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Im Land des Regengottes

Im Land des Regengottes

Titel: Im Land des Regengottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Mayer
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Hülshoff, aber dieses Mal unterbrach sie sich selbst.
    Besser so. Ihre Wünsche und meine Wünsche passten nicht zusammen.
     
    Erst als wir uns schon mehrere Meilen von Warmbad entfernt hatten, öffnete ich den Beutel, um zu sehen, was mir Fräulein Hülshoff mit auf den Weg gegeben hatte.
    Sie hatte eine große Tüte Trockenfleisch eingepackt, fünf Würste, Dörrobst, zwei Gläser mit eingelegten Kürbissen, Brot, sechs hart gekochte Gänseeier und zwei Kalebassen mit Wasser. Und unter den Lebensmitteln fand ich ein goldenes Armband mit grünen Steinen und einen Umschlag mit Geld. Vierundvierzig Reichsmark und achtzig Pfennige, zählte ich.
    »Ich wette, das ist ihr ganzes Erspartes«, meinte ich betroffen. »Und dieses Armband. Ob das echtes Gold ist?«
    Petrus nahm mir den Schmuck aus der Hand. »Ja«, sagte er. »Es ist auf jeden Fall kostbarer als deine Kette mit dem Engel.«
    Ich wusste zuerst nicht, wovon er sprach. Dann fiel mir wieder ein, dass ich Petrus damals Evas Schutzengel angeboten hatte, um ihn dazu zu bringen, dass er mir Fräulein Hülshoffs Adresse verriet. Das ist echtes Gold, hatte ich ihm versichert, aber er hatte gleich erkannt, dass es nur Messing war. Die Erinnerung trieb mir die Schamröte ins Gesicht.
    »Sie ist eine gute Frau«, sagte Petrus nachdenklich.
    Mein Gesicht wurde noch heißer. Fräulein Hülshoff hatte mir alles gegeben, was sie besaß. Ihre Sorge um mich war echt. Und zum Dank hatte ich mich kurz und kühl von ihr verabschiedet. Ich beschloss, ihr bei der ersten Gelegenheit zu schreiben. Aber auch dazu ist es bis heute nie gekommen.
    Immer wenn ich einen Brief an sie begonnen habe, habe ich ihn nach wenigen Zeilen, oft schon nach den ersten Worten, wieder abgebrochen. Die Erinnerung an die Farm in Warmbad bedrückt mich viel zu sehr. Sie macht mir Angst. Angst, dass ich selbst einmal so enden könnte wie Frau Welter, geborene Hülshoff. Ich sehe sie vor mir, wie sie mit ihrem hässlichen, glatzköpfigen Mann in ihrer schmutzigen Küche sitzt, wie sie ihm Suppe nach den Rezepten seiner Mutter kocht und zum Dank dafür nennt er sie sein Weibchen. Und sie schafft es nicht, sich dagegen zu wehren, weil sie ihre ganze Kraft braucht, um sich einzureden, dass sie zufrieden ist.
     
    Die Landschaft veränderte sich. Der Weg wand und schlängelte sich an Hängen vorbei, durch Senken hindurch, bald bedrängten uns links und rechts hohe Hügel. Schweigend setzten wir einen Fuß vor den anderen, beide hingen wir unseren eigenen Gedanken nach.
    »Er ist doch ein Wilder«, hörte ich Fräulein Hülshoff zischeln. »Ein Wesen der Natur, das nur von seinen Instinkten getrieben wird.«
    Hatte sie recht? Unterschied Petrus sich nicht nur durch seine Hautfarbe von mir, sondern auch durch seine Gefühle, seine Werte, seine Moral? Wenn es stimmte, dann war es in der Nacht des Nama-Festes bestimmt nicht nur bei einem Kuss geblieben. Dann hatte er … Nein, ich wollte nicht darüber nachdenken. Ich wollte es gar nicht wissen.
    Doch, natürlich wollte ich es wissen. Ich brannte sogar vor Neugierde. Aber ich würde die Wahrheit nie erfahren. Was ich nicht einmal zu denken wagte, konnte ich schließlich noch viel weniger aussprechen. Ich schaffte es ja nicht einmal, Petrus zu fragen, warum er mich weiterhin begleitete. Inzwischen war er seine Stellung als Treiber auf jeden Fall los. Freudenreich würde es niemals entschuldigen, dass er sich einfach sang- und klanglos aus dem Staub gemacht hatte.
    »Ich habe meine Lektion gelernt«,hatte er mir damals erklärt, nachdem er mir seine Lebensgeschichte erzählt hatte. Aber hatte er seine Lektion wirklich gelernt? Hoffte er nicht genau wie ich selbst auch darauf, dass die Liebe zwischen uns beiden wider alle Vernunft doch eine Chance hatte? Dass Fräulein Hülshoff und seine eigene Mutter unrecht hatten mit ihren Befürchtungen und Warnungen?
    »Wenn man zu viel will, verliert man alles«, hörte ich Fräulein Hülshoff wieder sagen.
    Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, hielt ich in Gedanken dagegen. Und wenn Petrus seine sichere Anstellung in der Missionsstation und seine Zukunft aufs Spiel setzte, dann musste auch ich bereit sein, ein Risiko einzugehen. Mochten die anderen reden, was sie wollten. Petrus und ich würden alles wagen und dafür unser Glück gewinnen.
     
    Wir wanderten vom ersten Tageslicht bis zum Sonnenuntergang, dann machten wir am Wegrand Feuer und schlugen unser Lager auf. Nach unserem kargen Mahl wechselten wir uns mit dem Schlafen

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