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Im Land des Roten Ahorns

Im Land des Roten Ahorns

Titel: Im Land des Roten Ahorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Bouvier
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dem Bad in den kalten Fluten aufwärmen und ihre Kleider trocknen.
    Da Jaqueline keine große Hilfe beim Suchen war und Ablenkung brauchte, kochte sie Kaffee und wärmte Bohnen für die erschöpften Holzfäller auf, die sich ausruhen mussten. Jaqueline bestürmte sie mit Fragen; sie wollte ganz genau wissen, was sie gesehen hatten. Leider war niemand darunter, der auch nur eine Spur von Connor gefunden hatte.
    Als der Morgen dämmerte, war der letzte Suchtrupp noch immer nicht zurückgekehrt. Und mit jeder Stunde, die verging, ohne dass Connor gefunden wurde, sank die Hoffnung bei der Mannschaft.
    »Wenn er es nicht aus dem Wasser geschafft hat, können wir nur hoffen, dass er die Fälle nicht lebend hinabgestürzt ist«, flüsterte McGillion in der Annahme, Jaqueline würde es nicht hören.
    Aber ihre Sinne waren so geschärft, dass sie jedes Wispern vernahm, und die Worte trafen sie wie ein Schlag. Sie klammerte sich an das Halteseil des Floßes und rang um Fassung. Nein, er ist nicht tot, redete sie sich ein. Er hat es bestimmt an Land geschafft. Mein Herz würde doch wissen, wenn er tot wäre. Es sagt mir, dass er noch lebt.
    Die Blicke der Männer sagten jedoch etwas anderes, und Jaqueline ertrug sie nicht länger. Sie zog sich in die Floßhütte zurück, wo sie sich weinend auf einem Lager zusammenkrümmte.
    Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn ich in Hamburg geblieben wäre, dachte sie vorwurfsvoll. Nur hätte ich Connor dann nicht kennen und lieben gelernt ...
    Der letzte Suchtrupp, der zurückkehrte, unterbrach diese Grübelei.
    Jaqueline sprang auf und rannte hinaus. Als sie in die enttäuschten, erschöpften Gesichter der frierenden Männer sah, wusste sie sofort, dass wieder eine Hoffnung gestorben war. Aber sie durfte sich nicht gehen lassen. Sie wischte sich die Tränen ab und dirigierte die Männer wortlos ans Feuer, brachte ihnen Decken, wärmte erneut Bohnen und Kaffee.
    »Wir sollten ein paar Stunden schlafen«, schlug sie vor, als alle versorgt waren. »Wir müssen neue Kräfte sammeln.«
    »Wie soll es denn weitergehen?«, fragte Bradley McGillion. »Was machen wir mit dem Holz?«
    Warum fragt er das gerade mich?, dachte Jaqueline und blickte ihn aus tränenroten Augen an. Am liebsten hätte sie den Vormann weggeschickt, denn der Schmerz in ihrer Brust war kaum noch zu ertragen.
    »Hat Mr Monahan denn keine Instruktionen erteilt für den Fall, dass ...«
    Sie stockte. Nein, sie würde nicht aussprechen, dass sie ihn verloren hatten!
    »Über so was hat er nicht nachgedacht«, erklärte McGillion.
    Jaqueline seufzte. »Wir müssen auf jeden Fall weiterflößen. Wenn er es ans Ufer geschafft hat, wird er darauf hoffen, dass wir mit dem Holz vorbeikommen. Außerdem werden Sie und die anderen Männer keinen Lohn erhalten, wenn das Holz nicht verkauft wird.«
    McGillion nickte anerkennend. »Aye, Miss, dann machen wir uns in drei Stunden fertig zum Ablegen. Wenn Mr Monahan noch lebt, werden wir ihn finden.«
    Jaqueline senkte den Kopf; es zerriss ihr beinahe das Herz. Sie kniff die Augen zusammen, dennoch kullerten ihr Tränen über die Wangen.
    McGillion blickte sie betreten an. »Es tut mir wirklich leid.«
    »Ich weiß.«
    »Wenn Sie reden wollen oder was brauchen, sagen Sie mir Bescheid! Ich werde tun, was ich kann.«
    »Das ist sehr nett von Ihnen.«
    Der Vormann nickte und wandte sich ab.
    Jaqueline hielt ihn zurück. »Mr McGillion!«
    »Ja, Ma'am?«
    »Sie hätten ebenso entschieden, nicht wahr?«
    »Selbstverständlich«, gab der Vormann zurück. In seinen Augen glitzerten ebenfalls Tränen. »Ich hasse es, das zu sagen. Aber wenn er nicht wieder auftaucht, muss was geschehen. Wenn niemand das Sägewerk übernimmt, verlieren die Männer ihre Jobs. Mit dem hier verdienten Geld werden sie wenigstens eine Weile über die Runden kommen.«
    »Und wenn ich etwas anderes vorgeschlagen hätte?«
    McGillion grinste. »Dann hätte ich wohl versucht, Sie umzustimmen. Aber Sie sind 'ne vernünftige Frau, Miss Jaqueline. Mr Monahan kann froh sein, dass er Sie hat.« Damit wandte er sich um und ging zu den Männern zurück.
    Jaqueline blieb noch eine Weile auf dem vorderen Teil des Floßes und blickte auf das blaugrüne Band des Flusses. Ihre Tränen wollten nicht versiegen. O Connor, ich habe dir nur Unglück gebracht!, dachte sie schluchzend. Wie soll ich nur weiterleben, wenn du nicht mehr bist?

11

    Vierundzwanzig Stunden später trafen sie am Anlegepunkt auf dem linken Flussufer ein. Jaqueline

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