Im Licht der Merkur-Sonne
»daß die Bergwerke geschlossen wurden, wenn sie in so gutem Zustand sind?«
»Die Frage ist berechtigt«, sagte Cook, und ein leichtes Lächeln spielte um seine Lippen. »Wollen Sie die wirkliche Erklärung oder die interessante?«
»Beide«, entgegnete Bigman sofort.
Cook bot seinen Gesprächspartnern Zigaretten an, die diese jedoch ablehnten, und zündete sich dann selbst eine an. »Der Merkur ist ziemlich dicht, und man hoffte deshalb, hier eine reiche Ausbeute an Schwermetallen zu finden: Blei, Silber, Quecksilber, Platin. Das stimmte auch. Die Ausbeute war zwar nicht so groß, wie man sie sich erhofft hatte, aber noch gut genug. Nur war leider der Abbau unwirtschaftlich. Der Unterhalt der Bergwerke hier und der Transport des Erzes zur Erde oder selbst zum Mond zur Verarbeitung trieb die Preise zu sehr in die Höhe.
Was die interessante Erklärung betrifft, so liegt die völlig anders: Als das Observatorium vor fünfzig Jahren hier errichtet wurde, arbeiteten die Bergwerke noch, wenn auch bereits einige Schächte geschlossen waren. Die ersten Astronomen hörten Schauermärchen von den Bergleuten und gaben sie an ihre Nachfolger weiter. Das gehört mit zu den Legenden des Merkur.«
»Was für Geschichten?« fragte Bigman.
»Es scheint, daß Bergleute in den Schächten gestorben sind.«
»Bei den Sandteufeln des Mars!« rief Bigman. »Sie sterben doch überall. Niemand lebt ewig.«
»Sie waren erfroren.«
»So?«
»Es war ganz eigenartig. Damals wurden die Schächte gut geheizt, und die Heizanlagen in den Anzügen funktionierten auch. Sie wissen ja, wie es mit solchen Geschichten ist. Sie werden dann ausgeschmückt, und schließlich kam es dazu, daß die Bergleute nur mehr gruppenweise in die Schächte gingen und bestimmte Seitenschächte überhaupt nicht betreten wollen. Und dann schlossen sie die Bergwerke.«
Lucky nickte. »Sie werden uns die Pläne beschaffen?« fragte er.
»Sofort. Und neue Isolieranzüge auch.«
Es wurden Vorbereitungen getroffen, als gelte es, eine größere Expedition auszurüsten. Ein neuer Isolieranzug wurde gebracht und untersucht und dann zur Seite gelegt. Schließlich brauchte man für die dunkle Hälfte des Merkur gewöhnliche Weltraumanzüge.
Dann brachte man die Karten und studierte sie. Lucky skizzierte gemeinsam mit Cook eine Route, die den Hauptschächten folgen sollte.
Bigman übernahm es, die Anzüge noch einmal zu überprüfen, die Energieanlagen neu zu laden und Sauerstoff und Wasser nachzusehen. Auch um das einwandfreie Funktionieren der Abfallschleusen und der Umlaufpumpen für Flüssigkeit kümmerte er sich.
*
Mit den Vorbereitungen verging etwa ein Tag, und schließlich machte Lucky noch einen kurzen Abstecher zu ihrem Schiff, der Shooting Starr. Er trug dabei ein kleines Paket, über dessen Inhalt er Bigman nichts mitteilte. Als er zurückkam, hatte er das Paket nicht mehr, trug dafür aber zwei kleine Gegenstände, die wie Gürtelschnallen aussahen. Sie waren leicht gebogen, und in ihrer Mitte fiel eine glasig-rote Substanz auf.
»Was ist das?« fragte Bigman.
»Mikroergometer«, erklärte Lucky bereitwillig. »Versuchsmodelle. Du weißt schon, wie die Ergometer im Schiff, nur daß die am Boden festgeschraubt sind.«
»Was kann man damit entdecken?«
»Natürlich funktionieren sie nicht auf ein paar hunderttausend Meilen wie die von einem Schiff, aber man kann atomare Energieanlagen damit auf vielleicht zehn Meilen feststellen. Schau mal, so schaltet man sie ein, Bigman!«
Luckys Daumennagel drückte gegen einen kleinen Vorsprung auf einer Seite des Geräts. Im gleichen Augenblick glühte der rote Fleck vorne auf. Lucky drehte das kleine Ergometer herum. In einer bestimmten Richtung wurde der Lichtschein plötzlich heller.
»Dort liegt vermutlich die Kraftanlage der Kuppel«, sagte er. »Wir können den Mechanismus so einstellen, daß dieser Generator nicht angezeigt wird. Es ist ein wenig kompliziert.«
Er drehte an zwei kleinen Rädchen, die an der glatten Oberfläche des kleinen Kästchens kaum sichtbar waren.
Er lächelte bei der Arbeit. »Weißt du, Bigman, jedesmal, wenn ich Onkel Hector besuche, lädt er mir die neuesten Entdeckungen auf. Er behauptet, wir könnten ohne diese Instrumente nicht auskommen. Aber manchmal glaube ich, er möchte nur, daß wir das Zeug ausprobieren. Aber das Ding hier wird uns möglicherweise etwas nützen.«
»Wie denn, Lucky?«
»Nun, wenn sich in den Bergwerken Sirianer aufhalten, dann besitzen
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