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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Papyrus, auf welchem alle Länder und alle Städte der Welt eingezeichnet waren. Jeder Fluss und jede Oase waren darauf zu erkennen und genau beschriftet.
    Aber jetzt wurde meine Suche noch hoffnungsloser, dennkein Punkt, den ich mir ausgesucht hatte, passte zu einem anderen. Wieder vergingen Tage und Wochen, und ich kam zu keinem Ergebnis.
    Tutanchamun begann schon, sich im Kreis seiner jungen Freunde und Berater über mich lustig zu machen.
    «Wenn Eje die gleiche Zeit aufwenden würde, um nach Gold zu graben, wäre ich längst alle Sorgen los. So aber sucht er nach Tränen, die nie vergossen wurden, bis er eines Tages selbst noch in Tränen ausbricht!», rief er eines Abends laut in die Runde, die ohne Rücksicht auf mein Alter und meine Person in schallendes Gelächter ausbrach. Er merkte gar nicht, wie sehr er mich damit verletzte. So kam es, dass ich mehr und mehr schwieg, wenn ich unter ihnen sein musste.
     
    Acht Monate waren seit der Vermählung Pharaos vergangen, da ging es wie ein Lauffeuer durch den Palast von Men-nefer, dass Meritre ein Kind erwartete. Tutanchamun wurde dadurch etwas ernster, und ich spürte, wie er jetzt, wo es nur um die Familie ging, wieder meine Nähe suchte. Alle gaben sich die größte Mühe, Meritre das Leben so angenehm wie nur möglich zu gestalten. Tutanchamun führte sie durch den Palastgarten, und es verging kaum ein Abend, den er nicht mit ihr allein verbrachte. Pfeil und Bogen standen achtlos in der Ecke. Ich zweifelte schon daran, ob er jemals wieder zur Jagd gehen würde.
    Aber das Schicksal machte auch vor Tutanchamun nicht Halt. Gnadenlos fällt es über den her, den es sich ausgesucht hat, ob Sklave, Bauer, Wesir oder Pharao. Es war im siebenten Monat der Schwangerschaft, als Meritre ihr Kind verlor. Es herrschte helle Aufregung im Palast, denn niemand hatte damit gerechnet, und bis Hebammen und Ärzte herbeigeeilt waren, wäre Meritre beinahe gestorben. Es gelang ihnen aber, das tote Kind – es war ein Mädchen – aus dem Leib Meritres zu entfernen und das Leben der Mutter zu retten.
    Das Unglück rief bei Tutanchamun eine tiefe Veränderung hervor. Nicht etwa, dass er sich liebevoll um Meritre sorgte, dasser bei ihr blieb und sie tröstete. Zu dem Leid, das ihr widerfahren war, trat jetzt die Ablehnung ihres Gemahls hinzu. Er hatte es ihr gegenüber nicht offen ausgesprochen, aber er ließ es sie spüren, wo er nur konnte. Kaum ein freundliches Wort, keine Liebkosung, kein Kuss. Stattdessen trank er mit seinen Freunden bis tief in die Nacht, vernachlässigte seine Amtsgeschäfte, und niemand war davor sicher, ungerecht behandelt zu werden. Er entdeckte seine Liebe zu einigen Mädchen im königlichen Frauenpalast, und mir ging er aus dem Weg, wo er nur konnte. Ich war nahe daran, Haremhab um Hilfe zu bitten. Doch ich ließ es. Ich unterließ es aber nicht aus Feigheit oder aus Bequemlichkeit, sondern weil ich mir sicher war, dass er wieder zu sich kommen würde. Er befand sich erkennbar in jenem Alter, in dem jeder laut geäußerte Zweifel an der Richtigkeit seines Tuns zum offenen Bruch führen konnte. Er musste selbst erkennen, dass er Unrecht tat.
    Der winzige Körper der Totgeburt wurde in aller Stille von den Balsamierern für die Ewigkeit vorbereitet und im Tal der Ewigkeit bestattet.
    Tutanchamuns ablehnende Haltung mir gegenüber und sein abstoßendes Benehmen trieben mich noch mehr hinaus nach On, damit ich mich dort zwischen Bergen von Karten vergrub und das suchte, von dem ich selbst nicht mehr glaubte, dass ich es je finden würde.
     
    «So werdet Ihr nie zum Ziel gelangen», urteilte Sethi und legte seine Stirn in Falten.
    «Wie stellt Ihr Euch denn vor, dass ich ans Ziel gelangen kann? Oder wisst Ihr etwa mehr, als Ihr zugeben wollt?», fragte ich ihn gereizt, denn ich hatte schon länger mit dem Gedanken gespielt, mein ganzes Vorhaben aufzugeben.
    «Lasst doch die Sterne wirklich über dem Land leuchten», gab Sethi mir zur Antwort.
    «Ich verstehe nicht, was Ihr meint.»
    Wortlos nahm Sethi die Sternenkarte, griff nach einem kleinenMesser und schnitt aus den Figuren überall dort, wo die Sterne eingezeichnet waren, kleine Kreise heraus.
    «Bringt mir zwei Lampen und sorgt dann dafür, dass es in diesem Raum vollkommen dunkel ist», befahl er einem der jungen Priester. Sie taten, wie er gesagt hatte.
    «Du hältst die Karte eine Elle über den Tisch, wobei die Figuren nach unten zeigen müssen. Und du», sagte er zu dem anderen, «hältst beide

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