. Ich räume ein, dass ich den Kampfgeist und den Zustand unserer Truppen unterschätzt habe. Aber wenn unsere besten Soldaten jahrelang dazu missbraucht wurden, für einen unbedeutenden Gott, dessen Tempel bald niemand mehr betreten wird, Steine zu schleppen, konnte man nichts anderes erwarten.»
    Dann trat er näher an Tutanchaton heran und fuhr fort: «Ich werde für Euch kämpfen, Majestät, bis der letzte Tropfen Blut aus meinen Adern geflossen ist. Aber ich will wissen, wofür ich kämpfe! Und das Gleiche gilt für meine Soldaten. Eure Untertanen sind bereit, für Euch zu arbeiten, die Felder zu bestellen und Eure Schatzkammern zu füllen. Aber sie erwarten, dass Ihr Maat so wiederherstellt, wie sie einst war: nach dem alten Glauben unseres Volkes und nicht nach Hirngespinsten!»
    «Haremhab!», rief ich laut. «Es steht Euch nicht zu, so über den Vater Seiner Majestät zu sprechen! Überlegt Euch, was Ihr sagt!»
    «Gottesvater Eje», flüsterte er leise und bedächtig.
    «Überlegt Ihr Euch, was Ihr tut und was Ihr Seiner Majestät ratet! Ich weiß, dass Ihr ein Mann von langer und reicher Lebenserfahrungseid. Ich weiß, dass Ihr hin- und hergerissen seid zwischen Eurer Treue zu Echnaton und Eurer Treue zu ihm», und dabei zeigte er auf den jungen Pharao. «Und ich weiß, wie sehr Euch das Wohl Seiner Majestät am Herzen liegt. Mir nicht minder, Eje. Glaubt mir das!»
    Dann trat er vor die drei Stufen, die zum Thron führten, legte seine Hände auf Tutanchatons Hände, die die Lehne des Thrones umklammerten, und sagte: «Majestät! Ihr müsst Euren Namen und Achet-Aton aufgeben! Verlasst mit allen Menschen diese Stadt, und kommt mit mir nach Men-nefer. Die Soldaten müssen Eure Nähe spüren, wenn sie den Feind besiegen sollen. Und wendet Euch in aller Form ab vom Glauben Eures Vaters! Nur so könnt Ihr Ägypten retten. Nur so, glaubt mir!»
    Nassib sah mich hilflos und mit fragenden Augen an. Er verstand sehr wohl, was Haremhab gerade von ihm verlangt hatte. Doch die Tragweite dieser Forderung vermochte er nicht einzuschätzen. Deswegen schwieg er.
    Es rumorte in meinem Kopf und in meiner Seele gleichermaßen. Wie Dämonen sprangen meine Gedanken hin und her zwischen dem Andenken an Echnaton und der Zukunft Tutanchatons, der Zukunft Ägyptens. Echnaton hatte mich aus dem Staub erhoben und mir verziehen, nachdem ich schon dazu angesetzt hatte, frevelnd die Stufen zu seinem Thron hinaufzusteigen, um einmal, einmal nur ihm gleich zu sein im Antlitz des erscheinenden Aton.
    Neue Namen annehmen! Was anderes käme wohl in Frage als Tutanchamun und Anchesenamun? Wie seltsam das klang!
    Echnaton war mein geliebter Schwiegersohn gewesen, der mich weit über alle anderen Menschen Ägyptens erhoben hatte. Und mir wurde von ihm das Liebste anvertraut, was er zuletzt noch besaß: sein Sohn Tutanchaton. Sollte er wirklich Tutanchamun heißen? Die Zukunft seines einzigen Sohnes war seither in meine Hände gelegt.
    Und hatte ich nicht Echnaton ebenso wie lange zuvor seinem Vater Amenophis geschworen, mich zeit meines Lebens um diezu kümmern, die sie zurücklassen würden? Ich musste Haremhab wohl Recht geben: Meine Sorge, unsere Sorge, durfte einzig Tutanchaton und Ägypten gelten.
    Ich musste nachgeben.
    «Wir werden Achet-Aton aufgeben», begann ich stockend, «und vor allem Volk die Rückkehr zu den althergebrachten Göttern verkünden. Der Gute Gott und die Große königliche Gemahlin werden neue Namen annehmen. Aber eines gelobt Ihr vor dem Guten Gott und vor mir: Solange er oder einer seiner Nachkommen über Ägypten herrscht und bevor nicht auch meine sterblichen Überreste in meiner Wohnung der Ewigkeit ruhen werden, bleiben die Tempel Atons in Waset und hier in Achet-Aton und bleibt das Andenken an Echnaton und Nofretete unangetastet! Gelobt mir das bei allem, was Euch heilig ist: bei Amun-Re und bei Osiris, bei Isis und Ptah, bei Maat und auch bei Eurem Namensgeber

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