Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
Vom Netzwerk:
Schreiber zubrachte, um so viele Dinge wie möglich in die Wege zu leiten. Er bekam Anweisungen, wie mit dem Vieh zu verfahren war, wann und wie die Felder zu bestellen waren und was mit der Ernte zu geschehen hatte. Zuletzt ging ich zu jener Truhe, in der ich die Dinge verwahrte, die mir am meisten am Herzen lagen. Ich öffnete sie und entnahm ihr einen aus Ton gebrannten, faustgroßen Heiligen Käfer.
    «Es lebe Horus, Starker Stier, erschienen in Wahrheit, der die Gesetze festigt und die Beiden Länder beruhigt, groß an Kraft, der die Asiaten schlägt, König von Ober- und Unterägypten, Herr der Beiden Länder, Neb-maat-Re, Sohn des Re, Amenophis, Herrscher von Waset, dem Leben gegeben ist. Die Große königliche Gemahlin Teje, sie lebe. Der Name ihres Vaters ist Juja, der Name ihrer Mutter ist Tuja: Sie ist die Gemahlin des starken Königs, dessen südliche Grenze bis Karai reicht, dessen nördliche bis Mitanni.»
    Mein Schreiber sah mich verständnislos an.
    «Das ist einer der Gedenkkäfer, die mein Vater zur Hochzeit von Osiris Amenophis Neb-maat-Re anfertigen ließ. Du wirst diesen Käfer morgen Maja bringen, dem Schreiber unseres verstorbenen Herrschers Echnaton, damit er ihn an meiner Stelle in das Grab meiner Schwester Teje legt.» Dann wickelte ich den Käfer sorgfältig in ein Stück Tuch und übergab ihn meinem Schreiber.
    Die Vorstellung, meine Schwester nicht zu ihrer letzten Ruhestätte begleiten zu können, war mir unerträglich. Aber ich redete mir ein, dass es nicht nur ihr Wunsch, sondern ihr ausdrücklicherBefehl gewesen wäre, der Sicherheit des Prinzen den Vorzug zu geben.
    Schon früh am anderen Morgen standen zwei Eselskarren bereit. Einer war für Nassib und mich vorgesehen, der zweite für Ipu und das wenige Gepäck, das wir mit uns führten.
    Noch vor Sonnenaufgang verließen wir Achet-Aton in Richtung Norden.

SIEBEN
    Wenn man den entdeckt, der das Recht verbirgt,
    dann wird das Unrecht zu Boden geworfen.
    Baue nicht auf das Morgen, bevor es gekommen ist –
    man kann nicht wissen, was es an Unheil bringt.
     
    Z um ersten Mal in meinem Leben musste ich fliehen, weil ich um das Leben eines geliebten Menschen und um mein eigenes Leben fürchtete. Ich hatte mir deswegen auch noch nie zuvor Gedanken darüber gemacht, was man auf einer Flucht zu beachten hatte. Für mich war es zunächst das Wichtigste, unerkannt zu bleiben. Die Eselskarren waren uns dabei sehr hilfreich, auch wenn wir auf ihnen nur sehr langsam vorwärts kamen. Ich mied den Hafen von Achet-Aton ebenso wie die Stadt Chmenu weiter nördlich am Westufer des Nils. Deswegen zogen wir vier Tagesreisen am Ostufer entlang nach Norden, um erst dort auf das Westufer überzusetzen, wo die kleine Stadt Idmu lag. Wo man uns fragte, gab ich mich als Gewürzhändler aus, der mit seinem Enkel und einem Diener auf dem Weg nach Men-nefer unterwegs war.
    Sosehr sich auch unsere Reise nach Norden über Tage und Wochen hinzog, ich wusste dennoch nicht, wo sie enden würde. Regelmäßig wechselte ich das Flussufer von West nach Ost und von Ost nach West, um unsere Spuren so gut es nur ging zu verwischen. Nach mehr als zwölfwöchiger Fahrt gelangten wir in die Oase Fajum. Bis dahin hatte ich mir Tag für Tag den Kopfzermartert, ob ich es wirklich wagen konnte, mit Tutanchaton nach Babylon zu fliehen, denn eine Rückkehr von dort war zumindest so lange undenkbar, wie meine Tochter über die Beiden Länder herrschte.
    Seit den Tagen meiner Jugend waren mir die Oase und die Palaststadt von Merwer vertraut gewesen, ich kannte dort Menschen, die ich schätzte und von denen ich glaubte, dass sie uns nicht verraten würden.
    Einer von ihnen war Paheri, der oberste Verwalter der Palastgüter. Ich kannte ihn seit über vierzig Jahren. Als ich nach dem Tod meiner geliebten Merit in die Oase gekommen war, um zu mir zu finden und um hier ein neues Leben zu beginnen, diente Paheri unter Sobekhotep, dem Bürgermeister und Aufseher des Königspalastes, als Schreiber.
    «Sobekhotep», sagte ich fröhlich zu Nassib, als sich unsere Eselskarren endlich dem Palmenwald der Oase näherten, «war ein sehr weiser Mann. Er war dürr, ja ausgemergelt wie einer, den man seit Tagen ohne Nahrung in der Wüste zurückgelassen hatte. Seine Hände waren so knochig, dass man erschrak, wenn man sie zum Gruß ergriff. Und die Augen, seine Augen, Nassib, waren die eines Krokodils.»
    «Das glaube ich nicht», sagte mir Nassib, und sein ernster Blick verriet seinen Abscheu vor

Weitere Kostenlose Bücher