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Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition)

Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition)

Titel: Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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hast du das geschafft? Die Reben von Marsden sind doch mit unserem ersten Schiff untergegangen? Da bin ich mir völlig sicher!«
    »Sind sie«, nickte er mit verschmitztem Lächeln. »Als ich in Kororareka war, um deine Rettung zu organisieren, habe ich Marsden von dem unersetzlichen Verlust berichtet. Und er hat mir zugehört, hat genickt – und mir dann erzählt, dass er schon vor Monaten eine weitere Ladung Reben geordert hätte. Sie waren nicht lange vor mir angekommen. Und für einen kleinen Aufpreis hat er sie mir dann überlassen. Du und Marsden – ihr beide seid euch doch so unglaublich sicher, dass aus Wein in der Zukunft ein lohnendes Geschäft entstehen wird. Ich bin eurer Meinung – und hier sind sie: die Pflanzen, die bisher an Bord der Isabella lagerten. Ich habe sie eingepflanzt, bevor sie darunter leiden, dass sie zu lange eingesperrt waren. Und jetzt sehe ich jeden Tag nach ihnen und achte darauf, dass sie immer ausreichend Wasser haben. So wie es aussieht, schlagen nur zwei oder drei der Weinstöcke nicht aus. Wir haben Glück!«
    »Unglaublich!« Anne schüttelte den Kopf beim Anblick der wenigen dürren Pflänzchen. »Hast du irgendeine Ahnung vom Weinmachen?«
    »Nein«, grinste David. »Aber bis diese Dinger hier Trauben tragen, werden wohl noch einige Jahre ins Land gehen. Bis dahin finde ich jemanden, der sich damit auskennt. Oder wenigstens ein Buch, in dem ich alles Wichtige nachlesen kann. Das hat Zeit. Fürs Erste werden wir Schafe züchten müssen, so wie die meisten anderen Siedler eben auch.«
    Anne sah das dichte Buschwerk am Rande der Lichtung an und seufzte. »Bis dahin werden wir noch viele Bäume fällen müssen …«
    Wieder fühlte sie seine Arme um ihre Schulter. »Das schaffen wir. Für den Anfang brauchen wir ja nicht viel …« Er sah auf seine kleine Tochter hinunter, die selig in ihrem Tragetuch schlummerte. Ihre Lippen standen leicht offen, ihre Wangen waren rosig, und das schwarze Haar auf ihrem Kopf fing schon an, sich etwas zu locken. Er streichelte ihr über die Wange. »Und sie wird diejenige sein, die von uns etwas wirklich Wertvolles erben wird: Eine Bucht, in der wir alles aus eigener Kraft erarbeitet und geschaffen haben!«
    Sie setzten sich genau an den Ort, an dem in nicht allzu ferner Zukunft einmal die Veranda stehen würde. Anne holte aus einem zweiten Tragetuch die Leckereien, die sie unten an ihrem Zeltplatz vorbereitet hatte: ein paar gebratene Tikivögel, weich gekochte Wurzeln, deren Namen sie nicht kannte, und natürlich die Kumara.
    Sie deutete auf die rötlichen Knollen. »Auch die werden wir anbauen müssen. Sonst bin ich jeden Tag länger beschäftigt, die wild wachsenden zu finden.«
    Er nickte. »Sicher. Wir sollten schließlich so wenig wie möglich dazukaufen müssen. Nachdem ich Marsden die Reben abgekauft habe – und wir eine kleine Herde Schafe erstehen wollen –, wird mein Geld aus dem Verkauf der Flotte wohl nicht mehr ewig reichen.«
    »Wenigstens gibt es hier keine Verlockung, es für Alkohol oder Pasteten in Master Jamesons Haus auszugeben.«
    David legte ihr die Hand über den Mund. »Dieser Name sollte uns an diesem Ort nicht mehr über die Lippen kommen. Es war eine düstere und böse Vergangenheit, die wir am besten vergessen sollten, meinst du nicht?«
    Anne sah ihn an. Wie sollte sie ihm erklären, dass sie die Albträume von diesem Ort für immer heimsuchen würden? Dass sie in vielen Nächten nachts aufschreckte und nass vor Angstschweiß in die Dunkelheit starrte – immer in der Furcht, dass sich gleich eine Hand an ihrem Körper zu schaffen machte, die da nichts verloren hatte? Dass sie sogar seine Zärtlichkeiten an manchen Tagen nur mühsam ertrug und sich beherrschen musste, um sich den Ekel, der sie immer wieder packte, nicht anmerken zu lassen?
    David benahm sich so, als hätte ihre Vergangenheit nicht stattgefunden, er wollte nichts mehr davon hören. Dabei hatte Anne immer das Gefühl, dass sie ihre Dämonen nur besiegen konnte, wenn sie über sie reden durfte. Sich über den dicken Jameson und die anderen Männer lustig machen durfte – weil Lachen die beste Methode war, um die Gespenster im Zaum zu halten.
    Statt ihm das zu erklären, nickte sie nur. Sie griff nach ein wenig Vogelfleisch und biss hinein, um nicht antworten zu müssen. David sorgte sich um sie und las ihr jeden Wunsch von den Augen ab – aber tatsächlich schien es ihr, als ob er nur die schöne junge Frau sah. Und nicht die verletzte und

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