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Im Land des Regengottes

Im Land des Regengottes

Titel: Im Land des Regengottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Mayer
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mein Kopf hart auf dem Boden aufschlug.
    Ich war gelandet. Ich war wieder wach.
    Erschrocken setzte ich mich hin. Das Feuer war zu einer glimmenden Glut zusammengefallen. Ich blies hinein, um es wieder anzufachen, aber es flackerte nur schwach, bevor es ganz erstarb. Ob ich versuchen sollte, es wieder anzuzünden? Oder sollte ich lieber Petrus wecken? Wie spät es wohl sein mochte? Als ich mich umschaute, sah ich den blassroten Streifen über der Hügelkuppe. Die Sonne ging auf. Die Nacht war vorbei. Aber es war immer noch fürchterlich kalt. Mein Kopf dröhnte, mein Hals war steif und sämtliche Knochen schmerzten. Ich kam mir vor wie die alte Mechthild aus der Kohlstraße, die so schief war, dass ihr Kopf unterhalb ihrer Schultern hing.
    Petrus dagegen schien weder die Kälte noch den harten Boden zu spüren. Er schlief neben der Feuerstelle, die Beine an die Brust gezogen, den Mund leicht geöffnet. Wie ein Säugling in der Wiege. Bevor ich mir bewusst war, was ich tat, legte ich mich neben ihn. Sein Rücken wärmte meinen Bauch. Sein Haar roch harzig wie der Pfeifentabak. Ich legte meinen Arm um seinen Leib und spürte, wie er atmete. Sehr ruhig und langsam. Ich rückte noch näher an ihn heran, mein Atem passte sich dem seinen an, meine Augen fielen zu.
     
    Als ich sie wieder aufschlug, sah ich zuerst die Schuhe. Klobige, genagelte Männerschuhe, aus denen haarige Männerbeine ragten.
    Ich fuhr hoch. Neben mir schoss Petrus in die Höhe.
    Der Fremde trat einen Schritt zurück. »Guten Morgen, die Herrschaften«, grinste er.
    Ich rieb mir die Augen, in der Hoffnung, dass der Mann einfach wieder verschwinden würde. Aber als ich die Hände wieder sinken ließ, stand er immer noch da. Ein braun gebrannter, muskulöser Kerl in Trapperkleidung mit einem Gewehr im Arm. Blitzend weiße Zähne, blaue Augen, ein blonder Bart.
    »Sie sind doch Deutsche, oder?Ich hoffe, ich störe nicht.«
    Der Fremde, der selbst wie ein Deutscher aus dem Bilderbuch aussah, sprach mit einem starken holländischen Einschlag. Ein Bure aus der Kapregion.
    »Was wollen Sie von uns?« Ich versuchte, mich so würdevoll wie möglich zu erheben, aber meine Beine waren so steif vor Kälte, dass ich wankte.
    Petrus stand mit gesenktem Kopf neben dem Feuer, seine Fußspitze schob die kalte Asche auseinander. Wahrscheinlich verfluchte er mich, weil ich neben ihm eingeschlafen war, anstatt Wache zu halten.
    »Nichts will ich von Ihnen.« Das Lächeln des Fremden wurde noch breiter. »Ich bin fast über Sie gestolpert, das ist alles.«
    Er hatte ein Maultier dabei, hinter dem ein Esel angebunden war. Das vordere Tier war aufgezäumt und trug einen Sattel, das zweite war hoch mit Kisten und Säcken beladen. Daneben stand ein Schwarzer und starrte neugierig zu uns herüber.
    »Thijs Slagman«, stellte sich der Mann vor. »Aus Springbok. Und Sie?«
    »Mein Name ist Henrietta Hauck.« Ich strich zuerst meinen Rock glatt, dann meine Haare. »Und das ist …«
    »Bitte, Fraulein«, unterbrach mich Petrus, bevor ich ihn vorstellen konnte. »Mussen weiter.«
    »Hoho«, machte Slagman. »Ihr Kaffer ist aber ganz schön forsch.«
    »Entschuldigen Sie«, sagte ich, obwohl ich im Gegensatz zu ihm gar keinen Grund hatte, mich zu entschuldigen. »Wir müssen wirklich weiter.«
    Er nickte und einen Moment lang glaubte ich tatsächlich, dass er einfach weggehen und uns in Ruhe lassen würde. Aber stattdessen ging er zu seinem Diener und wechselte ein paar halblaute Worte mit ihm, die ich nicht verstand. Dann kam er wieder zurück und streckte mir seine Hand hin. »Nun seien Sie doch nicht so misstrauisch«, sagte er gönnerhaft. »Ich will Ihnen doch nichts tun. Ich bin ein harmloser Wanderer, genau wie Sie auch.«
    Seine blauen Augen strahlten mich an. Konnte man ihm wirklich trauen? Unsicher sah ich Petrus an, der regungslos zurückstarrte.
    »Also gut.« Ich gab Slagman meine Hand.
    »Da bin ich aber erleichtert.«
    Petrus machte Feuer, Slagman kochte Kaffee in einer Blechbüchse, ich verteilte Brot und Trockenfleisch.
    »Wohin sind Sie denn nun unterwegs?«, fragte Slagman, nachdem wir zusammen gegessen hatten.
    Ich zögerte wieder. Wie gerne hätte ich Petrus gefragt, was er von den Fremden hielt. Aber der Fremde ließ uns ja keine Sekunde aus den Augen. »Wir wollen nach Wupperthal«, sagte ich schließlich. »Ich habe Freunde dort.«
    Slagmann nickte. »Das ist eine ganz schöne Strecke, die Sie da vor sich haben. Wenn Sie wollen, können Sie sich mir

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