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Im Land des Roten Ahorns

Im Land des Roten Ahorns

Titel: Im Land des Roten Ahorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Bouvier
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hatte die gesamte Nacht über hinter einer Decke, die ihr die Männer aus Anstandsgründen als provisorischen Vorhang aufgehängt hatten, geweint, bis der Schlaf sie gegen Morgen endlich übermannt hatte.
    Aufgewacht war sie mit dem festen Vorsatz, die Hoffnung keinesfalls aufzugeben und weiterzumachen. Solange kein Leichnam gefunden wurde, konnte Connor noch immer am Leben sein.
    Die Wagenlenker, die bereits auf die Flößer gewartet hatten, wunderten sich über Connors Fehlen.
    Bradley McGillion erklärte ihnen die Lage.
    Seine Gesprächspartner bekreuzigten sich hastig.
    Bei den Männern herrschte eine gedrückte Stimmung, aber jeder wusste, dass das Wohl seiner Familie vom Holz abhing. Da weiter nach Plan verfahren werden sollte, begannen sie unter dem Kommando ihres Vormanns, das Holz aus dem Wasser zu ziehen und aufzuladen.
    Jaqueline wanderte derweil am Ufer entlang. Unwillkürlich hielt sie Ausschau nach Dingen, die das Wasser an Land getragen hatte. Obwohl sie sich davor fürchtete, Connors Leiche zu finden, konnte sie den Blick nicht von der Böschung abwenden. Das Rauschen des Flusses hüllte sie ein wie das Murmeln tausender Stimmen. Der Schrei eines Adlers ertönte über ihr. Ein paar aufgeschreckte Enten watschelten durch das Gras.
    Unwillkürlich erinnerte Jaqueline sich an den Ausflug zu den Cucumber Trees. Ach, Connor, wie froh und unbeschwert wir an jenem Tag waren!, dachte sie. Tränen verschleierten ihren Blick. Du darfst mich nicht alleinlassen! Was soll dann aus mir werden? Vielleicht ist es besser, wenn ich in Montreal bleibe. Bei meiner Rückkehr erwarten mich ohnehin nur Warwick und eine wütende Marion Bonville.
    Warwick. Plötzlich befiel Jaqueline ein böser Verdacht. Ein Zittern erfasste sie. Ihr wurde schwindelig, so unerhört war der Gedanke: Vielleicht hat Warwick ja das Floß sabotiert. Wenn er in der Stadt war und wusste ...
    »Miss Halstenbek!«
    Jaqueline fuhr zusammen und wirbelte herum. Cody stürmte durch das Dickicht auf sie zu. Was war geschehen?
    »Miss Halstenbek, Sie sollten nicht so nah ans Ufer gehen«, mahnte der Holzfäller. »Sie könnten im Morast stecken bleiben oder in den Fluss fallen. Mr Monahan würde bestimmt nicht wollen, dass Ihnen was passiert.«
    So treuherzig, wie der Mann sie anschaute, trieb es Jaqueline die Tränen in die Augen.
    »Was gibt es denn?« Hastig wischte sie sich übers Gesicht.
    Cody schüttelte den Kopf. »Gar nichts. Mr McGillion ist nur aufgefallen, dass Sie plötzlich weg waren. Da hab ich mich gleich auf die Suche gemacht. Hätte Ihnen ja auch was zugestoßen sein können.«
    »Das war sehr aufmerksam von Ihnen. Wie weit sind die Männer denn mit dem Aufladen der Stämme?«, fragte sie, denn sie fühlte sich unwohl unter Codys prüfenden Blicken.
    »Der Großteil ist schon auf den Wagen. Die Jungs beeilen sich, denn es wird 'ne Weile dauern, bis wir unten am See sind.«
    »Gut, dann sollten wir wohl besser zurückgehen, bevor Mr McGillion noch einen Suchtrupp losschickt.«
    Auf dem Verladeplatz wurden gerade die letzten schweren Stämme von dem transportablen Lastkahn auf die Wagen gehievt. Nun war auch von dem letzten Hausfloß nichts mehr übrig, denn die Männer hatten es zerlegt.
    Als McGillion sie sah, atmete er erleichtert auf. »Miss Jaqueline, alles in Ordnung mit Ihnen? Wir dachten schon, Ihnen wär was zugestoßen.«
    Demnach sollte Cody auf mich achtgeben!, durchfuhr es Jaqueline. McGillion ist wirklich ein umsichtiger Mensch. »Kein Grund zur Sorge! Danke, Mister McGillion!«, antwortete sie.
    »Wir sind fertig«, berichtete der Vormann. »Wir können in Richtung Ontariosee aufbrechen. Es sei denn, Sie möchten, dass wir hier übernachten.«
    »Nein, wir sollten so bald wie möglich aufbrechen«, erklärte Jaqueline entschlossen. »Wenn Mr Monahan noch lebt, wird er vielleicht am Ontariosee auf uns warten.«

12

    Der Wagenzug bewegte sich nur langsam voran, denn Fackeln erhellten den Weg nur ungenügend. Außerdem mussten die Fahrer aufpassen, dass sie nicht ins Schlingern gerieten und die Stämme nicht verrutschten, was im schlimmsten Fall dazu führen konnte, dass die Fuhrwerke umkippten.
    Jaqueline hockte mit den Männern oben auf der Ladung und blickte in die Nacht hinaus. Kurz nach Sonnenuntergang hatten sich die Wolken verzogen, und Tausende von Sternen funkelten nun über ihnen.
    Ach, könnte ich diesen Anblick doch nur mit dir genießen, Connor!, dachte Jaqueline traurig.
    »Legen Sie sich doch ein wenig lang, Miss

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