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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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würde sie wohl kaum Hand anlegen lassen. Doch was geschah mit Tutanchaton, während ich nach Waset fuhr? Konnte ich ihn hier zurücklassen? Konnte ich Nofretetes Befehl zuwiderhandeln, dass der Knabe die Stadt seines Vaters niemals verlassen durfte? War er hier ohne mich sicher, sicher vor ihren Schergen, die sich bislang versteckt hielten, war er auch sicher vor Haremhab? Ja, konnte ich Haremhab trauen? Was wäre, wenn er in meiner Abwesenheit Tutanchaton ermorden ließ, mir dann selbst mit seiner Streitmacht nach Waset folgte, um dort Nofretete, ihre Töchter und mich zu beseitigen? Die gesamte königliche Familie wäre ausgelöscht, und er, der dann zweifellos mächtigste Mann Ägyptens, hatte ganz allein ungehindert Zugriff auf die Krone der Beiden Länder!
    «Ihr wisst, dass ich ein bedingungsloser Diener der Maat bin und mich immer der Krone der Beiden Länder verpflichtet fühle, gleich, wer sie trägt», hatte er vor wenigen Stunden zu mir gesagt. Er war General, und ich musste einfach darauf vertrauen, dass er ein Ehrenmann war, ein Mann, der ein gegebenes Wort hält. Aber ich war mir darüber im Klaren, dass ich Vorkehrungen treffen musste, um das Leben Tutanchatons zu schützen. Tutanchaton brauchte mich, um zu überleben, und ich brauchte Tutanchaton, um nicht in völlige Bedeutungslosigkeit zu versinken.
    Noch in dieser Nacht stand für mich fest, was ich zu tun hatte.
     
    «Gottesvater Eje in einer Kaserne Ihrer Majestät», sagte Haremhab zur Begrüßung, als ich sein Amtszimmer betrat. «Das ist gewiss ein eher seltener Anblick!»
    «Täuscht Euch nicht, General! Ich führe noch immer den Titel ‹Anführer der Streitwagentruppe Ihrer Majestät›. Das scheint Ihr vergessen zu haben. Und ich lege großen Wert darauf, dass ich es auch bleibe. Die Zeiten könnten sich schließlich ändern.»
    «Heißt das, Ihr macht mir Hoffnung?» Seine Augen jagten wieder aufgeregt nach oben, und seine Augenlider flatterten wie kleine Fähnchen.
    «Wenn Ihr mit Prinz Tutanchaton Strauße jagen wollt, müsst Ihr Euch in der Tat beeilen. Ich beabsichtige, Achet-Aton morgen früh in Richtung Süden zu verlassen.»
    Er sah mich erstaunt an, denn er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass ich mich so schnell entscheiden würde.
    «Aber Ihr werdet doch dem Prinzen nicht die anstrengende Reise zumuten wollen, Gottesvater Eje», wandte er ein. Jetzt musste die erste Hürde meines Vorhabens genommen werden. Wenn Haremhab wusste, dass Nofretete Tutanchaton verboten hatte, die Stadt zu verlassen, konnte ich mich verdächtig machen. Denn beharrte ich trotz des Verbotes darauf, den Jungen mitzunehmen, konnte er mir vorwerfen, ich würde das Leben des Knaben unnötig aufs Spiel setzten. Kannte er das Verbot, erhob aber keine Einwände, dann durfte ich ihm ohnehin nicht mehr trauen. Ich ging aufs Ganze.
    «Der Prinz hat Waset noch nie gesehen, und ich will ihm die Gelegenheit nicht verwehren, den Palast der goldenen Sonne zu sehen und den Totentempel seines Großvaters zu besuchen – vorausgesetzt, wir werden nicht vorzeitig hinausgeworfen.»
    Er erwähnte mit keinem Wort das Verbot Nofretetes, und um zu verhindern, dass er vielleicht doch noch darauf zu sprechen kam, plapperte ich ohne Unterlass belanglose Dinge, bis ich sein Zimmer wieder verließ. Zuletzt bat er mich um Verständnis, dass er an diesem Tag mit dem Prinzen nicht mehr zur Jagd ausfahren könnte, weil er sich bereits mit Merire, dem Ersten Sehenden des Aton, verabredet hatte. Mir war es recht so.
    «Wann kann ich mit Eurer Rückkehr rechnen, Gottesvater Eje?», fragte mich Haremhab, als wir früh am Morgen des nächsten Tages am Hafen standen und gemeinsam darauf warteten, bis unser Gepäck an Bord gebracht und verstaut war. Auf keinen Fall wollte ich ihm sagen, wo und wie lange ich auf unserer Fahrt nach Süden anhalten und verweilen wollte. Niemand,aber auch wirklich niemand, sollte meinen Reiseplan kennen. Nicht einmal Nassib hatte ich Einzelheiten davon gesagt, damit er es nicht unbedacht weitererzählen konnte.
    «Ich will es möglichst schnell hinter mich bringen; deswegen werde ich auf der Fahrt nach Süden nur dort anhalten lassen, wo wir die Nacht verbringen. Auch die Heimfahrt soll zügig geschehen, damit ich ausreichend Zeit habe, mich auf die Beisetzung meiner Schwester vorzubereiten. In zwölf Tagen will ich wieder hier sein.» Die Antwort schien ihm zu genügen.
    Nassib war umringt von meinen Schreibern und Dienern, allen voran Ipu, als er zum Schiff

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