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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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setzten dort zur Flucht an.
    Aber welch entsetzlichen Fehler beging Haremhab jetzt! Anstatt sie nur von ein oder zwei Kompanien verfolgen oder sogar unbehelligt ziehen zu lassen, schickte er ihnen an die zweihundert Streitwagen, die seine rechte Flanke gebildet hatten, hinterher und schwächte so den Rest seines Heeres in unverantwortlicher Weise. Auf diese Fehlentscheidung hatten die Hethiter offenbar nur gewartet, denn erst jetzt schickten sie aus ihrem Lager am Gegenhang die eigentliche Streitwagentruppe los, die in der Ebene vor uns eine unvorstellbar große Staubwolke hinter sich herzog. Zeitgleich schwenkte die breite Südflanke der Hethiter, von der wir geglaubt hatten, dass sie irgendwann uns angreifen würde, nach Südosten, sodass das Heer der Hethiter eine einzige lange, von Nord nach Süd reichende gerade Flanke bildete. Und als sich die Streitwagentruppe der Hethiter mehr und mehr den eigenen Linien näherte, öffnete sich dort, wo sich zuvor die Spitze ihrer pfeilartigen Aufstellung befunden hatte, die Front und ließ die Streitwagen in einem gewaltigen und kraftvollen Keil mitten in unsere Armee hineinstoßen. Man konnte sehen, welcher Ruck durch die Reihen ging, welche Unruhe der Vorstoß Suppiluliumas auslöste, und sogleich konzentrierten sich alle Kräfte Haremhabs auf die Mitte, um den Angriff der Streitwagen abzuwehren.
    «Lass dich nicht umklammern, Haremhab!», flehte ich ins Tal hinab, denn Amenemhet berichtete uns weiter, dass jetzt die südliche Flanke der Hethiter begann, nach Nordosten einzuschwenken. Aber Haremhab schien das zu bemerken und hielt mit allen Kräften, die er hatte, dagegen.
    Plötzlich entstand um uns herum eine Unruhe, die ich mir nicht erklären konnte. Von rechts stürmten einige Soldaten auf uns zu und riefen: «Wir werden von Osten angegriffen! Hethiter kommen von Osten!»
    Sofort verließ Tutanchamun seinen Platz und bestieg mit mirden Streitwagen. Die Leibgarde bildete in wenigen Augenblicken einen undurchdringlichen Ring um uns und schirmte uns nach allen Seiten mit Schilden ab. Dann sah ich sie. Es waren offenbar Einheiten, die sich entgegen unserer Annahme doch in Byblos versteckt gehalten und den Hügel, auf dem wir standen, im Tal umgangen hatten, um jetzt von Osten her den Soldaten Paramessus und Ammuniras in die Seite zu fallen.
    «Fahr hinunter zu Ammunira», befahl ich einem Offizier. «Er soll mit seinen Soldaten nach oben ausweichen und eine rechte Flanke bilden!»
    Wenn es Ammunira nicht gelang, einen beträchtlichen Teil seiner Soldaten zurückzuziehen und eine neue Front zwischen den im Tal Kämpfenden und uns aufzubauen, würde es ein grauenvolles Gemetzel unter den Ägyptern und Berutern geben, und das Leben Pharaos wäre in höchster Gefahr. Ich musste versuchen, Ammunira zu entlasten, denn ich sah, wie schwer es war, aus dem Kampfgetümmel heraus Soldaten zu lösen und eine völlig neue Schlachtordnung zu bilden.
    «Nehmt hundert Eurer besten Männer, und stürzt Euch von hier aus auf sie. Ihr werdet wahrscheinlich nicht mehr zurückkommen. Aber tut es für Euren König!»
    So regungslos, wie er vor Stunden den verletzten Hethiter getötet hatte, so regungslos nahm er meinen Befehl entgegen, und wenige Augenblicke später stürzten sie sich mit lautem Geschrei den Hang vor uns hinab, um den Angreifern in die Flanke zu fallen. Ihr Angriff zeigte Wirkung, der Vorstoß der Hethiter geriet vorerst ins Stocken, sodass Ammunira mehr und mehr nach oben rücken und den aus Osten kommenden Feinden entgegentreten konnte.
    «Wir müssen ihnen helfen!», rief mir Tutanchamun aufgeregt zu, und ich sah, wie angespannt er das Geschehen vor uns verfolgte. Ich schüttelte den Kopf und sagte: «Später magst du Kriege führen, so viel du magst. Heute bin ich für dein Leben verantwortlich, und ich werde es nicht aus der Hand geben, mag dein Ansinnen auch noch so edel und heldenmütig sein.»
    Zornig presste er die Lippen zusammen, seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Welche Flüche mochten in diesem Augenblick auf mich niedergegangen sein! Aber es war mir gleich. Ich dachte nicht daran, ihn in irgendwelche Kampfhandlungen eingreifen zu lassen.
    Jetzt sah ich, wie sich Ammunira von seinen Truppen löste und auf seinem Pferd zu uns heraufjagte. Er schwitzte aus jeder Pore, und sein Körper war über und über verschmiert von Blut und einem schmutzigen Brei aus Schweiß und Staub. Die Leibwache öffnete den Ring und ließ ihn vor Pharao treten.
    Er

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