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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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verneigte sich nur knapp, und mit kurzem, angestrengtem Atem sagte er: «Ich weiß nicht, wie das hier ausgeht. Wenn sie noch einmal fünfhundert Mann gegen uns schicken, ist es um uns geschehen. Noch können wir ihnen standhalten, aber die Kräfte unserer Soldaten lassen mehr und mehr nach.»
    Dann schwieg er für einen Augenblick und sah Tutanchamun nachdenklich in die Augen.
    «Ich hätte Euch gewünscht, dass Ihr heute als Sieger vom Schlachtfeld geht, Majestät. Im Augenblick muss ich froh sein, wenn Ihr es überhaupt lebend verlasst. Ich weiß nicht, ob uns noch Zeit bleibt, über manches, was mir am Herzen liegt, zu sprechen. Ich weiß nur, dass Ihr meiner Tochter zugetan seid. Nehmt sie mit Euch, wenn Ihr nach Berut zurückkehrt, und seid Ihr ein guter und gerechter Gemahl.»
    Dann zog er seinen Ring vom Finger, küsste ihn flüchtig und hielt ihn Tutanchamun entgegen.
    «Wenn ich Berut je wieder sehe, gebt ihn mir zurück. Ansonsten gibt er Euch das Recht, über meine Familie nach Eurem Gutdünken zu verfügen. Die Königin weiß das.»
    Er kniete nieder, ergriff Pharaos Hand und küsste sie. Dann erhob er sich und bestieg sein Pferd.
    «Gottesvater, Ihr seid ein erfahrener Mann. Wenn Ihr seht, dass unser Kampf verloren ist, kehrt mit allen Männern, die noch um Euch sind, zurück zu den Schiffen und segelt nach Byblos. Von unserem Schicksal mögt Ihr irgendwann erfahren.»
    Dann verneigte er sich noch einmal und jagte zu Tal.
    «Tutanchamun!», schrie er laut hinaus, und von unten hallte uns ein vieltausendfaches «Tutanchamun!» unserer Soldaten entgegen.
    Pharao und mich umgaben noch zweihundert Soldaten der Leibgarde. Was nützten sie uns alle hier? Wenn die Schlacht verloren gehen sollte, reichten uns auch hundert Mann, um zu den Schiffen zurückzukehren. Und wenn man uns dort auflauerte? Das konnte nicht sein! Die Schiffe waren gut bewacht. Also fünfzig, fünfzig Mann konnte ich guten Gewissens noch einmal abziehen und in die Schlacht werfen. Es musste sein, denn ich sah, wie unsere linke Flanke, die von Paramessu geführt wurde, mehr und mehr nachgab. Wohin sollte ich sie also schicken? Zu Ammunira, um die rechte Flanke, die uns bedrohlich näher rückte, zu stützen, oder zu Paramessu, damit er nicht eingeschlossen wurde? Ich entschied mich für Paramessu. Fünfundzwanzig Streitwagen rasten wenig später hinab und griffen den äußeren Flügel der Hethiter an, was Paramessu sichtlich entlastete.
    Amenemhet zeigte nach rechts. Ein kleiner Fußtrupp von acht oder zehn Hethitern lief wild schreiend und mit erhobenen Lanzen auf uns zu. Es mussten Wahnsinnige gewesen sein, denn noch war Pharao von hundertfünfzig seiner besten Soldaten umgeben. Ich sah genau, dass sie nur Lanzen und Schwerter mit sich führten.
    «Tretet zur Seite!», befahl ich den Soldaten vor uns. Da sie nicht gleich wussten, was mein Befehl zu bedeuten hatte, rief ich noch einmal laut: «Tretet zur Seite!» Sie öffneten die Front vor uns.
    Dann zeigte ich auf die Hethiter, die nur noch hundert Ellen entfernt waren, und sagte zu Tutanchamun: «Jetzt erweise dich als Krieger!»
    Kaum dass ich das gesagt hatte, war sein Bogen schon im Anschlag und die Sehne aufs Äußerste gespannt.
    «Nun schieß schon!», drängte ich ihn. Ich sah, wie seine Lippenbebten, wie seine Hände unruhig wurden und seine Augenlider angespannt auf und nieder gingen.
    «Schieß!», wiederholte ich noch einmal und hob die Hand zum Zeichen für die anderen, sich fertig zu machen. Fünfzig Bögen gingen gleichzeitig in Anschlag.
    Jetzt schloss Tutanchamun die Augen und ließ die Sehne los. Sein Pfeil sauste talwärts und traf den ersten Hethiter in dessen linke Seite. Ich senkte die Hand, und unsere Bogenschützen mähten den Rest der Angreifer mit fünfzig Pfeilen nieder. Erst jetzt öffnete Nassib wieder die Augen. Der Hethiter, den er getroffen hatte, kniete weniger als vierzig Ellen vor uns inmitten seiner gefallenen Kameraden, hielt die linke Hand an die Wunde und sah mit schmerzverzerrtem Gesicht zu uns herauf. Seine Rechte umfasste noch immer seine Lanze. Noch einmal erhob ich die Hand und wandte mich an Tutanchamun. «Er ist noch nicht am Ende. Noch ist er eine Gefahr für dich. Schieß noch einmal!» Mit zittriger Hand griff er nach einem Pfeil und setzte ihn an die Sehne.
    «Ziele auf seinen Hals!», zischte ich ihm ungeduldig zu, denn ich wollte, dass dem unwürdigen Treiben endlich ein Ende gemacht wurde. Aber er brachte es nicht fertig. Unentwegt

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