Im Leben wird dir nichts geschenkt.
und es wird für mich immer wichtig sein, mir bewusst zu machen, was ich bin, auch wenn ich seit 2007 nicht mehr trinke. Ich denke immer noch jeden Tag daran und habe den einen oder anderen kleinen Rückfall gehabt, doch selbst dann heißt das nicht, dass es vergeblich war, an mir zu arbeiten, oder dass ich keine Lösung finden werde. Mein Problem wird immer zu meinem Leben gehören, und ich werde mir immer dessen bewusst sein.
KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG
DIE LETZTE HÜRDE
D ie vierzehn Tage, die ich in Behandlung war, kamen gefühlten vierzehn Jahren gleich. Schon damals wusste ich, dass ich gerade einmal den Anfang gemacht hatte, um clean zu werden, und dass ich sehr auf der Hut sein musste, sobald ich die Klinik verließ. Die Behandlung sollte eigentlich drei Monate dauern, doch obwohl sie mich davor warnten, zu früh zu gehen, wartete Arbeit auf mich.
Ich fing an, alles, was ich bisher über mich zu wissen glaubte, infrage zu stellen. Ist Ihnen schon einmal der Gedanke gekommen, dass Sie die weitaus längste Zeit in Ihrer eigenen Gesellschaft verbringen müssen? Doch können Sie ehrlichen Herzens behaupten, Sie seien Ihr bester Freund? Reden Sie jeden Tag mit sich? Kennen Sie sich so gut, wie Sie sollten? Wahrscheinlich nicht. Nur wenige von uns können wirklich darüber reden, wer sie wirklich sind. Solche Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich die Klinik verließ.
In meiner Ehe war ich mir selbst der schlimmste Feind gewesen. Ich hörte nicht auf mich und sorgte nicht für mich, als ich es bitter nötig hatte. Wer sonst hätte es tun sollen? Doch ich versagte mir, was ich brauchte. Stattdessen war ich von mir enttäuscht und machte mir Vorwürfe, nicht mehr zu tun. Nie hatte ich für mich selbst so viel Mitgefühl übrig, wie ich es mit den Problemen einer Freundin gehabt hätte.
Je mehr ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, dass ich nie wirklich gut zu mir gewesen war. Wir lassen uns immer selbst im Stich, bevor wir andere hängen lassen. Am Ende wurde es für mich so schlimm, dass ich beinahe alles verlor. Das mag vielleicht so klingen, als bildete ich mir ein, auf einmal den großen Durchblick zu haben, doch nur so kann ich erklären, was mit mir passierte.
Wenn wir in Harmonie mit uns selbst leben wollen, müssen wir wissen, wer wir sind. Wir müssen bis an die Schmerzgrenze ehrlich mit uns sein. Es gehört viel Mut dazu, sich so zu sehen, wie man ist, statt so, wie man sein möchte. Können Sie Ihre eigenen Stärken und Schwächen aufzählen, und bringen Sie die Stärke auf, sie sich laut vorzusagen? Sie müssen bedingungslos zu jedem Ihrer Charakterzüge stehen. Das meine ich, wenn ich sage, Sie müssen ihr eigener bester Freund sein.
Als ich rauskam, musste ich zugeben, dass ich keine Ahnung hatte, wer ich war oder wie ich mich fühlte. Daher konnte ich auch nicht angemessen für mich sorgen – deshalb konnte ich zum Beispiel nicht unterscheiden, wann ich mich vergnügen sollte und wo die Grenze war. Ich fühlte mich so wund, als hätte man mir mehrere Schichten abgeschält, doch immerhin wusste ich, was jetzt meine Aufgabe war und dass ich als Nächstes meine Erkenntnisse in die Tat umsetzen musste. Ich brauchte Hilfe, da ich im Innersten meiner Seele unglücklich war und mir nicht die Illusion machte, das Verlangen nach Alkohol würde von selbst verschwinden.
Meine erste harte Prüfung lag noch am Tag meines Abschieds vor mir. Foofie Foofie – alias Flavor Flav – hatte mich eingeladen, als Gast bei The Comedy Roast zu erscheinen. Es handelte sich dabei um ein Programm des Senders Comedy Central, das sich in harmlos liebevoller Weise über seine Stars lustig machte, und da wir uns so gut verstanden hatten, hatte Foofie mich gebeten, in einer Runde mit solch schillernder Figuren wie Snoop Doggy Dogg, Ice-T und anderen aufzutreten. Bei den Shows musste man immer mit Witzeleien weit unter der Gürtellinie rechnen. Zwar freute ich mich riesig, dabei zu sein, Fuffy wiederzusehen und seine Freunde kennenzulernen, doch ein Aspekt machte mir zu schaffen: Vor mir standen jede Menge alkoholische Getränke, und jeder versuchte, mir ein Gläschen aufzuschwatzen. »Hey, Fuffy, ich bin buchstäblich gestern erst aus der Entzugsklinik gekommen«, erklärte ich ihm. Sie alle gratulierten mir zwar, doch wenige Minuten später boten sie mir Alkohol an. »Nein, danke, damit habe ich abgeschlossen.« Ich war weniger verärgert als enttäuscht. Waren das wirklich meine Freunde? Es verlangte ja
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