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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Späßen. Ihnen allen war bewusst, dass es diesmal nicht um ein Gefecht ging, wie es unzählige Male gewonnen und verloren worden war. Diesmal stand alles auf dem Spiel.
    Tutanchamun saß unter dem Baldachin am Bug seiner Barke, schnitzte lustlos an einem Pfeil herum und blickte immer wieder verstohlen nach Nordosten, wo er alsbald die Stadt Byblos erwartete.
    «Wie groß ist das Herr der Hethiter?», fragte er mich schließlich und warf den verschnitzten Pfeil verärgert über Bord, woraufhin Räuber sogleich bis zur Reling rannte und dem verlorenen Hölzchen hinterherbellte.
    «Komm her, Räuber!», befahl Nassib seinem Hund, bevor ich ihm eine Antwort geben konnte.
    «Niemand weiß es genau. Haremhab schätzt es auf weniger als zehntausend Soldaten. Ammunira meint, es wären sogar fünfzehntausend.»
    «Wir sind etwas mehr als zehntausend», stellte er nachdenklich fest. «Können wir sie besiegen, Eje?»
    «Man kann auch mit viel weniger Soldaten siegreich sein. In der Schlacht bei Megiddo war Thutmosis Men-chepru-Re seinen Feinden zahlenmäßig weit unterlegen, aber dank einer Kriegslist gelang es ihm, sie vernichtend zu schlagen. Er führte seine Armee durch den Engpass von Aruna und schloss Megiddo ein, bis es nach siebenmonatiger Belagerung aufgab. Hätten seine Feinde das Vorhaben beizeiten durchschaut, hätten sie seine Armee im Engpass von Aruna vernichtend schlagen können. Aber sie hatten nicht geglaubt, dass er so waghalsig sein würde, genau dies zu tun. Und wenn der Plan Haremhabs aufgeht, zweifle ich nicht einen Augenblick an unserem Sieg. Dennoch hängt viel vom Willen der Götter ab», fügte ich hinzu und dachte dabei an den Benu, den Tutanchamun getötet hatte.
     
    Damit unsere Landung für den Feind möglichst überraschend kam, lenkte Paramessu die Flotte südlich von Byblos weit hinaus aufs offene Meer, um dann aus westlicher Richtung, mit dem Wind im Rücken und unter dem Einsatz der Ruderer, so schnell als irgend nur möglich geradewegs auf die Küste zuzufahren und dort zu landen. Es eilten uns zwei Mächte des Himmels zu Hilfe, mit welchen ich nicht gerechnet hatte: Wolken und Regen. Auf unserer Fahrt ins offene Meer wurde die Wolkendecke dichter und dichter, und es schien, als wollte es von einem Augenblick zum anderen Nacht werden. Von der Küste war bald nichts mehr zu sehen. Es begann zu regnen.
    «Was ist das?», fragte mich Nassib erstaunt und verängstigt zugleich. «Woher kommt das Wasser?»
    Er hatte in seinem Leben tatsächlich noch nie Regen erlebt! Als einzige Wasser spendende Quellen kannte er nur Brunnen, den Nil und den See in der Oase Fajum. Ich lächelte ihm zu.
    «Dein Vater nannte es in seinem Sonnengesang ‹den Nil am Himmel›, denn auch er hatte Regen nicht gekannt. Ja, es ist Regen, was du da erlebst. Außerhalb Ägyptens gibt es diese Erscheinung angeblich oft. Ich habe sie seit meiner Reise nach Babylon auch nicht mehr erlebt.»
    «Das also ist Regen», flüsterte er, hielt die geöffneten Handflächen nach oben, fing einige Tropfen auf und kostete sie dann vorsichtig.
    «Stimmt, es ist einfach nur Wasser», stellte er beruhigt fest. Dann nahm er das Nemes-Kopftuch ab, legte es auf den Sessel unter dem Baldachin und ging mit ausgebreiteten Armen und nach oben gerichtetem Blick über die freie Fläche des Schiffes, um so viel des erfrischenden Wassers wie möglich auf sich herabregnen zu lassen.
    Seine Freude währte nicht allzu lange, denn je mehr wir uns der Küste näherten, umso mehr hellte es wieder auf, bis wir schließlich das Wolkenband hinter uns ließen und unter dem blauen Himmel die Stadt Byblos erblickten. Die königliche Barke ließ sich etwas zurückfallen, es sollten erst Schiffe miterfahrenen Kriegern, allen voran die Soldaten Ammuniras, landen, um die Gegend für die übrigen Truppen und vor allem für Pharao abzusichern. Nördlich der Stadt gab es eine weit ausgedehnte Sandküste, und dahinter ragte ein Hügel von einigen hundert Ellen auf.
    «Dort hinauf müssen wir kommen!», rief Ammunira mir zu. «Wenn wir erst einmal dort oben sind, ist für uns die Hälfte der Schlacht schon geschlagen!»
    Der Bug des ersten Schiffes ließ den Sand unter sich laut knirschen, und Schlag auf Schlag tat es ihm ein Schiff nach dem anderen gleich. Kaum dass die Schiffe die Küste erreicht hatten, sprangen ihre Soldaten, die nichts als ihre Waffen bei sich trugen, an Land und liefen die Anhöhe hinauf, um dort sofort in Stellung zu gehen. Nachdem Ammunira mit

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