Im Licht der roten Erde
nicht. Lass uns bitte im Augenblick die Dinge erst einmal so laufen lassen. Der Rest der Welt, meine Arbeit, meine Familie, meine Freunde – alles kommt mir gerade so weit weg vor. Wie du schon sagtest: Ich bin hier wirklich in einer anderen Welt. Und das möchte ich genießen. Diese ganze Erfahrung hat mich offen gemacht … es ist schwer, das zu erklären. Mir ist nie bewusst gewesen, dass wir so viel von diesen Leuten lernen können …«
Andrew kniff sie in den Arm. »Dann prüfen wir mal, ob das die Wirklichkeit ist. Das sollte ich wohl gelegentlich tun, einverstanden?«
Sie lachte. »Keine Sorge, ich werde nicht aussteigen, und ich werde auch keine New-Age-Anhängerin mit Kristallkugel werden. Veronica und ich haben vor ein paar Tagen über all die Amerikanerinnen gesprochen, die losziehen und nach spiritueller Erfüllung suchen, die versuchen, ihre wahre Kriegerinnennatur aus einem vergangenen Leben zu finden, die in Tipis in Arizona oder New Mexico sitzen und auf Erleuchtung warten. So schlimm sind wir nicht. Das hier unterscheidet sich doch sehr von all dem anderen Zeugs.«
»Was für ein Unsinn. Warum suchen sie sich nicht einfach einen netten Kerl … wie mich?« Er grinste.
»Andrew, das ist kein Scherz. Die Hälfte aller Single-Frauen in Amerika würde sich um die Chance reißen, den richtigen Mann kennenzulernen. Ich weiß auch nicht, warum das so ist, aber meinen Freundinnen in Sydney geht es genauso. Sie scheinen einfach keinen interessanten ungebundenen Männern zu begegnen. Und umgekehrt beklagen sich meine männlichen Freunde, dass sie keine weiblichen Singles kennenlernen, die ihnen gefallen – sie kommen einfach nicht zusammen.«
»Dann schicke ich euch halt ein paar Jungs aus dem Busch. Das wäre doch eine prima Geschäftsidee: Trommle ein paar wilde Hengste zusammen, und versteigere sie an verzweifelte Großstädterinnen.«
Sie lachten, und Susan war dankbar, dass das Thema »Beziehung« damit zurückgestellt war, zumindest für den Augenblick.
Giles Jackson stand in seinen Shorts und Arbeitsschuhen auf der Vordertreppe und beobachtete die beiden Fahrzeuge, die die Straße entlang auf das Tor seines Anwesens zurollten.
Seine Frau trat hinter ihn. »Bitten wir sie in den Garten, wenn wir uns unterhalten?«
»O ja, richtig. Wir können da drüben sitzen. Übrigens, erwähn nicht das Telefonat mit der Polizei«, raunte er ihr zu. In der Annahme, die Besucher würden ihm folgen, ging Jackson voraus zu einem schattigen Fleckchen mit Stühlen und einem Kartentisch, auf dem ein Krug Limonade und Gläser bereitstanden.
»Sie kennen Esme Jordan und Professor de Witt?«, fragte Beth. Jackson schüttelte de Witt die Hand, dann blickte er Esme an und tippte an seinen Hut.
»Ja. Sind Sie auf etwas Interessantes gestoßen?« Anstatt auf eine Antwort zu warten, nickte er Ardjani, Beth und dem Rest der Gruppe zur Begrüßung zu. Barwon wurde mit einem eisigen Blick bedacht, dann wandte sich Jackson an Beth. »Wer übernimmt das Wort?«
Beth blickte Ardjani an, der auf Alistair deutete.
»Offenbar ich«, sagte Alistair mit einem leichten Lächeln. »Mr. und Mrs. Jackson, danke, dass Sie so spontan zugestimmt haben, sich mit uns zu treffen. Wir haben den Eindruck, es gibt bestimmte Dinge, die Sie wissen sollten.« Er hielt inne, während sie Platz nahmen.
Giles Jackson plazierte einen Fuß auf seinem Knie und legte sich den Hut aufs Bein. Dann setzte er seine Sonnenbrille auf, die an einer Kordel um seinen Hals gebaumelt hatte, und kniff die Lippen zusammen. Norma Jackson lächelte höflich, während sie Gläser und gekühlte Getränke herumreichte, und Alistair begann, die Fakten des Kunstdiebstahls darzulegen. Jackson wurde sofort aggressiv. »He, ich habe nicht gewusst, dass solche besonderen Gemälde existieren, bis diese Touri-Gruppe dorthin gefahren ist. Das müssen Sie mit Len Steele ausmachen. Wenn Sie mich fragen, schreit es doch geradezu nach Ärger, wenn man Ausländer und Touristen über sein Land strolchen lässt. Ich wette, es war einer von denen.«
»Das ist reine Vermutung, aber auch wir halten das für äußerst wahrscheinlich.«
»Und was werden Sie jetzt tun? Haben Sie schon die Polizei informiert?« Er war ernsthaft außer sich, stellte Susan fest, jedoch vermutlich eher aus Prinzip als aus kulturellen Gründen.
»Ja, und die Steeles ebenfalls. Es handelt sich um einen Kulturdiebstahl. Eines der ältesten Artefakte auf der ganzen Welt ist professionell entwendet
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