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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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trug.
    «Ich möchte neugierige Blicke vermeiden», sagte ich zu dem Kommandanten, der meinen Wunsch mit Unmut zur Kenntnis genommen hatte. Seine Matrosen hatten alle Mühe, die Einzelteile der Sänfte hervorzuholen und sie dann während der größten Mittagshitze zusammenzubauen.
    «Morgen früh nach Sonnenaufgang werden wir wieder zurück sein. Sorgt dafür, dass wir gleich nach unserem Eintreffen ablegen können.»
    Wohin wir aufbrachen, sagte ich ihm nicht.
    «Ich war fünfzehn Jahre alt, als ich zum ersten Mal Achmim besuchte», begann ich zu erzählen, während wir durch die Stadt getragen wurden. In der geschlossenen Sänfte war es unerträglich heiß. Aber ich hatte das in Kauf genommen, denn ich wollte nicht, dass uns jemand sah oder gar erkannte. Nur Ipu ging unmittelbar neben mir her, damit ich ihm ab und zu den Weg weisen konnte.
    «Es war auf der Fahrt nach Waset zur Krönung deines Großvaters Amenophis. Mein Vater Juja hatte ihn gebeten, seinen Schwager Baki besuchen zu dürfen, und Ameni beschloss kurzerhand, sich dem Besuch anzuschließen. Das war eine Aufregung im Haus meiner Verwandten! Ameni fand Gefallen an Bakis Sohn Anen und machte ihn zum Priester in Waset. So schnell kann das Leben einen neuen Weg einschlagen, Nassib.» Dass mein Vetter Anen wie Echnaton sein Leben am Fuße eines Torturms beendet hatte, erwähnte ich nicht.
    «Und wer lebt heute hier?», wollte Nassib wissen.
    «Anen hatte einen jüngeren Bruder. Wie so viele in Achmim hieß auch er Nacht-Min. Denn du musst wissen, dass früher der Hauptgott dieser Stadt Min war. Der Sohn Nacht-Mins wiederum heißt Baki, wie sein Großvater. Er müsste etwa vierzig Jahre alt sein. Er hat aber keine Ahnung von unserem Besuch, und wer weiß, ob wir ihn überhaupt antreffen werden.»
    Am Gartentor des Anwesens wurden wir erwartungsgemäß von einem Diener angehalten.
    «Gottesvater Eje», und dabei zeigte Ipu auf die Sänfte, «möchte deinen Herrn Baki, seinen Vetter, besuchen. Melde dies deinem Herrn oder seinem Schreiber!»
    Der Diener huschte davon, und schon bald darauf hörte ich ein Gewirr unterschiedlicher Stimmen, die aber allesamt freudig überrascht klangen. Deswegen verließ ich sogleich die Sänfte, bat aber Nassib, noch Platz zu behalten.
    «Baki!», rief ich erfreut und tat so, als hätte ich ihn erst vor wenigen Tagen in bester Freundschaft verlassen. Auch er gab sich Mühe, mich herzlich zu begrüßen, und wies uns den Weg in sein Haus. Als wir die Säulenhalle vor dessen Eingang erreicht hatten, sagte ich zu ihm: «Ich bin nicht allein gekommen. Ich habe hohen Besuch mitgebracht. Ich muss dich aber von Anfang an darum bitten, vollkommenes Stillschweigen darüber zu bewahren. Die Gründe dafür werde ich dir noch erklären.»
    Baki sah mich verwundert an, und seine Verwunderung schien so groß, dass er kein Wort herausbrachte.
    «Steig bitte aus, Nassib!», sagte ich leise. Schon ging der dünne Vorhang zur Seite, Tutanchaton stieg aus und stellte sich etwas verunsichert dicht an meine Seite.
    «Wer ist Nassib?», fragte mich jetzt Baki und verneigte sich kaum wahrnehmbar vor dem Knaben. Ich überging die Frage meines Vetters, denn der Rang meines Schützlings gebot es, dass es zuerst Baki war, der dem Prinzen vorgestellt wurde.
    «Mein Prinz», sagte ich leise, «das ist mein Vetter Baki.» Jetzt war es Tutanchaton, der seinen Kopf etwas senkte. Und an Baki gewandt, fuhr ich fort: «Baki, das ist Prinz Tutanchaton, der Sohn unseres verstorbenen Königs Echnaton.»
    Mein Vetter hatte wohl mit allem gerechnet, nur nicht damit, dass der Sohn des Guten Gottes eines Tages vor ihm stehen würde. Sogleich warf er sich zu Boden, verbarg seinen Kopf zwischen den Händen und blieb regungslos liegen. Das war natürlich zu viel der Ehre für Tutanchaton, denn ein Ägypter musste sich nur vor Pharao selbst in den Staub werfen. Aber die Menschen auf dem Lande waren in solchen Dingen unerfahren und gingen deshalb lieber dreimal zu oft zu Boden als einmal zu wenig. Nassib machte diese Erfahrung nicht zum ersten Mal, weswegen er sich gleich nach vorn beugte, mit der Rechten nach Bakis Arm griff und sagte: «Steh auf, Baki. Das ist nicht nötig!»
    Baki sah mich ungläubig an, doch ich sagte nur: «Ich bitte dich nochmals: Rede mit keinem Menschen darüber, wer er ist. Nenne ihn wie ich einfach nur Nassib! Versprichst du mir das?»
    Baki nickte und bat uns in seinen Garten. Die drei Enkelkinder meines Vetters waren etwas jünger als Nassib, und

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