im Landschulheim
Der da hinten im Tal wohnt, wo es immer stinkt. Dort soll es geschlachtet werden.“
„Das ist ja gemein!“, riefen alle Mädchen empört.
Rosel nickte. „Das finden sie im Dorf auch. So lange hat es treu und brav gearbeitet. Jeder hat es gern gehabt. Die Kinder sind drauf geritten. Es kannte alle Türen, vor denen es halten musste. Und nun das!“
„Wie will die Molkerei denn in Zukunft die Milch ausfahren?“, fragte die Hausmutter.
„Mit dem Auto“, erzählte Rosel. „Sie haben dort ja schon zwei. Bloß hier im Dorf war es nicht leicht, in den engen und steilen Straßen überall hinzufahren, deshalb blieb der Milchwagen mit Peter noch in Betrieb.“
„Na, eigentlich ist das zu verstehen. Wir leben doch nun mal in einer Zeit, in der überall der Motor eingesetzt wird.“
„Aber darum geht es doch gar nicht!“ Rosel schaute die Hausmutter erstaunt an und auch die Mädchen schüttelten die Köpfe. Sie begriffen wohl, was Rosel sagte: „Die Molkerei kann so viele Autos laufen lassen und so viele Läden einrichten, wie sie Lust hat. Doch den alten Peter zur Abdeckerei schicken, das ist eine Gemeinheit. Als ob er auf seine alten Tage nicht das Gnadenbrot verdient hätte!“
Die Hausmutter nickte bedächtig. „Damit hast du allerdings recht, Rosel. Viel frisst so ein altes Tier wirklich nicht, man sollte ihm die Feierabendruhe gönnen.“
„Das haben ein paar Leute im Dorf dem Mann von der Molkerei auch gesagt. Ich weiß nicht, ob es der Besitzer selber war oder sein Bruder. Er hat jedenfalls nur gelacht und gesagt: ,Macht euch nicht lächerlich. Es ist ja bloß ein Tier. Und wenn es zu nichts mehr nütze ist, muss es weg!‘“
„Eine feine Gesinnung.“
„So ein Rohling!“
„Kann man gar nichts dagegen tun?“, riefen die Mädchen durcheinander. Das gab im Heim Gesprächsstoff genug. Am eifrigsten war Carlotta. Sie schimpfte nicht bloß, sie handelte.
„Frau Wagner“, sagte sie, als die Heimleiterin während des Frühstücks kurz ins Zimmer schaute, „haben Sie schon die Geschichte von unserem Milchpferd gehört?“
„Nein. Erzähl mal!“
Carlotta berichtete. Die Kinder sperrten die Ohren weit auf. Sie ließen ihren Kakao stehen und schimpften lautstark auf den Molkereibesitzer und gleich mit auf den Abdecker. Dazwischen jammerten sie: „Der arme Peter! So ein liebes Pferd!“ Sie kannten ja alle das brave Tier und hatten es oft gestreichelt, wenn sie ihm begegnet waren.
Frau Wagner, die Pferdefreundin, schwieg und überlegte. Dann meinte sie: „Ob ich es kaufen kann? Sehr viel dürfte es ja nicht kosten.“
Sie rief Karolin und gab ihr den Auftrag, sich bei der Molkerei zu erkundigen. Auf diesen Ausweg hatte Carlotta im Stillen gehofft! Frau Wagner ermahnte die Kinder: „Jetzt wird aber erst einmal gefrühstückt!“, und verließ den Raum.
Es wurde schwierig. Mittags erfuhren die Mädchen, dass die Molkerei das Pferd dem Abdecker bereits so gut wie verkauft hatte. Am nächsten Abend wollte er das Tier holen.
Karolin telefonierte mit dem Abdecker und bat ihn das Pferd doch Frau Wagner zu überlassen.
„Ich denke gar nicht dran“, brummte der. „Und was will sie denn mit dem alten Gaul anfangen? Da kann sie ihr Geld genauso gut zum Fenster hinauswerfen. Nee, nee, lasst ihr nur die Finger davon!“
„Es ist schließlich Frau Wagners Sache, ob sie ihr Geld für das Pferd ausgeben will“, wendete Karolin ein.
„Und meine Sache ist‘s, ob ich den Gaul verkaufen will. Ich will nicht! Sagen Sie das der Dame.“
Da war also nichts zu machen.
Rosel berichtete, dass im Dorf immer noch helle Empörung herrschte.
Frau Wagner war niedergeschlagen, doch sie konnte auf alle Fragen nur achselzuckend antworten: „Ich weiß nicht, was man noch unternehmen könnte.“
Carlotta tobte, aber das half auch nichts. Da kamen Hanni und Bobby auf eine glänzende Idee. Sie hatten am Nachmittag die Neunjährigen auf einem Spaziergang begleitet. Dabei hatten sie auch den Fluss überquert.
„Da hinten liegt die Abdeckerei“, sagte Bobby, als sie jenseits der Brücke waren - und plötzlich war der Gedanke da. Stammte er von Hanni oder von Bobby? Sie wussten es hinterdrein selber nicht. Gegenseitig befeuerten sie sich mit immer neuen Einfällen und gerieten dabei in Siegerstimmung.
„Wann sprechen wir mit den anderen?“, fragte Hanni.
„Nach dem Abendessen. Aber Vorsicht! Nur wir sechs von Lindenhof. Es gibt eine Geheimsitzung wie bei unseren Klubabenden im Internat.“
„Und die
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