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Im Leben wird dir nichts geschenkt.

Im Leben wird dir nichts geschenkt.

Titel: Im Leben wird dir nichts geschenkt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Nielsen
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waren großartig, und man ging nicht zum Trinken, sondern zum Tanzen hin, und so traf ich Luca. Der Junge hatte etwas, auch wenn er nicht so gut aussah wie manche der Männer, die hier häufig anzutreffen waren. Zum Beispiel hatte er eine große Nase und einen großen Mund. Luca war sehr athletisch, aber definitiv nicht die Art von Mann, in die sich ein Model verliebt. Dabei war er ein erstaunlich guter Tänzer. Ich beobachtete ihn beim Tanzen und fand ihn dabei ziemlich unwiderstehlich. Jeden Abend verabredeten wir uns nach elf Uhr und tanzten, bis wir nicht mehr konnten, danach gingen wir einfach schlafen. Ich war morgens als Erste wach, um mich für die Arbeit fertig zu machen. Ich war so glücklich; er war so natürlich und normal.
    Zuerst wollte ich nichts anderes als seine Tanzpartnerin sein. Er lud mich oft auf eine Pizza ein, doch lange widerstand ich ihm, bis er mich schließlich fragte: »Darf ich dich zu einem richtigen Tanz einladen?« Das war es – endlich hatte er mich so weit, und es schien nur natürlich, dass sich unser erstes Date ums Tanzen drehte. Ich freute mich, weil er anders war als die meisten jungen Italiener. Er war gerade heraus und sagte, wir könnten hinterher noch etwas bei seinen Eltern essen. Er war einfach ein ganz normaler junger Mann.
    An dem Abend tanzten wir bis vier Uhr morgens, dann schliefen wir zusammen bei ihm – aber es war nicht mehr als Schlafen. Wir sanken auf sein Bett, und mehr passierte nicht zwischen uns. Ich musste um acht Uhr aufstehen, und Luca weckte mich, machte mir Frühstück und fuhr mich zur Arbeit. Ich war inzwischen so daran gewöhnt, dass in meiner Welt alles ein Geschäft war, dass mich seine Freundlichkeit verunsicherte und ich mich fragte, was er von mir als Gegenleistung erwartete. Er holte mich ab, und das ging die nächsten Wochen so weiter. Vielleicht waren wir zum Abendessen zusammen, doch physisch passierte nichts weiter zwischen uns. Auf diese Weise hatte ich Zeit, ihn kennenzulernen, und ich fühlte mich nicht unter Druck. Ich lernte ihn auf eine ganz natürliche Art und Weise schätzen, doch es blieb bei der Zuneigung, nicht mehr – bis zu diesem verregneten Tag, als ich zu spät zur Arbeit kam.
    Luca nahm mich auf seinem Motorrad mit und raste durch die belebten Straßen von Mailand. Die Sicht war schlecht, und wir fielen beinahe hin. Man sah an diesem sehr kalten Tag unsere Atemwolken, als wir endlich eintrafen und er seinen Helm abnahm. Sein langes Haar fiel ihm auf die Schulter, und wie er sich umdrehte und mich ansah, das veränderte schlagartig alles. Die Welt drehte sich in Zeitlupe weiter. Etwas traf mich im Innersten, und ich verliebte mich; seltsam, wie in einem einzigen Moment alle meine Zweifel an seinem Aussehen schwanden. Ich hatte mich in einen Achtzehnjährigen verliebt, der mit seinen Eltern in einem ganz normalen Viertel von Mailand lebte. Tagsüber spielte er Tennis – er war sehr gut, und seine Familie hoffte, er würde es zum Profi bringen – und nachts, nun ja, das wissen wir schon, nachts tanzte er.
    Ich fühlte mich wie umgewandelt. Wochenlang hatte ich mir bei Luca nichts Besonderes gedacht, außer dass wir uns sehr gut verstanden und viel Zeit miteinander verbracht hatten. Wir waren beim Tanzen ins Schwitzen gekommen, wir hatten bei seinen Eltern zu Abend gegessen, doch jedes Mal, wenn ich in mich hineinhorchte, hätte ich nie gedacht, dass ich mich in ihn verknallen könnte. Und jetzt waren wir auf einmal zusammen, alles schien rosig, und jeder Tag war schön.
    Ich zog bei Luca und seiner Familie ein, und für ein Jahr war ich in meinem Leben fest verankert. Luca fuhr mich zur Arbeit, und wenn ich nicht gerade weg war, aßen wir bei seinen Eltern jeden Abend köstliche, selbstgemachte Pasta, bevor wir zum Tanzen gingen. Wir gingen zu Fußballspielen oder besuchten den ganzen Sommer hindurch auf der Piazza in der Nähe jeden dritten Samstag im Monat den lebhaften Markt. Auf dem Mercato dell’antiquariato di Brera gab es schöne italienische Antiquitäten, und Lucas Viertel war sehr »bohemien«. Ich sauge die Energie von Städten in mich auf, die Lebensart ihrer Bewohner, die Geräusche und Gerüche.
    Durch das Zusammenleben mit Luca konnte ich die anstrengende Bühne des Modeling mit der Geborgenheit eines warmen Heims vereinen. Seine Eltern waren typische Italiener, bodenständige, liebevolle Menschen. Da ich die Sprache nicht beherrschte, gehörte Pantomime zum Alltag, auch wenn ich mit der Zeit einige

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