im Landschulheim
nicht lange, da gehörten die Mädchen aus Lindenhof schon ganz zum Kinderheim.
Am glücklichsten war Carlotta. Sie wohnte ja in der Pferdeburg! Gleich am zweiten Morgen hatte sie Frau Wagner nach den Ponys gefragt.
„Kannst du reiten?“, war die Gegenfrage und Carlotta hatte lachend genickt. Da war Frau Wagner mit ihr hinausgegangen zu der kleinen Koppel, wo ihnen drei Ponys fröhlich entgegenwieherten.
„Komm, wir reiten ein Stück zum Wald hinüber“, meinte Frau Wagner. „Hol dir einen Sattel aus der Scheune drüben.“
„Brauch ich nicht“, antwortete Carlotta, als sie sah, wie die Heimleiterin sich einfach auf das größte Pferd schwang. Sie ging zu dem braunen Pony hinüber, saß im Nu auf dessen Rücken und ritt hinter Frau Wagner her.
„Hei!“ Sie trieb ihr Pony an und stand mit einem Mal auf seinem Rücken. Das war allerdings eine Überraschung für die Heimleiterin - und für das Pony ebenfalls. Weil das Pony unruhig wurde, ließ sich Carlotta schnell wieder hinuntergleiten und saß nun gesittet wie eine elegante Reiterin auf ihrem Pferd.
„Jetzt musst du mir aber verraten, wo du solche Kunststücke gelernt hast“, sagte Frau Wagner, als beide durch den Wald geritten waren und neben einem Kirchlein vom Pferd sprangen.
„Im Zirkus“, antwortete Carlotta prompt. „Ich war eine Zeit lang Kunstreiterin.“
Dann berichtete sie, wie sie mit ihrer Mutter eine Weile unter Artisten gelebt hatte, wie die Mutter gestorben war und die Zirkusleute sich ihrer angenommen hatten, bis ihr Vater sie nach Hause holte.
„Ich habe mich erst gar nicht eingewöhnen können in das normale Leben“, gestand sie. „Mein Vater und meine Großmutter haben viel Ärger mit mir gehabt. Und ich mit ihnen“, fügte sie lachend hinzu. „In Lindenhof gab es auch ein bisschen Kummer, aber die meisten Mädchen waren sehr lieb zu mir.“
„Hast du nicht Lust, den paar Kindern, die gern reiten möchten, die Anfänge beizubringen? Ich habe den Versuch gemacht. Aber für mich gibt es immer zu viel anderes zu tun.“
„Nur zu gern!“ Carlotta strahlte. „Ich will sowieso Reitlehrerin werden.“
„Na, großartig! Das ist also abgemacht. Und wir beide reiten ab und zu mal gemeinsam.“ Das war Musik in Carlottas Ohren.
Hanni und Nanni hatten ihren besonderen Spaß an den jüngeren Zwillingen, ihren „Kolleginnen“, wie sie sagten. „Max und Moritz“ wurden die beiden im Heim genannt, obwohl sie eigentlich Hildegard und Hildegund hießen.
Sie waren genauso gewitzt wie die beiden großen Mädchen, wenn es darum ging, ihre Ähnlichkeit für dumme Streiche auszunutzen.
„Hildegund, du hast deine Schuhe wieder mal nicht geputzt“, rief Frau Baumann, die Hausmutter. „In einer Viertelstunde erwarte ich dich mit sauberen Stiefeln. Du kannst mir gleich deine anderen zwei Paar mit vorführen.“
Eine Viertelstunde ist wenig Zeit, um drei Paar Schuhe auf Hochglanz zu bringen und sich hinterdrein noch selber zu säubern. Klar, dass Hildegard, die zum Glück gerade kam, mit sauberen Schuhen und sauberen Händen bei Frau Baumann antanzte, während Hildegund sich im Badezimmer die Hände schrubbte.
„Hildegund, ich habe dir doch erst heute Morgen gesagt, dass du deinen Lebertran nehmen sollst. Hier steht er noch.“
„Ach, Frau Baumann, das war bestimmt Hildegard und sie ist mit Irmela und Frau Busch im Bad.“
So wurde alle Welt getäuscht - bis Hanni und Nanni auftauchten! Die Schwestern hatten gar keine Schwierigkeit, die jüngeren Zwillinge zu unterscheiden, und sie erwischten die beiden Hilden öfter bei ihren trickreichen Manövern.
Gipfelstürmer in neuen Schuhen
Draußen lockten die Berge. Noch war keines von den Lindenhof-Mädchen hinaufgestiegen.
Doch eines Tages fragte Frau Wagner mittags: „Wie wäre es mit einem Ausflug ins Gebirge? Die beiden Gruppen können sich untereinander verständigen, sodass einige immer einen ganzen Tag freihaben. Ich schlage vor, dass jedes Mal ein paar von der alten Gruppe zwei oder drei von den Neuen unter ihre Fittiche nehmen. Also, Freiwillige vor!“
Hanni und Nanni hatten schon lange sehnsüchtig zum Horn hinaufgeblickt, zu dem Gipfel, der ihnen gerade ins Fenster schaute. Sie klatschten begeistert in die Hände.
„Gut“, sagte Frau Wagner, „ihr beiden zieht also gleich morgen früh los. Jutta und Karin können euch begleiten, sie haben ohnehin noch einen freien Tag gut.“
Da sahen sich die Zwillinge freilich erschrocken an. Ausgerechnet mit diesen
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