im Landschulheim
es: „So, nun noch das letzte Stück!“
Immer schmaler wurde der Weg, sie konnten nur noch von einem Stein auf den anderen turnen. Dann versperrte ein gewaltiger Felsen den Weg. Sie schlängelten sich durch eine Spalte ... und da stand das Gipfelkreuz, keine fünf Meter entfernt und kaum einen Meter höher, als sie schon waren.
„Kinder, das ist doch eine Wucht!“, rief Hanni begeistert und Nanni nickte. „Einfach toll!“
Gleich waren sie wieder obenauf. „Wie lange haben wir gebraucht?“, fragten sie. „Wir sind doch recht gut gegangen.“
„Gewiss“, sagte Karin, die sich ärgerte, „höchstens eine halbe Stunde länger als üblich.“
„Sooo?“ Hanni begriff es nicht. „Wahrscheinlich haben wir immer zu lange gerastet.“
„Sicherlich! Ihr als wahre Gipfelstürmer hättet überhaupt keine Pause gebraucht“, meinte Jutta.
Nanni sah sie von der Seite an. Gewiss war das Spott und Nanni errötete.
Hanni war weniger empfindlich. „Kann schon sein“, sagte sie patzig. Wenn nur ihre Ferse nicht so wehgetan hätte!
„Eine Stunde Gipfelrast“, rief Karin und warf ihren Rucksack ab. Sie wählte einen Platz vor dem Felsen, wo die Sonne hinschien. Kühl war es trotzdem.
„Na, ihr klugen Mädchen“, sagte sie zu den Zwillingen, „friert ihr oder schwitzt ihr?“
„Keines von beiden“, versicherten sie, „wir fühlen uns pudelwohl.“
„So, dann sind wir zufrieden.“ Und die Älteren taten, als merkten sie nicht, dass Nanni ein paarmal die Schultern zusammenzog, als würde sie frösteln.
Nanni fotografierte nach allen Richtungen, um möglichst viel von der herrlichen Aussicht einzufangen, Hanni machte mit Hilfe des Selbstauslösers eine Gruppenaufnahme von allen vier Mädchen. Sie knipste Nanni am Gipfelkreuz und brachte noch ein paar Schnappschüsse zustande. Dann begannen sie den Abstieg. Sie wollten im Wald sein, ehe die größte Hitze einsetzte. „Au“, rief Hanni unwillkürlich, als sie sich mit der schmerzenden Ferse an einem Stein stieß, „das tut ja hundsgemein weh!“
„Was hast du denn?“, fragte Karin.
„Weiß nicht, vielleicht eine Blase an der linken Ferse.“
Karin schnallte schon ihren Rucksack auf und verlangte: „Zieh den Schuh aus!“
O weh, das sah böse aus! Die halbe Ferse war wundgescheuert und tiefrot. In der Mitte hatte sich eine große Blase gebildet und die war bei den letzten Schritten aufgegangen. Karin brachte ein Verbandspäckchen zum Vorschein: lindernde Salbe und Heftpflaster. Geschickt verarztete sie Hanni, die voller Dankbarkeit spürte, dass der Schmerz nachließ.
„Eigentlich dürfte das bei diesen Schuhen nicht passieren“, meinte Nanni. „Die hat Papi uns noch am Tag vor der Abreise extra für die Berge gekauft.“
„Und wie oft seid ihr schon darin gelaufen?“, fragte Karin ahnungsvoll.
„Na, heute tragen wir sie zum ersten Mal“, antwortete Nanni arglos.
„Oh, diese Sportfans von Lindenhof!“, rief Jutta und warf die Arme theatralisch in die Höhe. „Sie brauchen ihre Schuhe nicht erst einzulaufen, ehe sie eine längere Wanderung unternehmen. Das haben nur arme kleine Menschlein wie wir nötig.“
„Sei ruhig, jetzt nützt aller Spott nichts mehr“, knurrte Karin und suchte weiter in ihrem Verbandsbeutel. „Zieht eure Schuhe und Socken aus. Du auch, Nanni!“
„Aber ich hab‘ doch keine Schmerzen.“
„Zieh die Schuhe aus! So, ihr schlauen Kinder, jetzt reibt euch die Füße gut ein mit dieser Salbe.“ Sie reichte ihnen eine Büchse. „Danach scheuert ihr euch die Füße nicht mehr so leicht auf. Und merkt euch zweierlei: Niemals funkelnagelneue Schuhe zu einer größeren Tour anziehen, und außerdem die Füße am Morgen vor einer Wanderung möglichst mit einer solchen Salbe einreiben. Dann wird die Haut gegerbt. Wunde Stellen oder Blasen können einem die Freude an jeder Wanderung gründlich verderben.“
Mit hochroten Köpfen hatten die Zwillinge diese Strafpredigt angehört. Was konnten sie dagegen sagen? Aber Karins Tonart und dazu Juttas Spott waren schwer zu ertragen.
„Danke!“, quetschte Hanni gerade noch heraus, als sie Karin die Salbendose zurückgab. Dann blieben beide Paare wieder für sich allein: die Zwillinge, die zuerst leise schimpften, bald aber wieder vergnügt redeten und auf Blumen, Tiere und Steine am Weg achteten, und in einigem Abstand dahinter Jutta und Karin, fast schweigend. Nur gelegentlich konnten sie sich eine boshafte Bemerkung nicht verkneifen.
Warm wurde es! Die Sonne
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