Im Land des weiten Himmels
war bereits in Sichtweite ihres Hauses und rannte sofort los, gefolgt von Captain, der lange vor ihr den Fluss erreichte und bellend auf dem Anlegesteg stehen blieb. Sein Blick folgte der roten Jenny, die mit röhrendem Motor über dem Fluss niederging und in einem Schwall schäumender Gischt auf dem unruhigen Wasser aufsetzte. Frank, schoss es ihr durch den Kopf, das konnte nur Frank sein, so eine Landung bekam nur er hin.
Hannah erreichte den Fluss, ordnete in Windeseile ihre Haare und verfluchte sich, weil sie eine alte Baumwollhose zum Laufen angezogen hatte und aussah wie eine Vogelscheuche. »Langsam!«, warnte sie den Husky. »Sonst meint er noch, wir hätten die ganze Zeit auf ihn gewartet. Lass ihn ein wenig zappeln, bevor du an ihm hochspringst. Er soll nicht denken, dass sich hier alles nur um ihn dreht.«
Doch als Frank aus dem Cockpit stieg, war dieser Vorsatz längst vergessen, und sie fiel ihm so stürmisch um den Hals, dass sie beinahe das Gleichgewicht verloren hätten und im Wasser gelandet wären. Captain sprang an ihnen hoch und schien großen Gefallen daran zu finden, wie sich die beiden umarmten und küssten.
»Frank!«, sagte sie immer wieder, küsste ihn und sagte dann streng: »Was fällt dir eigentlich ein? Will mir weismachen, dass ich seine große Liebe bin, und hat nichts Besseres zu tun, als sich in Fairbanks in einem Speakeasy zu verkriechen!«
»Sagt wer?« Er blickte sie verwirrt an.
»Hab ich von einem, der sich in Fairbanks auskennt.«
»Ach ja? Und warum war ich wohl in der Kneipe?«
»Weil du ein verantwortungsloser Barnstormer bist, der Frauen wie mir den Kopf verdreht und sich kein bisschen darum schert, was in ihnen vorgeht. Weil du lieber am Tresen sitzt und dir einen Whisky reinschüttest, als deine Freundin zu besuchen. Weil du … Weil du …«
»Weil ich gedacht habe, dass du nichts mehr von mir wissen willst, und mir die Augen nach dir ausgeweint habe!«, ergänzte er. »Wer hat denn kein Wort mehr mit mir gesprochen? Wer hat mich denn zum Teufel gejagt? Du doch!« Sie küssten sich wieder, diesmal noch stürmischer.
»Warum kommst du nicht ins Haus? Ich hab frischen Kaffee auf dem Herd, und wenn du dich benimmst, bekommst du auch ein Stück Kuchen.«
»Kommt nicht infrage.«
»Wie bitte?« Sie runzelte die Stirn.
»Du steigst jetzt sofort in meine Maschine! Lederhaube und Schutzbrille liegen auf dem Sitz. Warm angezogen bist du ja. Worauf wartest du noch?«
»In diesem Aufzug?«, wunderte sie sich.
»Wo wir hinfliegen, sieht uns niemand. Und jetzt steig endlich ein, sonst wird es Winter, bis wir loskommen, und ich kann nirgendwo mehr landen.«
»Du bist verrückt«, sagte sie.
31
»Was hast du vor?«, rief Hannah, als er die Maschine in die Strömung lenkte. »Wenn du mir wieder einen Stunt zeigen willst, sag es lieber gleich! Ich hab keine Lust, mir den Hals zu brechen. Du hast das Glück nicht gepachtet.«
»Keine Angst!«, antwortete Frank. Er grinste über das ganze Gesicht. »Diesmal hab ich mir was ganz Besonderes ausgedacht. Nichts Gefährliches – großes Ehrenwort! Ich hab genug von deinen Standpauken.« Er drehte die Maschine in den Wind. »Du wirst Augen machen, Hannah! So was hast du noch nicht erlebt, nicht mal in deinen kühnsten Träumen!«
»Wehe, du lügst mich an!«
»Das würde ich niemals wagen, Hannah!«
Sie zog die Schutzbrille über die Augen und genoss den Augenblick, als er den Motor aufdrehte, und die Jenny zu zittern und zu beben begann. Ihr Unfall in den Bergen und die anschließende Notlandung änderten nichts daran, dass ihr das Fliegen riesigen Spaß machte und sie die Welt gerne von oben betrachtete, besonders wenn die Landschaft so einmalig war wie hier in Alaska.
In einer Gischtwolke hoben sie vom Fluss ab. Die Maschine brauste über eine Sandbank hinweg und stieg in den Himmel empor. Die Fliehkraft drückte sie fest gegen die Sitzlehne. Kalter Wind wehte ihr ins Gesicht und zwang sie, ihren Schal bis über den Mund zu ziehen. Es war wesentlich kälter als bei ihrem letzten Flug, selbst in den Bergen war es nicht so frostig gewesen. Der Winter kündigte sich an. Spätestens im Oktober würden die Flüsse und Seen zufrieren, sogar der breite Tanana River, und der erste Schnee würde fallen.
Zu ihrer Verwunderung lenkte Frank die Jenny nicht nach Norden, in die White Mountains, sondern nach Süden. Über die Wälder, durch die sie mit dem Postreiter geritten war, flogen sie in Richtung Fairbanks. Sie drehte sich
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