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Im Leben wird dir nichts geschenkt.

Im Leben wird dir nichts geschenkt.

Titel: Im Leben wird dir nichts geschenkt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Nielsen
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wahrscheinlich keine Woche verging, bevor die Ausgangssperre aufgehoben wurde. Endlich konnten wir zu unseren Aufnahmen zurückkehren und unseren Job erledigen.
    Der Fotograf schlug mir so fest ins Gesicht, dass mir das Ohr davon blutete.
    »Wo zum Teufel habt ihr gesteckt?«, brüllte er. »Diese Werbekampagne kostet uns ein Vermögen, und ihr habt euch kein einziges Mal mit uns in Verbindung gesetzt, um uns zu sagen, was los ist!« Todunglücklich dachte ich, dass dieser Empfang fast noch schlimmer war als alles, was wir gerade durchgemacht hatten. Ich hoffe, dass ich, wäre ich nur ein bisschen älter gewesen, umso fester zurückgeschlagen hätte. So aber versuchte ich, ihm die Situation stotternd zu erklären, doch er ließ mich kaum zu Wort kommen. Sie hätten von dem Putschversuch erfahren, winkte er ab; ich hätte mich nur stärker darum bemühen sollen ihnen eine Nachricht zukommen zu lassen. Die scheiß Telefonleitungen waren gekappt!, dachte ich nur, doch der Mann kapierte einfach nicht. Was sollte ich machen? Ich ging an die Arbeit.
    Wir machten unsere Aufnahmen vom frühen Morgen bis 11:30 Uhr, als das Licht zu grell wurde und wir bis 16:00 Uhr eine Pause einlegten. Danach war die Beleuchtung bis 19:00 Uhr am besten. In den letzten Tagen des Shootings wurde ich krank – vermutlich infolge der Verhältnisse, in denen ich am Flughafen eingepfercht gewesen war. Trotz alledem wurden einige der Fotos ziemlich gut. Auf einem schlinge ich mich um eine Palme, sodass die Kurve des Stamms mit der meines Körpers kontrastiert; man sah dem Bild nicht an, was ich gerade hinter mir hatte. Wenn ich es mir heute ansehe, bewundere ich die Zähigkeit, die ich in jungen Jahren hatte, oder zumindest, wie gut ich die Tatsache verbarg, dass ich vor Erschöpfung jeden Moment herunterfallen konnte … mein Fieber erreichte 42 Grad, bevor ich ganz passen musste.
    Bis zu unserem Rückflug hatte ich mich noch nicht ganz erholt, doch die Regierung der Seychellen hatte gerade erklärt, dass sie nur Gesunde reisen lassen würde. So musste ich mir in den orangefarbenen Shorts zum T-Shirt – den einzigen Sachen, die ich dabei hatte – den Anschein geben, hundertprozentig gesund zu sein. Ich schleppte mich zitternd durch die Zoll- und Passkontrolle und tat mein Bestes, mich nicht zu übergeben, während die Foto-Crew mir die ganze Zeit zuzischelte, aufrecht und entspannt dazustehen.
    Ich schaffte es irgendwie in den Flieger nach Frankfurt, von wo aus wir in die Maschine nach Mailand umsteigen sollten. In Deutschland herrschte Winter; es fiel Schnee, und niemand bot mir seine Hilfe an, als wir in den Shuttlebus umsteigen mussten. Inzwischen zitterte ich wie Espenlaub, während wir warteten, bis alle zu der kurzen Fahrt eingestiegen waren. Der Fotograf sah mich verächtlich an. Dann ohrfeigte er mich noch einmal. »Du dummes kleines Mädchen«, sagte er. »Du wusstest schließlich, wie kalt es hier sein würde. Wieso hast du dir nichts Wärmeres mitgebracht?« Ich weinte still vor mich hin, doch ich schwor mir, nie wieder auf die Seychellen zu gehen – und daran habe ich mich bis heute gehalten.
    In Mailand warteten Mum und Dad auf mich. Da waren sie – endlich lächelnde Gesichter. Das amerikanische Konsulat hatte es geschafft, sich mit ihnen in Verbindung zu setzen, und zu Hause hatte die Presse berichtet, »Der dänischen Geisel ist offenbar nichts passiert«, und so hatten sie davon erfahren. Auch mein damaliger Freund Luca war da, um mich in Empfang zu nehmen. Wir feierten unser Wiedersehen, doch ich habe wohl allzu schnell wieder weitergearbeitet. Falls so etwas jetzt passieren würde, bin ich sicher, dass ich mich sofort wegen posttraumatischem Stress in psychologische Behandlung begeben würde. Wer weiß, vielleicht hätte ich dann nicht mein Problem mit der Geräuschempfindlichkeit entwickelt. Eine Zeitlang hatte ich es überwunden, und erst mit zunehmendem Alter kehrt es zurück. Vielleicht denke ich heutzutage auch mehr über alles nach.
    Die Model-Agentur war froh, mich wiederzusehen, zumindest oberflächlich. Sie waren zufrieden, dass ich überlebt hatte, und so war es an der Zeit, mit meinem Job voranzukommen. Sie fragten mich nie wirklich, was passiert ist. Das sprach Bände über die Welt des Modeling! Du bist zurück! Du siehst immer noch toll aus! Also volles Programm, Baby … vergiss, was gestern war, und schau nach vorn!

KAPITEL ACHT
GANZ OBEN
    M ein Erfolg als Model füllte mich nie wirklich aus, auch wenn ich

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