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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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gewesen, wäre er ohne großes Aufsehen erschienen. Nicht nur die Bewohner Achet-Atons, seine Priester und Beamten sollten sehen, welch mächtiger Mann mit Haremhab in die Stadt Atons kam; sein beeindruckender Auftritt galt zu einem großen Teil gewiss auch mir.
    Zwei schlanke Kriegsschiffe, getrieben jeweils von sechzig Ruderern, bildeten die Vorhut. Um nicht an Fahrt zu verlieren, zogen sie im Norden der Stadt, dort, wo der Fluss eine lang gezogene Biegung macht, eng am westlichen Ufer des Nils vorbei, bedrohlich eng, da hier in Ufernähe mancher Fels aus dem Flussbett ragte und wie jetzt, zur Zeit der Überschwemmung, da die Fluten des Nils sie unsichtbar machten, eine tödliche Gefahr sein konnten. Doch den Schiffen geschah nichts, und während sie bereits in den Hafen einliefen, tauchte auch schon die Barke des Generals auf. Der Nordwind blähte ihr blütenweißes Segel auf, und obwohl sie an Geschwindigkeit den beiden anderen Schiffen nicht nachstand, wirkte die Barke Haremhabs allein wegen ihrer Größe behäbiger. Die Landung seiner Soldaten war eine einzige Zurschaustellung ihres militärischen Drills und sollte beweisen, dass Ägypten auch zu Zeiten eines dauerhaften, wenn auch zweifelhaften Friedens jederzeit kampfbereit war. In atemberaubender Geschwindigkeit sprang Mann für Mann von Bord, nahmen die Soldaten Schulter an Schulter und nach ihrer Größe geordnet auf der Hafenmauer Aufstellung, nahmen militärische Haltung an und richteten ihre ernsten Blicke unverwandt dorthin, von wo sie das Kommen ihres Anführers erwarteten. Dann fuhr auch schon das Schiff Haremhabs in den Hafen ein, und genau in dem Augenblick, als auf ein kurzes Kommando hin das Segel niedersank, tauchten sechzig Ruderblätter scharf wie Schwerter tief in das Wasser ein, um das Schiff in kürzester Zeit dort, wo es beabsichtigt war, zum Stehen zu bringen. Seit jeher beherrschten das in dieser Genauigkeit nur ägyptische Seefahrer, und Mal für Mal war ihr Stolz über dieses Können nicht zu übersehen.
    Wie es Soldaten gewohnt sind, schlug der General zur Begrüßung mit der rechten Faust gegen seine Brust, dann legte er beide Arme eng an den Gürtel und begrüßte mich mit einer tiefen Verbeugung.
    «Der Tod Eurer Schwester, unserer großen Königin Teje, hat mich tief getroffen, Gottesvater Eje», sagte er so laut, dass esjeder hören konnte. «Es ist mir ein ehrliches Anliegen, hier zu sein, um von ihr Abschied zu nehmen.»
    «Ich danke Euch, General», antwortete ich nur knapp, denn ich nahm ihm ab, was er gesagt hatte, und war wegen seiner Worte nicht nur überrascht, sondern sogar ein wenig gerührt.
    «Euer Kommen zeigt nicht nur, wie sehr Ihr meine Schwester verehrt habt, sondern auch, wie sehr Ihr dem Thron Ägyptens verbunden seid. Man wird es Euch nicht vergessen», fügte ich hinzu, und es beschlich mich ein schlechtes Gewissen, dass ich nach dem Tod Echnatons für eine allzu baldige Abkommandierung Haremhabs nach Men-nefer gesorgt hatte.
    «Sind schon andere Würdenträger in Achet-Aton eingetroffen, um von der Großen königlichen Gemahlin Nimurias Abschied zu nehmen?»
    Welch Ehrgeizling er doch war! Aber ich ließ ihm seine Freude und sagte: «Nein, General, so schnell wie Ihr ist niemand zur Stelle, wenn es darum geht, dem Thron Ägyptens zur Seite zu stehen. Umso mehr wäre es eine Ehre für mein Haus, wenn Ihr mich in meinen Palast begleiten würdet, um mein Gast zu sein. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir einiges zu besprechen haben.»
    Ich wollte ihn nicht im Unklaren darüber lassen, dass ich mich nach wie vor für denjenigen hielt, der die Geschicke der Beiden Länder entscheidend in den Händen hielt, auch wenn er vielleicht die wahren Verhältnisse kannte und mich für anmaßend gehalten haben mochte. Und es war mir wichtig, dass ich der Erste war, mit dem er sprach und der somit alle Neuigkeiten aus Unterägypten erfuhr.
    So übertrug er das Kommando über die Schiffe und ihre Besatzungen auf seinen ersten Offizier, bestieg den für ihn bereitstehenden Streitwagen und begleitete mich in meinen Palast.
    Vielleicht wirklich mehr aus ehrlichem Interesse als nur aus Anstand erkundigte er sich nach den letzten Tagen und Stunden meiner Schwester, nachdem er Kopftuch, Gürtel und Schwert abgelegt hatte und wir auf meiner Terrasse standen. Wie stets warer aufs Äußerste gepflegt: Sein fein gekräuseltes Haar war kurz geschnitten, die Augenbrauen gestutzt, sodass nicht ein einziges Härchen unansehnlich

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