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Im Land des weiten Himmels

Im Land des weiten Himmels

Titel: Im Land des weiten Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Wolfe
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verpasst!«
    Hannah nippte nachdenklich an ihrem Kaffee und ertappte sich dabei, wie sie aus dem Fenster blickte und den Himmel absuchte. Du weißt gar nicht, was du verpasst! Das hätte sie Frank am liebsten auch zugerufen. Warum tauchte der verdammte Kerl nicht auf? Hatte ihn die Post woanders hingeschickt? War er immer noch beleidigt? Hatte er inzwischen eine andere?
    McGarrett schien ihre Gedanken zu erraten. »Sie trauern noch immer Ihrem Piloten nach, was? Wie hieß er noch … Frank Calloway, nicht wahr? Über den würde ich mir keine großen Gedanken machen. Mit einem Barnstormer ist sowieso kein Staat zu machen. Die haben doch in jedem Nest …« Er stockte. »… die können doch gar keine Wurzeln schlagen. Sie brauchen einen verlässlichen Burschen, einen Farmer oder Handwerker, der nicht alle paar Tage verschwindet und auf der Veranda faulenzt, wenn er mal hier ist.«
    »Frank hat die Postroute übernommen«, sagte sie. »Und er ist nicht so ein … Windhund, wie Sie denken. Die blonde Frau in seinem Flugzeug damals war die Tochter des Bürgermeisters. Er hatte nichts mit ihr, Amos. Frank hat mich sogar schon besucht. Vor ein paar Wochen war er hier und …«
    »Und was?«
    »Ach, nichts«, wich sie ihm aus. »Er kommt mich bald besuchen.«
    »Glauben Sie wirklich, Miss?«
    »Er fliegt für die Post.«
    McGarrett bereute anscheinend schon, sich auf die Unterhaltung eingelassen zu haben. »Ich würde mich nicht auf ihn versteifen, Miss. Soweit ich weiß, treibt er sich zurzeit in einem Speakeasy in Fairbanks rum. Das erzählt man sich jedenfalls. Wenn die ihn dort erwischen, ist er seinen Job los, bevor er ihn begonnen hat. Dann verbringt er eine Woche im Knast … Vielleicht noch länger.«
    »Das ist nicht Ihr Ernst!«
    »Man hört viel in Fairbanks, Miss.«
    »Das glaube ich nicht.«
    McGarrett trank seinen Kaffee und ließ sich ein Stück Kuchen einpacken. »Ich hab keinen Grund, Sie zu belügen, Miss. Ich sag auch nicht, dass er Sie vollkommen aus seinem Gedächtnis verbannt hat. Vielleicht geht’s ihm nur wie damals meiner Elsie … Das war die Koyukon, mit der ich mal verheiratet war. Die soff sich jedes Mal die Hucke voll, wenn ihr was nicht in den Kram passte, und wusste am Ende nicht, ob sie mit mir oder einem anderen das Nachtlager geteilt hatte. Wie gesagt, versteifen Sie sich nicht auf den, Hannah.«
    Nachdem er einen weiteren Becher Kaffee geleert hatte, verabschiedete sich der Fallensteller. Er merkte wohl selbst, dass er etwas Falsches gesagt hatte, und wirkte verlegen, als er auf sein Maultier stieg. »Nehmen Sie sich nicht alles so zu Herzen, Miss«, tröstete er sie, »alles nur halb so schlimm.«
    »Sie haben leicht reden, Amos.«
    Als der Fallensteller weg war, schlug Hannah mit der Faust gegen einen Vorbaubalken. »Hast du das gehört, Captain?«, sagte sie zu dem Husky. »Frank hockt in einer Kneipe und säuft sich seinen Ärger von der Seele! Spielt den Gekränkten, weil ich wütend auf ihn war, anstatt mit einem riesigen Blumenstrauß hier aufzutauchen und mich um Verzeihung zu bitten. Wer kam denn auf die Schnapsidee, sich Schnee von dem Gipfel zu holen? Wer hat denn einen Absturz riskiert? Und er spielt den Beleidigten, das ist doch das Letzte!« Ihr ganzer Ärger und ihre Wut darüber, dass sie immer noch in ihn verliebt war und nicht von ihm lassen konnte, entluden sich in ihren aufgebrachten Worten.
    Doch anstatt erneut in Selbstmitleid zu versinken und mit verheulten Augen durch die Gegend zu laufen, tat Hannah in den nächsten Tagen das, was sie sich vorgenommen hatte: Sie erledigte einige größere Arbeiten, die vor dem Winter nötig waren, hackte Holz, sicherte das Haus gegen den Sturm, und lief sich ansonsten den Ärger und den Kummer von der Seele. Captain war jedes Mal dabei und kam langsam in Form, seine Muskeln wurden kräftiger, seine Bewegungen geschmeidiger. Man sagte den Huskys nach, dass sie für ihr Leben gern liefen, und er machte seinem Ruf endlich wieder alle Ehre, lief sogar weite Umwege und erwischte schon mal die eine oder andere Maus. Seine Augen waren jetzt viel wacher, seine Sinne stärker ausgeprägt, er war wieder ein echter Husky.
    Vielleicht blieb er deshalb noch eher als Hannah stehen, als ein vertrautes Geräusch in weiter Ferne ertönte, und bellte sogar aufgeregt. »Captain! Was ist denn los?«, rief sie und hörte das Geräusch nun ebenfalls, ein dumpfes Brummen, das immer lauter wurde und das Kommen eines kleinen Flugzeugs ankündigte. Hannah

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