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Im Land des Regengottes

Im Land des Regengottes

Titel: Im Land des Regengottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Mayer
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wie ich damals meinem Stiefvater angesehen hatte, sah Fräulein Hülshoff jetzt ihren Mann an, während sie unbehaglich an ihrer Unterlippe nagte.
    Welter runzelte die Stirn. »Ich habe genug Ärger mit den Hottentotten, die für mich arbeiten, ich brauche niemanden mehr. Meinetwegen kann sie für ein paar Nächte in der Kammer schlafen. Aber länger geht es nicht, ich betreibe schließlich kein Waisenhaus.« Daraufhin gähnte er so herzhaft, dass man sämtliche Zahnlücken und die beiden Goldzähne in seinem Mund sah. »Ich bin hundemüde. Werd mich wohl direkt ins Bett begeben. Gute Nacht, Weibchen.«
    »Ich komme gleich nach.« Wieder reichte Fräulein Hülshoff ihrem Mann die Hand, als wären sie sich gerade eben erst vorgestellt worden. »Gute Nacht, Welter. Schlaf gut.«
     
    »Er ist mitunter ein grober Klotz«, sagte sie, als wir danach auf der Veranda vor dem Haus standen und heißen Rotbuschtee schlürften. »Nehmen Sie es ihm nicht übel.«
    Über uns spannte sich der weite Sternenhimmel wie ein von Motten zerfressenes Tuch, hinter dem Licht brannte. Fräulein Hülshoff hatte mir einen ihrer Schals geliehen, den ich mir jetzt noch enger um die Schultern zog. Der Stoff roch nach Schimmel.
    »Es tut mir sehr leid für Sie«, meinte ich leise.
    »Was meinen Sie? Ich hätte es doch gar nicht besser treffen können als hier.«
    Sollte das ein Scherz sein? Der zerfallene Hof, der Schmutz und dann dieser Trampel von einem Mann, das alles war doch zu schrecklich, um wahr zu sein. Ich sah sie an, aber in der Dunkelheit war ihr Gesichtsausdruck nicht zu erkennen. Sie begegnete meinem Blick auch nicht, sondern schaute nachdenklich in den dunklen Hof.
    »Warmbad ist natürlich sehr provinziell. Es gibt nur ein einziges Geschäft, in dem man seine Besorgungen machen kann. Ganz zu schweigen von einem Museum oder einem Theater. Meine Bücher lasse ich mir aus Deutschland schicken und mit dem Treck hierherbringen. Es kostet ein Vermögen, aber in diesen Dingen ist Welter sehr großzügig. Nein, hier gibt es wirklich nichts. Das einzig Spektakuläre ist die heiße Quelle, die dem Ort den Namen gegeben hat. Die Schwarzen baden sogar darin, das sollten Sie sich wirklich einmal anschauen …«
    Sie redete noch eine ganze Weile weiter, über das Klima in Warmbad, die kalten Nächte, die Wasserknappheit und die Rinderzucht ihres Mannes. Ich ließ ihre Sätze an mir vorbeirauschen. Es hatte keinen Sinn, sie zu unterbrechen, das wusste ich aus Erfahrung. Fräulein Hülshoff sprach nicht gerne über sich selbst, daran hatte sich nach ihrer Heirat bestimmt nichts geändert. Aber irgendwann versiegte ihr Redefluss doch. Eine Weile lang schwiegen wir beide. Dann räusperte sie sich betreten.
    »Wissen Sie, die letzten Monate waren nicht eben einfach für mich«, begann sie dann. »Als ich in Swakopmund den Brief von Herrn von Schneck erhielt, mit seiner Absage, da dachte ich … ich wollte …« Sie schluckte hörbar. »Ich war mir sicher, dass es nun aus und vorbei mit mir ist. Ich war so verzweifelt, dass ich mich dazu entschlossen hatte, mich zu vergiften. Im letzten Moment kamen Sie und Ihr freundliches Angebot, mich nach Bethanien zu nehmen. Das rettete mir das Leben. So war es wirklich, man kann es gar nicht anders sagen.«
    »Aber dann hat Freudenreich sie so schändlich empfangen und am Ende aufs Neue davongejagt.«
    »Ja, er war nicht sehr großmütig. Aber auch wenn Herr Freudenreich kein Erbarmen hatte, so meinte es das Schicksal doch gnädig mit mir. Dieser Bursche, der mich nach Keetmanshoop bringen sollte …«
    »Petrus«, sagte ich und spürte, wie mein Herz sofort schneller schlug. Dabei war er doch nirgendwo zu sehen, ich hatte nur seinen Namen ausgesprochen.
    »Dieser Bursche brachte mich zu Missionar Fenchel von der Rheinischen Mission, der ein sehr warmherziger und großzügiger Christenmensch ist. Und obwohl ich bereits alle Hoffnung verloren hatte, wagte ich es doch, Herrn Fenchel meine ganze erbärmliche Geschichte zu beichten … jedenfalls das meiste. Und Missionar Fenchel wusste einen Ausweg.«
    »Wie hat er Ihnen geholfen?«
    »Er hat mich mit dem nächsten Ochsentreck nach Swakopmund geschickt. In den Blauen Anker auf der Lüderitzstraße. Fenchel kam für alle Kosten der Reise auf, ich könne ihm das Ganze zu einem späteren Zeitpunkt ja zurückzahlen, meinte er bloß. Drei Tage nach meiner Ankunft in Swakopmund legte die Woermann-Linie an und brachte die anderen Frauen.«
    »Die anderen Frauen?

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