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Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition)

Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition)

Titel: Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Kugel zu verschwenden besorgen kann.«
    »Damit bin ich bestens bedient.« Wilcox sah ihr zufrieden zu, wie sie ihre kleine Tochter stillte. Charlotte hatte sich bis jetzt als ein friedliches kleines Mädchen gezeigt, das nur selten schrie und richtig fröhlich war, wenn ihre Mutter mit ihr schäkerte.
    Wenig später lagen sie in ihrem Zelt, und Anne lauschte noch lange auf die Laute der Natur. Es rauschten die Blätter der Bäume, die Wellen schlugen an den Strand, und von Zeit zu Zeit knackte ein Ast. Selten hörte man den Ruf eines Nachtvogels – es herrschte ein wunderbarer Frieden.
    Als sie am nächsten Morgen Wasser an der Feuerstelle zum Kochen brachte, um mit ein paar aromatisch duftenden Blättern, die sie am Vortag gepflückt hatte, einen Tee zu machen, hielt Anne mit einem Mal mitten in der Bewegung inne. David war schon am frühen Morgen wieder zu dem Sattel aufgebrochen, sie war also mit Charlotte allein am Strand. Sie konnte sich trotzdem des Gefühls nicht erwehren, dass sich Blicke in ihren Rücken bohrten. Nicht unbedingt freundliche Blicke. Vorsichtig drehte sie sich um – und sah direkt in ein paar dunkle Augen. Dicht hinter dem ersten Mann stand noch ein zweiter, beide mit wachsamem Blick und der Hand an den Waffen.
    Sie kannte die Maori inzwischen genug, um zu wissen, dass man keine Furcht zeigen durfte. Sie senkte ihren Kopf zur Begrüßung.
    Sie taten es ihr gleich, sprachen aber kein Wort.
    »Ihr habt mein Feuer gesehen, mit dem ich euch gerufen habe«, erklärte sie dann in der Sprache der Maori.
    Die beiden Männer konnten ihre Überraschung nur schwer verbergen. »Du sprichst Maori?«, fragte der eine verdutzt.
    »Ich habe auf der Insel im Norden eine Zeit lang bei einem Stamm der Maori gelebt. Eine Frau war so freundlich, mir ein paar Wörter eurer Sprache zu erklären«, sagte sie. Ihr fiel ein Stein vom Herzen. Offensichtlich hatte nicht jeder Stamm eine ganz eigene Version dieser Sprache – sondern nur unterschiedliche Dialekte. Es war ihnen also möglich, miteinander zu sprechen – und so konnte auch sie sich mit diesen beiden Kriegern austauschen, die mit ihren Speeren und Tätowierungen so unfriedlich wirkten.
    Der Ältere der beiden, offensichtlich der Wortführer, nickte. Mehr wollte er nicht zu diesem Gespräch beitragen.
    Anne musterte beide mit unbewegtem Gesicht – sie wusste, dass bei den Maori das freundliche Lächeln der Europäer als bösartiges Zähnefletschen ausgelegt wurde. Dann fing sie an zu reden.
    »Mein Mann, meine Tochter und ich würden gerne hier in dieser Bucht leben. Aber ich habe vernommen, dass dieser Grund euch gehört. Was können wir tun, damit ihr unserem Wunsch mit Wohlwollen entgegenseht?« Sie sah die beiden fragend an.
    Keine Antwort. Vielleicht hatte sie sich ja etwas zu geheimnisvoll ausgedrückt.
    Sie räusperte sich und machte ihr Anliegen noch einmal klar. »Was verlangt ihr für diese Bucht?« Ohne lange nachzudenken, wedelte sie in Richtung der nächsten Hügelkette, die sich hinter dem Sattel abzeichnete, auf dem David gerade arbeitete. »Bis zu diesen Hügeln hin?«
    Jetzt kam Leben in die beiden Gesichter ihr gegenüber. Einer der Männer sah sich um. Sein Blick fiel auf die Pfanne, dann das Gewehr. »Das da. Wenn ihr uns das gebt, dann könnt ihr dieses Land haben. Aber wir dürfen weiter darauf jagen, weiter über das Land ziehen, wann immer wir das Verlangen danach spüren.« Anne wusste, dass David ein zweites Gewehr mit sich führte – und sie wusste auch, dass ein Gewehr einen fast unbezahlbaren Wert hier in der Wildnis darstellte. Deswegen schüttelte sie den Kopf.
    »Das Gewehr ohne die Pfanne. Und das heilige Versprechen, dass ihr diese Waffe niemals gegen ihren alten Eigentümer wendet. Das muss mit einem tapu belegt werden.« Sie bemühte sich, ihrer Stimme einen energischen Klang zu geben.
    Ein solches tapu war für die Maori eine wichtige Sache. Es konnte nicht ohne Weiteres gebrochen werden und hatte einen höheren Wert als jedes Versprechen oder jeder Vertrag. Es war ein Versprechen direkt an die Götter.
    Der Ältere runzelte die Stirn. Dann wandte er sich an seinen Begleiter. »Für dieses Land ist das Gewehr ein guter Preis. Die Frau scheint das zu wissen. Lassen wir ihr also die Pfanne und nehmen das Gewehr. Und wir belegen das Gewehr mit dem tapu, wie sie es wünscht.«
    Der andere nickte nur. Damit war der Handel besiegelt.
    Anne wusste, dass bei den Maori so etwas nur selten schriftlich lief – nämlich nur

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