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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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zu schaffen, wie sie über Jahrtausende geherrscht hatte. Vielmehr vermengten sie das Althergebrachte, das besonders aus den Reihen der Priesterschaft gefordert wurde, mit den Errungenschaften aus der Zeit Echnatons und seines Bildhauers Thutmosis. All das Entstellende und Fratzenhafte ließen sie weg, sodass ganz natürliche Abbildungen blieben, die doch Pharao in all seiner Würde darstellten. Am vollkommensten war ihnen das am Thron ihres Herrschers gelungen: Auf der Rückenlehne waren Tutanchamun und Anchesenamun abgebildet. Pharao trug die prächtige Atef-Krone und saß auf seinem Thron. Der rechte Arm lag angewinkelt auf der Rückenlehne seines Throns und der linke ausgestreckt über seinem Bein. Anchesenamun stand ihm gegenüber und beugte sich etwas nach vorn, um die Schulter ihres königlichen Gemahls mit Öl einzureiben. Über beiden prangte der Strahlenaton, und seine Arme hielten das Lebenszeichen vor das Gesichtvon König und Königin, als hätte es die Abkehr vom Glauben Echnatons nie gegeben. Diese Art von Darstellung hatte es nur bei Echnaton und Nofretete gegeben: Das Königspaar wurde für jedermann in einem Augenblick dargestellt, den man sich persönlicher kaum vorstellen kann. Pharao nicht förmlich und steif, sondern unhöfisch. Als wäre er sich sicher, nicht beobachtet zu werden, legt er seinen Arm über die Lehne seines Throns. Vorsichtig und zärtlich, wie die Königin die Schulter ihres Gemahls mit den Fingern berührt, um ihn zu salben. Liebevoll der Blick der beiden. Und wer genau hinsehen durfte, dem entging nicht, dass die Große königliche Gemahlin in Wirklichkeit die Gesichtszüge Meritres trug.
    Aber der Thron war noch zu einer Zeit angefertigt worden, als Meritre das Ein und Alles Tutanchamuns war. Als er sie liebkoste und verliebt in seinen Armen hielt. Als sie abends durch den Garten gingen und sich ohne Scheu vor Beobachtern küssten und Liebesschwüre austauschten, um sich bald darauf in ihre Gemächer zurückzuziehen. Doch das gehörte der Vergangenheit an.
     
    Er fuhr mich barsch an, wenn ich ihn bat, nicht so unmäßig zu trinken, und noch wütender wurde er, wenn ich ihn auf Meritre ansprach.
    «Kannst du mich nicht einfach mit deinen Belehrungen in Ruhe lassen? Ich bin es leid, mir von dir sagen zu lassen, wann ich Wein trinken darf und wie viel. Ich bin es leid, mir von dir vorschreiben zu lassen, welche Frau ich lieben darf und welche nicht. Ich glaube nicht, dass du das mit meinem Vater und mit meinem Großvater auch gemacht hast», herrschte er mich an, als ich ihn vor dem großen Fest bat, sich nicht wieder vor aller Augen zu betrinken und Meritre nicht zu übergehen.
    «Ich mache dir keine Vorschriften, Nassib», entgegnete ich ihm, doch ehe ich weiterreden konnte, schrie er mich an: «Nenne mich nie mehr wieder Nassib! Hörst du? Nie wieder! Ich bin kein kleiner Junge mehr.» Dann ließ er mich stehen.
     
    Ich saß schweigend und nachdenklich am Tisch Pharaos, als die Tänzerinnen zum Klang zauberhafter Musik durch den Saal schwebten, als getrunken und gescherzt wurde, als Tutanchamun von seinen Liebschaften im Frauenpalast erzählte, ohne auf Meritre, der wieder Tränen in den Augen standen, Rücksicht zu nehmen. Er hob die vielen Geschenke hervor, die man ihm an diesem Tag gemacht hatte, und prahlte damit, dass wohl kaum ein Herrscher vor ihm über so viel Reichtum verfügt hatte wie er.
    «Was habt eigentlich Ihr Eurem Herrscher zum Geschenk gemacht, Gottesvater Eje?», fragte mich Haremhab laut, dass es alle um uns herum hören konnten.
    «Ich habe bislang noch keine passende Gelegenheit gefunden, meinen Herrscher zu beschenken», antwortete ich ihm. Tutanchamun tat so, als würde er uns nicht zuhören, und küsste stattdessen den Hals eines Mädchens aus dem Frauenpalast, das auf seinem Schoß saß.
    «Ist jetzt Gelegenheit dazu, Majestät?», fragte der General laut in die Runde. Ohne von dem Mädchen abzulassen, sagte Tutanchamun: «Hat Eje jemals gefragt, ob er etwas darf oder nicht?»
    Alle um ihn herum lachten laut auf.
    «Nun sagt schon, Eje. Was ist es denn, womit Ihr Euren Herrscher diesmal überrascht?», ließ der General nicht locker.
    «Ein Senetspiel», spottete Pharao und strich mit seinem Daumen mehrmals über die Brust des Mädchens, bis sich seine winzige Brustwarze aufstellte und nach mehr verlangte.
    «Ich weiß, was es ist!», rief einer der jungen Emporkömmlinge. «Ich weiß es!»
    «Dann sag es uns schon, Ramessu. Eje hat es offenbar

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