im Landschulheim
Bus musste jeden Augenblick kommen. Sie nahmen ihre Sachen und gingen zur Haltestelle am Bahnhofsvorplatz. Gerade sahen sie noch, dass auf der Strecke ein Güterzug anrollte.
Der Bus kam und sie suchten sich Plätze. Mit der Pünktlichkeit schien man es hier nicht so genau zu nehmen. Es wurden noch viele Pakete eingeladen und der Bahnhofsvorsteher sprach kurz mit dem Busfahrer. Der kletterte endlich wieder auf seinen Sitz und ließ den Motor an.
Da hörten sie eine bekannte Stimme schreien: „Halt! Warten! Nur einen Augenblick noch!“ Und da keuchten, schwer beladen mit ihren Koffern, Marianne und Carlotta heran. Also hatten sie es doch geschafft! Triumphierend schrie Marianne, kaum, dass sie den Fuß auf die erste Stufe vom Bus gesetzt und die Freundinnen erspäht hatte: „Nun, wie haben wir das gemacht?“
„Tadellos!“, meinte Nanni, aber Doris rief dazwischen: „Das möchte ich nicht behaupten. Ihr habt den Zug verpasst!“
„Aber ohne unsere Schuld“, verkündete Carlotta. „Mariannes Vater brachte uns mit dem Wagen zur Bahn. Unterwegs sahen wir einen Auffahrunfall. Zwei Autos waren ineinandergefahren. Da haben wir die beiden Frauen aus dem einen Auto ins Krankenhaus gefahren. Wegen dieser guten Tat ließ uns der Stationsvorsteher nachher ausnahmsweise mit dem Güterzug herfahren.“
„Und was ist aus dem anderen Auto und seinem Fahrer geworden?“
„Ach, dem ist nichts passiert. Nur sein Auto war ziemlich zerbeult. Er hat auf die Polizei gewartet.“
„Kinder, ist das schön, dass wir nun alle zusammen pünktlich ankommen!“
„Und was für ein Glück, dass der Busfahrer so bummelte.“
Das aber hatte der Chauffeur gehört und er rief ihnen zu: „Von wegen bummeln! Was glaubt ihr jungen Damen von mir! Ich wusste doch vom Bahnhofsvorsteher, dass ich den Güterzug abwarten sollte.“
Da wurden sie alle rot, weil sie nicht bloß so laut, sondern auch so vorlaut geredet hatten. Immerhin - als junge Damen angesprochen zu werden, das schmeichelte ihnen schon sehr.
Die Fahrt dauerte etwas über eine Stunde. In jedem Dorf wurde gehalten; zwischendurch auch noch an mancher Abzweigung, die zu entfernteren Ortschaften oder Einzelhöfen führte. Zuerst war das Gelände noch hügelig, viele Wiesen gab es mit kleinen Wäldchen dazwischen, so wie die Mädchen es von Lindenhof her gewohnt waren. Dann stieg die Straße allmählich an und die Bergkette rückte näher. Die Häuser waren anders gebaut, als sie es kannten: Das Dach sprang weit vor, damit es den Balkon darunter schützte, der bei keinem Haus fehlte. Meist lief ein schönes Holzgitter am Balkon entlang und überall leuchteten Blumen in auffallender Pracht.
Plötzlich ein Ortsschild: „Hasenwinkel“! Doris mit ihren scharfen Augen hatte es zuerst entdeckt und schreckte die anderen aus der Bewunderung eines besonders stattlichen Hauses auf.
„Hallo, wir sind da“, rief sie. „Nehmt euer Gepäck, wir müssen gleich aussteigen.“
An der Haltestelle wartete ein Kleinbus. Ein junges Mädchen sprang vom Fahrersitz und rief den Freundinnen zu: „Seid ihr von Lindenhof?“, und als die sechs nickten, öffnete sie die Wagentür: „Bitte schön, hereinspaziert! Zwei können vorn neben mir sitzen.“
Bobby und Carlotta kletterten schnell auf die Vordersitze und es ging los.
Die Strecke war kurz. Sie fuhren um drei Ecken, immer ein bisschen bergan. Dann lag ein weitläufiges Gebäude vor ihnen. Es war auf einem Hügel erbaut, ringsum eine niedrige Mauer, außerhalb daneben noch Gärten und Spielplätze. An zwei Seiten standen feste, runde Türme - fast wie in Lindenhof. Aber diese Anlage wirkte anders und Doris hatte ganz recht, als sie rief: „Fast wie eine Burg.“
„Freilich“, sagte die Fahrerin, „es ist ja auch unsre Pferdeburg.“
„Pferde ...“ Carlotta bekam vor Staunen den Mund nicht zu.
„Pferdeburg, jawohl, du hast richtig gehört“, war die Antwort. „Aber zunächst müssen wir uns einmal bekannt machen. Ich bin hier im Heim das Mädchen für alles und heiße Karolin. Mich könnt ihr fragen, wenn ihr euch nicht zurechtfindet. Dass wir von Anfang an Du sagen, ist euch doch recht? Ich bin ja kaum älter als ihr. Gerade, dass es für den Führerschein reicht. Die anderen werden euch auch duzen, so haben wir es abgesprochen.“
„Wie viele sind denn außer dir noch da, Karolin?“, fragte Hanni.
„Noch sechs, und dazu Rosel, unser Hausmädchen. Die rechnen wir ganz zu uns, obwohl sie hier aus dem Dorf stammt und
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