Im Licht der roten Erde
über ihren Rücken glitten, dann die Arme und Beine hinabfuhren und schließlich auf ihre Fußknöchel drückten. Dabei sang er, die Töne waren jetzt tief und voll, als forderte er unsichtbare Mächte heraus.
Rowena vernahm Jennifers Stimme, die sie erinnerte, wie ihr Körper nun im Einklang mit den Schwingungen der Erde stand. Sie meinte, ein entferntes Rumpeln unter sich zu spüren, als würde sich ein Zug nähern, und sie zitterte.
Dann berührte Ardjani sie leicht mit dem Blätterbüschel, und sie wurde eingehüllt von Rauch. Als der Rauch um ihren Körper waberte und in ihre Nasenlöcher strömte, kam ihr der erschreckende Gedanke, sie würde geopfert. Der Rauch roch nussig-süß. Ardjani wedelte mit dem Zweig auf und ab, wobei er unablässig sang.
Als sie dachte, es nicht länger aushalten zu können, war es vorbei. Er befahl ihr, sich aufzurichten. Sie setzte sich mit überkreuzten Beinen auf die Erde, den Kopf gebeugt, während das Feuer langsam erstarb, dankbar zumindest für die Stille.
Schließlich durchbrach Ardjani das Schweigen. »Du hast verstanden, dass du etwas sehr Schlimmes getan hast. Du musst den Schädel zurückbringen. Bereust du deine Tat?«
Rowena kämpfte mit den Tränen, kämpfte mit einem weiteren emotionalen Abgrund, einem Zustand, der an ihr zerrte, seit sie Ardjani gestanden hatte, den uralten Schädel von dem Haufen Knochen neben den
wandjina-
Malereien in der Felshöhle genommen zu haben, in der sie sich jetzt befanden.
Sie solle zur Quelle ihrer Alpträume zurückkehren, hatte ihr der Psychiater geraten. Also war sie hierhergekommen unter dem Vorwand, einen Film über die Barradja drehen zu wollen, und wegen ihres dreisten Schachzugs, eine gesamte Kultur vertraglich an sich zu binden. Ihr war klargeworden, dass nur Ardjani ihr helfen konnte. Den Preis für seine Hilfe hatte er nicht genannt. Sie wusste, dass sie dafür würde bezahlen müssen … und sie wusste auch ohne dass er eine Andeutung gemacht hatte, was der Preis sein würde.
»Ja, o ja. Ich wusste nicht, dass es ein so großer Fehler wäre, den Schädel an mich zu nehmen. Ich dachte, wenn ihr sowieso nie mehr hierherkommt, würde es nichts ausmachen. Doch jetzt verstehe ich … und es tut mir leid. Bitte, sag ihnen, dass es mir leidtut.« Mit leiser Stimme fragte sie: »Wird man mich bestrafen?«
»Diese Krankheit in dir, das ist deine Strafe. Aber du wirst bald genug eine Antwort auf deine Frage bekommen. Du musst es spüren, es muss dir von ganzem Herzen leidtun. Du hast behauptet, du bist gekommen, um uns Barradja zu helfen, stattdessen hast du einen heiligen Gegenstand an dich genommen, und du hast Männer hierhergebracht, die unsere uralte Kunst gestohlen haben. Du hast gesagt, du machst einen Film und Fotos, um unsere Kultur zu bewahren, doch du willst, dass wir einen Vertrag unterschreiben, nach dem alles dir gehört. Das ist nicht richtig. Wir möchten unsere Gabe, unser Geschenk mit dir teilen, aber du stiehlst es.« Als Rowenas Kopf auf die Brust sank, fügte er mit Nachdruck hinzu: »Denk darüber nach.«
Ardjani erstickte die Reste des Feuers, dann stellte er sich aufrecht vor die schroffe Felswand, streckte die Arme in die Höhe und rief etwas in seiner Sprache. Anschließend machte er sich auf den Rückweg, Rowena taumelte hinter ihm her. Auf der Fahrt zurück in das stille Lager, das in den sich auflösenden Schatten des
piccaninny-
Lichts dalag, sprach keiner von ihnen ein Wort.
Der Anruf des Beamten aus Kununurra erreichte Giles Jackson kurz nach dem Frühstück. Er hatte einen guten Draht zur Polizei. Im Großen und Ganzen machte sie einen guten Job, wenn es darum ging zu verhindern, dass die Aborigines aus der Reihe tanzten.
»Guten Tag, Giles. Irgendwelche Viehdiebstähle in letzter Zeit?«
»Haha«, lachte Jackson ein wenig unbehaglich. Er mochte keine Witze dieses Thema betreffend, schon gar nicht, wenn sie von den Hütern des Gesetzes kamen. »Was verschafft mir dieses frühmorgendliche Vergnügen?«
»Nur eine Routinebefragung, Kumpel. Über die Barradja. Ein paar von denen sind draußen bei dir, nicht wahr? In Marrenyikka?«
»Ja. Nicht viele, die meisten sind im Augenblick weg, aber immer noch genug, um mir wie gewöhnlich Kopfschmerzen zu bereiten. Sie betreten unerlaubt mein Land und das von Len Steele, du weißt ja, wie sie sind. Sie haben eine Gruppe Weißer aus Sydney bei sich. Verdammte Juristen.«
»Ja. Ich habe davon gehört, als sie in der Stadt gelandet
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