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Im Licht der roten Erde

Im Licht der roten Erde

Titel: Im Licht der roten Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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diskret hinter den Sträuchern versteckten Lichtern erhellt wurde.
    »Ich nehme, was man mir anbietet, wobei es sich in der Regel um unbedeutende frauenspezifische Angelegenheiten handelt«, sagte sie mit einem Seufzen. »Offen gesagt, würde ich mich gern stärker mit der Jurisprudenz befassen. Es würde mir gefallen, wenn das Gesetz für die allgemeine Öffentlichkeit entmystifiziert würde, die sich damit herumplagen muss. Ich habe Fälle erlebt, in denen Menschen in einen Prozess verstrickt wurden, nur weil sie so gut wie nichts von dem Brief verstanden haben, den ihnen ein Rechtsanwalt geschickt hatte.«
    Alistair MacKenzie schenkte ihr ein charmantes Lächeln. Der weltmännische Kronanwalt, tadellos gepflegt, sprach mit einer leisen, modulierten Stimme, die auf eine Privatschule und eine privilegierte Erziehung schließen ließ. »Wenn die allgemeine Bevölkerung das Gesetz verstehen würde, hätten wir keinen Job mehr. Doch mal im Ernst: Sie wollen, dass das Gesetz ist wie Quecksilber, ständig in Bewegung. Es kann um die hundert Jahre dauern, bis ein Gesetz ins Leben gerufen wird, und weitere hundert Jahre, bis man es wieder loswird. Veränderung ist ein langsamer und bedächtiger Prozess.«
    »Aber wenn das Gesetz nicht die Stimme des Volkes erhört und sich dahingehend anpasst, was für einen Nutzen hat es dann?«
    Richter Duffy und Andrew schlossen sich ihnen an, gerade als der Kronanwalt ihren Schlag gewandt an sie zurücklobbte. »Dem stimme ich zu. Wie eine schöne alte Uhr bedarf auch das Gesetz der Wartung, muss gelegentlich neu aufgezogen und auf die aktuelle Zeit eingestellt werden. Das Gesetz ist unser Gebieter, und wir in diesem hehren Berufsstand dürfen nicht vergessen, dass wir seine Diener sind. Bestenfalls sollte es sich um die Anwendung gesunden Menschenverstandes handeln.«
    »Natürlich. Doch warum soll es in unverständliche Sprache und ein unverständliches Ritual gekleidet sein? Es gibt den Juristen den Schlüssel zur Klarheit in die Hand, doch nichtsdestotrotz schwafeln sie Fachchinesisch!«
    MacKenzie stieß ein gutmütiges Lachen aus. »Das grenzt ja an Ketzerei, junge Dame! Was sagen denn Ihre Seniorpartner zu Ihren Ansichten?«
    Bevor Susan antworten konnte, schaltete sich Andrew ein. »Das soll kein Angriff sein, doch das Gesetz macht mich verrückt. Warum zum Beispiel kann juristischer Rat nicht einfach in einem unmissverständlichen Brief dargelegt werden?«
    »Warum nehmen Sie die Dienste eines Anwalts in Anspruch, wenn Sie Ihre Probleme mit einem direkten Gespräch klären könnten?«, fragte der Kronanwalt zurück.
    »Kommt ganz darauf an, mit wem man spricht«, erwiderte Andrew. »Sich mit einem Regierungsbürokraten auseinanderzusetzen ist etwas anderes, als mit ein paar Aborigines zu verhandeln, obwohl ich zugeben muss, dass auch das inzwischen immer schwieriger wird. Anders als zu Zeiten meines Vaters, wo man unter einem Baum saß, Geschichten erzählte und so die Dinge wieder in Ordnung brachte. Jetzt muss man mit einem ganzen Berufszweig im Rücken der Aborigines zurechtkommen:
Land council
und Rechtsberater findet man hinter jedem zweiten Baum. Geld, alle wollen Geld, und dieses Gewinnstreben ist es, was alles verdirbt.«
    »Sie meinen, unter einem Baum zu sitzen und das Gesetz festzulegen kostet Sie nichts«, sagte Susan mit funkelnden Augen. »Die Eingeborenen haben gesetzlichen Anspruch auf ihre Rechte, bürokratisch oder sonst wie.«
    Andrew korrigierte seine Meinung über diese junge Dame. Sie war eine Kämpferin und offenbar ein wenig linksgerichtet. Und ganz offensichtlich hatte sie sich ihre Ansichten in der Stadt angeeignet und nicht im Busch. Seine Herzlichkeit schwand. »Hören Sie, Sie sind eine Anwältin aus der Stadt, vermutlich eine Idealistin. Ich nehme meinen Leuten in Yandoo keinerlei Rechte, aber versuchen Sie mal, mit einem Kerl zurechtzukommen, der in die Stadt geht, sich um den Verstand säuft, zurückkommt, seine Frau zusammenschlägt und danach versucht, eine Dreijährige zu vergewaltigen. Kommt häufig vor. Das regeln Sie nicht, indem Sie über Menschenrechte und Versöhnung quatschen, wenn um Sie herum Frauen schreien und die Hölle losbricht.«
    »Und wie regeln Sie das?«, fragte Alistair MacKenzie ruhig.
    »Ich sperre den Kerl ins Waschhaus. Wenn er dann wieder nüchtern ist, rufe ich die alten Männer zusammen. Es bringt nichts, die Frauen wegzuschicken, solange sie nicht wieder bei Sinnen sind, oder ihnen zu sagen, sie sollen den Mann in

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