Im Land des weiten Himmels
nur noch im Sinn zu haben schien, so schnell wie möglich den Wald zu erreichen, und Adam hinweg und setzte zur Landung auf dem See an. Gegen den Wind drückte er die Maschine, die unruhig holperte, als die Schwimmer das Wasser berührten, nach unten und landete in einer weißen Gischtwolke, dann setzte er die Maschine in den Ufersand, stellte den Motor ab und kletterte aus dem Cockpit. Hannah ergriff seine Hand, als sie auf den Boden sprang. Beide schoben ihre Schutzbrillen in die Stirn und gingen auf Adam Parker zu, der sich nicht von der Stelle gerührt hatte und keine Anstalten machte, ihnen entgegenzulaufen. Er wirkte weder geschockt noch ängstlich, lächelte sogar.
»Adam!«, begrüßte ihn Hannah, erleichtert darüber, ihn unverletzt zu sehen. »Wir hatten große Angst um dich. Hast du denn keine Waffe dabei?«
»Ich brauche keine Waffe.« Er blickte Frank an.
»Das ist Frank Calloway, mein … Ein guter Freund.«
»Adam Parker«, stellte der Indianer sich vor und musterte Frank missmutig. »Danke, dass Sie mir helfen wollten, aber mir ist nichts passiert. Der Grizzly ist mein Bruder, er würde mich niemals töten.«
»Dein Bruder?« Frank blickte ihn verständnislos an.
»Solange ich kein Bärenfleisch esse, brauche ich keine Angst vor einem Grizzly zu haben«, erklärte Adam. »Der Bär ist mein Schutzgeist. Er wacht über mich, wenn ich allein durch die Wälder ziehe oder in einem Kanu über den Gold River paddele, er ist sogar bei mir, wenn ich in Fairbanks oder Seattle die Straße überquere.«
»Glaubst du das wirklich?«, fragte Frank verwundert.
Adam lächelte verstohlen. »Ich bin tausend Meilen gefahren, um meine indianische Seele zu finden und meinen Schutzgeist zu treffen. Ich habe ihn in meinen Träumen gesehen. Warum sollte ich es nicht glauben?«
»Aber das ist …«
»… Hokuspokus?« Adam lächelte. »Wenn es Hokuspokus wäre, hätte mich der Bär zerfleischt. Er war aufgebracht und hungrig. Doch er lief davon. Sobald er in mir seinen Bruder erkannte, ließ er von mir ab.«
»Verkehrte Welt.«
»Eine andere Welt.« Adam klang weise für sein Alter, fand Hannah. »Mir kam auch vieles seltsam bei den Weißen vor. Warum nagelten sie ihren Gott an ein Kreuz? Warum brauchen sie eine Kirche, um mit Gott zu sprechen? Warum zerstören sie die Natur, die Gott geschaffen hat? Das kam mir sehr seltsam vor.«
»Da hast du recht. Und deshalb kommen die meisten Menschen auch in die Hölle. Wenn ich der liebe Gott wäre, würde ich den meisten Menschen beim Jüngsten Gericht die Höchststrafe aufbrummen. Einschließlich mir selbst.«
»Wir haben keine Hölle.«
Frank grinste breit. »Aber auf deinen Schutzgeist würde ich mich nicht allzu sehr verlassen. Könnte sein, dass er mal schlechte Laune hat und trotzdem angreift.« Er deutete zum Waldrand. »Das hätte auch schiefgehen können.«
»Ich vertraue dem Bären.«
»Übertreib’s nicht, mein Junge.«
Hannah lächelte Adam aufmunternd zu. »Sage deinem Häuptling, dass ich mich freuen würde, wenn er mich wieder besuchen käme. Er ist ein weiser Mann und hat mir einiges über euer Volk erzählt. Ich würde gern mehr erfahren und möchte ihm auch einiges über meine Heimat berichten. Mir ist sehr an guter Nachbarschaft gelegen. Ich bin nicht mit den bösen Geistern im Bunde und würde niemals etwas tun, was deinem Volk schaden würde.« Sie lächelte. »Danke, dass du in eurem Dorf für mich gesprochen hast.«
Adam sagte mit einem seltsamen Leuchten in den Augen: »Ich werde es ihm sagen, Miss Hannah.«
Sie verabschiedeten sich von dem jungen Indianer, der nur Augen für Hannah hatte und Frank ignorierte, und gingen zu der Maschine. Als Hannah im Cockpit saß und zum Ufer zurückblickte, hatte sich Adam noch immer nicht bewegt. Wie gebannt starrte er in ihre Richtung.
»Komischer Vogel!«, sagte Frank.
23
Das Bild des jungen Adam, wie er furchtlos vor dem aufgebrachten Grizzly stand, verfolgte Hannah noch eine ganze Weile. In ihren Träumen vom hohen Norden waren die Indianer kaum vorgekommen, hatte sie meist nur unberührte Natur vor Augen gehabt. Erst seitdem sie ihr Dorf besucht und mit Chief Alex und Adam gesprochen hatte, war ihr klar, dass selbst in einem riesigen Land wie Alaska zwei Kulturen aufeinanderprallten. Die Amerikaner, die sich zumindest einen Teil dieser Wildnis untertan machen wollten und nach Bodenschätzen suchten, und die Indianer, die um den Erhalt ihrer Kultur kämpften.
»Hast du schon mal so was
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