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Im Land des weiten Himmels

Im Land des weiten Himmels

Titel: Im Land des weiten Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Wolfe
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oben nicht …«
    Ein heftiges Rucken ging durch die Maschine. Durch die Erschütterung wurde sie nach vorn geschleudert und landete in Franks offenen Armen. Sie erschrak. »Was war das, Frank? Sie haben die Maschine doch getestet, oder?«
    »Das hat nichts zu bedeuten!«, kam die Antwort aus dem Cockpit. »Die Macke haben alle Trimotors, wenn man zu steil nach oben geht. Ich fliege die Maschine erst seit ein paar Wochen und muss mich noch an sie gewöhnen. Aber keine Bange, Miss, die Trimotor ist die sicherste Maschine der Welt.«
    »Wenn du mit der Kiste nicht zurechtkommst, übernehme ich!«, rief Frank nach vorn. »So viel größer ist dieser Blechkasten nun auch wieder nicht. Die hat ein Barnstormer wie ich in null Komma nichts im Griff. Und jetzt schau gefälligst nach vorn, und mach endlich die Tür zu! Wir wollen allein sein.«
    Der Pilot zog grinsend die Falttür zu. »Verpasst die Berge nicht!«
    Hannah schmiegte sich dichter an Frank. Sie lag immer noch in seinen Armen, spürte seine kräftigen Arme um ihre Hüften und brauchte nur den Kopf zu heben, um seinen Lippen nahe zu sein. Sein Kuss war so leidenschaftlich, wie sie ihn sich erhofft hatte. Mit der Gier eines Mannes, der lange auf eine Frau gewartet hatte, drängte er sich an sie, ihre Lippen verschmolzen, und seine Zunge war in ihrem Mund, verführte sie dazu, einen Oberschenkel über seinen Schoß zu schieben und seine Erregung zu fühlen. Ihre Finger gruben sich in seinen Rücken und zogen ihn noch dichter zu sich heran, sie spürte seine Hände unter ihrer Bluse, und sie hätte sich ihm wohl hingegeben, wären ihr nicht gerade noch rechtzeitig der Pilot und sein Copilot eingefallen, die nur durch eine Falttür von ihnen getrennt waren und alles mitanhörten, was sich im Passagierraum abspielte. Hannah straffte sich, löste sich aus der Umarmung. Sie steckte ihre Bluse in den Saum der alten Baumwollhose und kam sich auf einmal sehr unmoralisch vor – wie diese jungen Frauen mit den modischen Kurzhaarfrisuren und den kurzen Röcken, die rauchten, tranken und Charleston tanzten.
    Strahlender Sonnenschein fiel durch die Fenster auf der gegenüberliegenden Seite, zauberte helle Flecken auf den Teppich. Sie stand auf und blickte hinaus, stellte überrascht fest, dass sie in großer Höhe flogen, und unter ihr die schneebedeckten Gipfel der Alaska Range aus den Wolken ragten. Wie schmutzige Watte hingen die Wolken und der Dunst zwischen den Bergen, verwandelten das Gebirge in eine Zauberlandschaft, die nicht von dieser Welt zu sein schien. So hatten nur wenige Leute die Berge gesehen.
    »Achtzehntausend Fuß«, sagte Frank. Er war neben sie getreten und blickte ebenfalls aus dem Fenster. »Meine Jenny schafft gerade mal ein Drittel.« Er blinzelte in die Sonne. »Sieh dir das an! Und ich dachte, sie wäre ganz verschwunden.«
    Die Trimotor ging in eine sanfte Linkskurve und glitt nach Westen. Durch ein Loch in den Wolken sahen sie einen See glitzern. Das silberne Band eines Flusses leuchtete zwischen den Bäumen. Dann schloss sich die Wolkendecke wieder, und nur der mächtige Kegel des Mount McKinley ragte vor ihnen aus den Wolken empor. Ein Riese von einem Berg, der heilige Berg der Indianer.
    »Die Berge«, sagte Hannah sanft, nachdem sie lange geschwiegen hatten. »Wolltest du mir nicht etwas sagen?« Sie blickte auf die Champagnerflasche und die Gläser. »Jetzt wäre eine gute Gelegenheit dazu, meinst du nicht?«
    »Du hast recht«, antwortete er verlegen. Sie glaubte zu sehen, dass er errötete. »Sonst wird das Zeug noch warm.« Er griff nach der Flasche und hantierte umständlich an dem Korken herum. Mit jeder Bewegung schien er den Augenblick der Wahrheit hinauszögern zu wollen. Er lächelte unsicher wie ein kleiner Junge.
    Sie erwiderte sein Lächeln und schrie fast im selben Augenblick auf. Das Rucken, das diesmal durch die Maschine ging, war so heftig, dass die Trimotor für den Bruchteil einer Sekunde in der Luft zu verharren schien, um gleich darauf wie ein Stein nach unten zu sacken. Der Pilot fing sie ab und hielt sie mühsam in der Luft, kämpfte gegen eine unsichtbare Riesenfaust an, die sie mit aller Kraft nach unten zu drücken schien. Einer der Motoren heulte auf, setzte ein paarmal stotternd aus, sprang wieder an und röhrte weiter.
    Hannah stolperte quer durch den Passagierraum und landete auf der Couch, hielt sich mit beiden Händen an der Lehne fest. Aus der Flasche, die Frank aus der Hand gefallen war und über den Boden

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