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Im Land des weiten Himmels

Im Land des weiten Himmels

Titel: Im Land des weiten Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Wolfe
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verwundert zu ihm um und blickte ihn fragend an, erhielt aber nur ein fröhliches Lachen zur Antwort. Was hatte er vor? Wollte er sie zum Mittagessen in ein Restaurant in Fairbanks einladen? Sie ins Theater oder ein Konzert entführen? Ihr das bieten, was sie in der Wildnis nicht bekommen konnte?
    »Wo willst du hin, Frank?«, rief sie ungeduldig. »Nach Mexiko?«
    Sein Lachen war selbst über den Motorenlärm zu hören. »Gar keine üble Idee, da ist es gerade mollig warm! Aber bis dahin reicht mein Sprit nicht!«
    Sie folgten den Schienen der Alaska Railroad durch die Täler der Alaska Range, flogen jetzt niedriger, um nicht in die tief hängenden Wolken zu geraten. Als dunkler Pfad wand sich die Strecke nach Süden, umgeben von Fichten und braunen Wiesen, ein Einschnitt in der jungfräulichen Natur. Vereinzelte Seen und das silberne Band eines schmalen Flusses glänzten im matten Licht. An den Birken und Espen hatten sich die Blätter bunt verfärbt.
    Eine Siedlung glitt unter ihnen hinweg, wahrscheinlich Wasilla. Während ihrer Zugfahrt nach Norden hatten sie länger dort gehalten. Auch jetzt stand ein Zug im Bahnhof. Die Lokomotive ließ einen durchdringenden Pfiff hören, der den Motor ihrer Maschine übertönte, und stieß dunklen Rauch aus, als Frank in einer weiten Rechtskurve darüber hinwegflog. Sie waren jetzt so tief, dass Hannah sogar die Menschen auf dem Bahnsteig erkennen konnte, ein junger Mann, der aufgeregt nach oben deutete, winkende Kinder. Ein Flugzeug, zumal knallrot, war etwas Besonderes, noch spezieller als der Dampfzug, obwohl auch dessen Ankunft von Schaulustigen gefeiert wurde.
    »Anchorage«, flüsterte Hannah, als die ersten Häuser der Stadt auftauchten. »Was will er denn in Anchorage?« Sie drehte sich um und sah, dass er immer noch grinste wie ein Honigkuchenpferd. Er musste etwas Außergewöhnliches ausgeheckt haben.
    Tatsächlich ging er über Anchorage tiefer, hielt auf die Lagune im Südwesten des ehemaligen Eisenbahncamps zu und landete ohne Schwierigkeiten auf dem ruhigen Wasser. Ein junger Mann mit Schiebermütze vertäute sie und half ihnen auf den Holzsteg. »Ma’am«, begrüßte er sie. Seine Höflichkeit wirkte einstudiert. »Mr Frank Calloway?« Und als Frank nickte: »Sie werden bereits erwartet, Sir! Wenn Sie mir bitte folgen wollen, Sir?«
    Sie folgten dem jungen Mann zu einem schwarzen Automobil, das mit laufendem Motor auf einer nahen Schotterstraße stand, und setzten sich auf die Rückbank. »Was hat das zu bedeuten, Frank?«, fragte Hannah flüsternd.
    Sein Grinsen war noch breiter geworden. »Immer mit der Ruhe! Das merkst du noch früh genug. In ungefähr zwanzig Minuten bist du schlauer.«
    »Warum machst du es denn so spannend?«
    Frank griff nach ihrer Hand. Es bereitete ihm offensichtlich großes Vergnügen, sie auf die Folter zu spannen, und Hannah hatte tatsächlich keine Ahnung. Nicht den leisesten Verdacht hegte sie. Ein Restaurant oder Theater konnte es nicht sein, das gab es auch in Fairbanks. Für den weiten Flug nach Anchorage musste es schon einen außergewöhnlichen Grund geben.
    Doch auf die Überraschung, die sie auf dem breiten Wiesenstreifen zwischen Ninth und Tenth Avenue erwartete, war sie nicht vorbereitet. Ein Flugzeug, doppelt so groß wie die Jenny und ganz aus Metall, wartete mit laufenden Motoren auf sie. Drei Propeller drehten sich unter den Tragflächen und vor der Pilotenkanzel. »Ford« stand in geschwungenen Lettern auf dem silbernen Rumpf, hinter den rechteckigen Fenstern brannte Licht. Eine fabrikneue Passagiermaschine, wie Hannah sie noch nie gesehen hatte.
    Frank half ihr aus dem Wagen. »Na, was sagst du jetzt?«
    »Frank! Was hat das zu bedeuten?«
    »Das ist die Maschine, an der ich bei Ford gerne mitgebaut hätte«, verkündete er, »eine Ford Trimotor 4-AT. Die ist erst vor ein paar Tagen aus der Fabrik in Dearborn gerollt und auf ihrem Jungfernflug nach Anchorage gekommen. Ich hab zufällig davon Wind bekommen. Der Pilot ist ein alter Bekannter von mir. Ich hab ihm mal einen Gefallen getan, als … Unwichtig. Er schuldet mir jedenfalls noch was und hat versprochen, uns auf einen Rundflug mitzunehmen.« Er strahlte sie zufrieden an. »Na, was sagst du jetzt?«
    »Ein Rundflug? In dieser großen Maschine?« Sie blickte ihn verständnislos an. Alles hätte sie erwartet, nur nicht so etwas. »Deshalb sind wir drei Stunden über die Berge geflogen? Um wieder in ein Flugzeug zu steigen?«
    »Da staunst du, was?« Er lächelte

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