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Im Land des Regengottes

Im Land des Regengottes

Titel: Im Land des Regengottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Mayer
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Drei schiefe Wände, aus losen Steinen aufgeschichtet, die Rückseite bildete ein natürlicher Felsen. Drinnen roch es nach Staub und Schimmel. Im Kamin lagen ein paar Holzscheite und trockenes Reisig, als hätte uns jemand erwartet.
    »Die Kaffern verbringen die Nacht draußen bei den Eseln«, verkündete Slagman, nachdem er zuerst das Feuer und dann seine Pfeife angezündet hatte.
    »Wenn Petrus draußen schläft, übernachte ich auch im Freien«, erklärte ich, während Slagmans Begleiter sich wortlos verzog. Dabei unterdrückte ich ein Schaudern. Die Tiere standen neben dem Haus, notdürftig geschützt unter einem Blechdach, das nach zwei Seiten offen war. Zumindest wäre die Luft dort draußen besser als hier drinnen. Slagmans Pfeife stank wie nasses Heu. Ich hustete und wedelte mit den Händen in der Luft herum, aber der Bure grinste nur. Offensichtlich hatte er mit meiner Antwort gerechnet.
    »Sie scheinen ja ganz schön aneinander zu hängen. Nicht einmal nachts können Sie sich trennen.«
    »Ich hänge an meinem Leben«, korrigierte ich ihn kühl. »Und Petrus kenne ich, Sie nicht.«
    Vielleicht überzeugte ihn das, vielleicht hatte er auch einfach keine Lust mehr, sich mit mir auseinanderzusetzen. Jedenfalls widersprach er nach dem Abendessen nicht, als wir beide unsere Decken neben dem Kamin ausbreiteten. Er bot mir sogar an, dass ich auf der Kattel schlafen könnte. Aber ich lehnte ab. Ich wollte so nahe wie möglich bei Petrus bleiben. Slagman flößte mir Unbehagen ein.
    Im Kamin prasselte das Feuer. Auf dem Dach prasselte der Regen. Hoffentlich war das Unwetter morgen vorbei.
    Obwohl mich der anstrengende Marsch erschöpft hatte, fand ich lange keinen Schlaf. Selbst in Bethanien hatte ich mich nicht so unwohl gefühlt wie in der Gegenwart dieses Buren. Selbst nachdem er zu schnarchen begonnen hatte, wurde ich das Gefühl nicht los, dass er uns beobachtete. Und dass er trotz der Dunkelheit in der Hütte sehen konnte, wie meine Hand lautlos unter meiner feuchten Decke hervorglitt und zu Petrus hinüberschlich. Dass meine Finger wie kleine Käfer über die Falten seiner Decke krochen, bis sie seine Hand fanden. Petrus war ebenfalls noch wach, denn bei meiner Berührung zuckte seine Hand nervös. Doch dann umschloss sie meine Käferfinger.
    Als ich meinen Kopf in seine Richtung drehte, sah ich seine Augen in der zusammenfallenden Glut des Feuers glänzen. Ich hätte ihn gerne geküsst.
     
    Am nächsten Morgen war das Unwetter vorbei. Die Sonne brachte die Pfützen auf dem felsigen Boden zum Glitzern und Funkeln und verwandelte die Tropfen, die an Gräsern und Ästen hingen, in Diamanten. Wir machten uns wieder auf den Weg, aber noch am Vormittag begann der Regen von Neuem auf uns herabzuprasseln. Gegen Mittag suchten wir Schutz unter einem Felsvorsprung.
    »Wir bleiben hier, bis sich das Wetter wirklich bessert«, beschloss Slagman. »Ich habe keine Lust zu ersaufen.«
    Wir sagte er, als ob Petrus und ich keine andere Wahl hätten. Es ärgerte mich, dass er mich nicht einmal nach meiner Meinung fragte. Ich für meinen Teil werde weiterziehen, hätte ich ihm gerne entgegengeschleudert. Und dann? Ich wusste genauso gut wie Slagman selbst, dass ich hoch erhobenen Hauptes in meinen Untergang marschiert wäre.
    Also hockten wir zu viert an der Felswand, in unsere Decken eingewickelt. Slagman und sein Diener Willem kauten Tabak, Petrus rauchte Pfeife. Wir hatten nichts zu tun. Wir hatten uns nichts zu sagen. Meine Gedanken zogen sich wie ein Gummiband.
    Die harte, ausgetrocknete Erde konnte das viele Wasser nicht aufnehmen. Von den Hügeln rauschte es ungehindert in die Senken und Täler, nach einiger Zeit bildeten sich Sturzbäche, die dann zu Flüssen anschwollen. Ein paar Meter vor unserem Unterschlupf entstand ein reißender Strom. Ich starrte auf die wirbelnden Wellen, auf die der Regen prasselte wie ein Wasserfall. Zweige und Äste trieben in den Fluten, mitunter halbe Bäume. Einmal sah ich sogar ein großes Tier vorüberschwimmen, ein Esel oder ein Gnu? Bevor ich es erkennen konnte, war es meinem Blick auch schon wieder entschwunden. Warum musste es ausgerechnet jetzt regnen?, dachte ich verzweifelt. Seit Monaten war kein Tropfen gefallen, aber nun überschwemmte eine zweite Sintflut das Land.
    Mit jeder Stunde, mit jeder Minute, in der wir hier festsaßen, wuchs Slagmans schlechte Laune. Während er Willem ignorierte, triezte er Petrus, wo immer er konnte. »Der Kaffer soll Feuer machen«, nölte er.

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