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Im Land des Regengottes

Im Land des Regengottes

Titel: Im Land des Regengottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Mayer
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will? Eine Frau, die ihm Vorträge hält und immer alles besser weiß?«
    Ich schnappte nach Luft und schaute Hilfe suchend zu meiner Mutter, die meinen Blick aber nicht erwiderte. »Ich bin überzeugt, dass es genügend Männer gibt, die eine kluge und gebildete Frau einem einfältigen Trampel vorziehen.« Ich war selbst überrascht darüber, wie ruhig und beherrscht meine Stimme klang. Ich habe sogar einen gefunden, der mich nehmen wird, hätte ich gerne hinzugefügt, aber das wagte ich dann doch nicht. Außerdem hatte Bertram bislang immer noch nichts von sich hören lassen.
    Freudenreich schob seinen Teller von sich und erhob sich. »Was du denkst und meinst, spielt hier keine Rolle«, sagte er kühl. »Hast du das noch nicht verstanden, Jette?«
    Nein. Aber so langsam begann ich, es zu begreifen.
     
    Das Mädchenpensionat in Stellenbosch würde für mich ein Traum bleiben. Das wusste ich nach diesem Gespräch.
    »Das ist wirklich schade«, sagte Fräulein Hülshoff, als wir uns am Nachmittag unter dem Kameldornbaum trafen. »Aber vielleicht ist es besser so.«
    »Wie bitte?« Ich starrte sie ungläubig an. »Sind Sie etwa auch der Meinung, dass ein Mädchen keine Ausbildung braucht, weil es umso begehrenswerter ist, je dümmer es ist?«
    »Diese Schule in Stellenbosch ist nicht die einzige Möglichkeit auf der Welt, sein Wissen zu erweitern. Ich habe auch keine besonders gute Schulbildung und schon gar keine Universität besucht und dennoch denke ich, dass ich mich mit vielen studierten Männern messen kann. Ich habe mich eben selbst gebildet und jede Gelegenheit genutzt, meine Kenntnisse zu vertiefen.«
    »Aber ich bin nicht so intelligent wie Sie. Ich brauche Lehrer, die mir etwas beibringen. Hier in Bethanien habe ich außer Ihnen keine Menschenseele, mit der ich mich austauschen kann. Und Sie werden mich ja nun in absehbarer Zeit auch verlassen.«
    »Sie werden andere Menschen finden, die Ihnen weiterhelfen«, versicherte mir Fräulein Hülshoff. »Glauben Sie mir, die Zertifikate und Zeugnisse, die man sich in Schulen erwirbt, werden zumeist überschätzt. Die Leute denken immer, dass einer etwas können muss, nur weil er ein Blatt Papier vorweisen kann, mit einem Stempel und einer Unterschrift darauf. Dabei lernt man die wirklich wichtigen Dinge nicht in ein paar Jahren auf der Schule, sondern sein ganzes Leben lang.«
    »Aber nicht, wenn man hier in Bethanien versauert.«
    »Ihr Stiefvater meint es bestimmt nicht böse. Und vielleicht ändert er seine Meinung ja auch noch. Man darf die Hoffnung nicht aufgeben.«
    Das war wirklich unglaublich! Freudenreich behandelte Fräulein Hülshoff wie Luft und sie verteidigte ihn sogar noch vor mir. »Warum sind Sie nur immer so großzügig und geduldig?«, fragte ich jetzt. »Verlieren Sie denn niemals Ihre Beherrschung?«
    Aber diese Frage war ihr wieder viel zu persönlich, weshalb sie rasch das Thema wechselte. »Ich muss Ihnen eins meiner Bücher über Wilhelm von Humboldt leihen«, sagte sie. »Ein großer Gelehrter, der niemals eine richtige Schule besucht hat.«
    Es war sinnlos. Fräulein Hülshoff hätte wahrscheinlich auch am Marterpfahl nichts über sich verraten. Sie war und blieb mir ein Rätsel. Obwohl ich sie nun schon mehr als drei Monate kannte und eine Vielzahl an Dingen mit ihr diskutiert hatte, wusste ich so gut wie gar nichts über sie.
    Doch dann brachte Freudenreich alles ans Licht.
     
    Anfang April teilte er Fräulein Hülshoff beim Frühstück mit, dass sie nach dem Essen in sein Studierzimmer kommen sollte.
    Nun hat er doch etwas für sie gefunden, dachte ich, und freute mich für Fräulein Hülshoff, aber gleichzeitig war ich auch traurig. Ich würde sie furchtbar vermissen, daran gab es keinen Zweifel. Auch wenn sie mir keine Freundin war wie Eva, so konnte ich doch über alle meine Fragen und Zweifel mit ihr reden.
    Susanna hatte mich zum Butterschlagen in den Kühlraum geschickt. Als ich damit fertig war, schlich ich mich an der Küche vorbei und rannte zum Kameldornbaum. Aber die windschiefe Bank, auf der Fräulein Hülshoff für gewöhnlich saß, war leer. Ob sie immer noch bei Freudenreich war? Seit dem Frühstück war jedoch eine gute Stunde vergangen, so viel gab es doch bestimmt nicht zu bereden. Ich rannte zurück ins Haus. Die Tür zu seinem Studierzimmer war geschlossen, als ich daran lauschte, hörte ich niemanden.
    Wo konnte Fräulein Hülshoff sonst stecken? Ich suchte sie im Haus, auf dem Hof, im Garten und rannte am Ende

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