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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Anhieb unterscheiden zu können», stellte ich zufrieden fest. «Dreht euch einmal um», bat ich die beiden, denn ich wollte sehen, ob sie auch von hinten kaum zu unterscheiden waren.
    «Die Kopfform und der Haarschnitt sind sehr ähnlich. Nassib ist etwas muskulöser als Sessu, aber das fällt kaum auf.»
    Doch was ich jetzt feststellte, ließ mich plötzlich und nachhaltig verstummen: Tutanchaton hatte an der Stelle, wo das untere Ende der Wirbelsäule in das Lendentuch verschwand und die sonst der Rand des Schurzes oder ein Gürtel verdeckte, ein etwa erbsengroßes Muttermal. Dasselbe Muttermal an derselben Stelle, wo ich eines hatte! Das konnte einfach kein Zufall sein. Viele Menschen, fast alle Menschen, haben an den unterschiedlichsten Stellen des Körpers Muttermale. Aber warum musste Tutanchaton genau dort ein Muttermal haben, wo auch ich eines hatte? So lange schon hatten mich keine Zweifel mehr gequält, ob er mein Sohn war oder nicht. Seine Vorliebe für Waffen, seine Leidenschaft für die Jagd hatten mir immer wieder gesagt, dass er diese Eigenschaften nur über Echnaton von seinem Großvater Amenophis geerbt haben konnte. Jetzt war das alles durch ein erbsengroßes Muttermal wieder in Frage gestellt worden.
    «Was ist mit dir, Eje?», fragte mich Baki besorgt und sah dann selbst auf Tutanchaton, weil ihm meine gebannten Blicke auf dessen Rücken nicht entgangen waren.
    «Es ist nichts», wehrte ich ab. «Ich war nur etwas abwesend und dachte schon an morgen. Verzeih mir!»
    «Dreht euch wieder um!», rief Baki den Kindern zu.
    «Nassib und Sessu bleiben noch einen Augenblick bei Eje und mir, die anderen können wieder gehen.»
    Tutanchaton und Sessu sahen sich an und hoben beide unwissend die Schultern, während die anderen wieder davonliefen.
    «Komm zu mir», sagte ich zu Tutanchaton und ergriff seine Hände. «Du wirst für vier oder fünf Tage bei Baki in Achmim bleiben, bis ich wieder aus Waset zurückkomme und dich hier abhole. Du musst dir keine Sorgen machen. Weder um dich noch um mich. Baki hat mir versprochen, dass er dir hier alles zeigt, und eins, zwei, drei – bin ich wieder hier.» Nassib nahm es widerspruchslos hin. Dann wandte ich mich Sessu zu: «Und du, mein kleiner Freund, hast du schon einmal eine Schiffsreise gemacht?»
    «Nein, Herr», antwortete Sessu verängstigt.
    «Würdest du denn gern einmal auf einem Schiff fahren? Sagen wir: bis Waset?»
    Sessu nickte eifrig.
    «Dann darfst du unter einer Bedingung mit mir kommen: Du sagst nicht mehr Herr zu mir, sondern nur noch Eje! Einverstanden?»
    «Ja, Eje», lachte mich der Junge an.
     
    Es war für Tutanchaton nicht einfach zu begreifen, was hier geschah. Deswegen ging ich anschließend mit ihm in Bakis Garten, um mit ihm allein zu reden.
    «Wirst du wieder zurückkommen?», fragte mich Nassib ohne Umschweife, und an seinen Worten hörte ich die Angst heraus, allein gelassen zu werden.
    «Selbstverständlich komme ich wieder zurück. Was sollte mir schon geschehen? Einem alten Mann wie mir fügt keiner ein Leid zu. Das ist so. Glaube mir!» Ich legte meinen Arm um seine Schulter und drückte ihn ein wenig an mich. Er sah zu mir herauf und sagte: «Und warum muss ich dann hier zurückbleiben, wenn es nicht gefährlich ist, nach Waset zu fahren?»
    «Das will ich dir sagen: Dir hat Nofretete verboten, Achet-Aton zu verlassen, mir nicht. Sie wird erst gar nicht erfahren,dass du Achet-Aton überhaupt verlassen hast und dass du in Achmim bist.»
    «Aber warum nimmst du dann Sessu mit nach Waset?»
    «Weil ich wissen will, wie sich Nofretete verhält. Denn sie wird meinen, dass du es bist, der mich begleitet.»
    «Und wenn sie Sessu etwas antut?»
    Nassib hatte genau begriffen, worum es ging und wie die Reise für Sessu enden konnte. Ich bekam ein schlechtes Gewissen und stand kurz vor dem Entschluss, die Fahrt allein fortzusetzen. Aber ich wollte es einfach wissen. Ich wollte wissen, wie weit zu gehen meine Tochter wirklich bereit war. Dafür setzte ich sogar das Leben des kleinen Sessu aufs Spiel, dessen war ich mir durchaus bewusst. Aber ich beschloss jetzt, ihn nicht mit in den Palast zu nehmen. So weit wollte ich doch nicht gehen.
    «Es wird ihm nichts geschehen, Nassib. Sie wird ihn gar nicht zu sehen bekommen, weil er das Schiff gar nicht verlassen wird. Ich werde ihn unter strenger Bewachung dort zurücklassen. Ich verspreche es dir. Einverstanden?»
    Tutanchaton nickte. Es war gut so, und ich hatte damit auch mein eigenes

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